Gelsenkirchen. In der Corona-Krise zieht es viele in die Natur. Ein Gelsenkirchener Jäger ist besorgt: Menschen und Hunde stören bedrohte Kiebitze beim Brüten.
Der Kiebitz, früher ein Allerweltsvogel, steht seit 2015 auf der roten Liste der gefährdeten Vogelarten und ist stark bedroht. Aktuell soll der Vogel es laut dem Gelsenkirchener Jäger Stefan Lacher besonders schwer haben - wegen Corona.
Denn der Kiebitz, der zur Familie der Regenpfeifer gehört, ist ein Bodenbrüter und nutzt den Frühling für den Nestbau und die Aufzucht des Nachwuchses. Wegen der Corona-Krise und des schönen Wetters sind zurzeit jedoch deutlich mehr Menschen an der frischen Luft unterwegs.
Vögel fühlen sich bedroht und verlassen Nester
Einige nutzen den Sonnenschein, um ausgiebig mit dem Hund spazieren zu gehen. Leider zum Übel des Kiebitzes, wie der 57-jährige Jäger sagt. „Allein durch die Anwesenheit von Menschen und Hunden fühlen sich die Tiere bedroht und verlassen ihre Nester. Dadurch ist der Bruterfolg gefährdet.“ In Ballungsgebieten ist das besonders problematisch.
Der Jäger, der im Jagdbezirk Sutum, Beckhausen und Horst zusammen mit seinem Kollegen Michael Sakowski tätig ist, kann zwar verstehen, dass es die Menschen aktuell raus an die frische Luft zieht, aber er wünscht sich mehr Rücksichtnahme gegenüber der Tierwelt. Verärgert ist er gerade darüber, dass landwirtschaftliche Flächen wie Äcker, Weiden, aber auch brachliegende Areale, in denen die Vögel häufig ihren Nachwuchs großziehen, immer wieder von Spaziergängern mit Hund, genutzt werden.
Landwirtschaftliche Flächen sind für Spaziergänger tabu
„Diese Flächen unterliegen nicht dem freien Betretungsrecht. Dort hat grundsätzlich niemand etwas zu suchen mit Ausnahme der Nutzungsberechtigten, wie zum Beispiel Bauern und Jäger“, erklärt Lacher, der seit fast 40 Jahren einen Jagdschein besitzt und sich von klein auf für Natur und Tierwelt interessiert. Häufig suchen genau dort Vögel Unterschlupf. Oft weist Lacher Spaziergänger darauf hin. Manch einer würde es verstehen, andere zeigten sich hingegen sehr uneinsichtig.
Der Vogel habe in heutiger Zeit gleich mit mehreren Nachteilen zu kämpfen. Feuchte Wiesen, die er eigentlich gerne nutzt, sind kaum noch vorhanden. Ein weiterer Negativaspekt für die Kiebitze sei, dass die natürlichen Fressfeinde immer zahlreicher werden. Neben Elstern und Krähen sind das besonders Füchse, die immer häufiger Stadtgebiete als Wohnort nutzen.
Auch Landwirtschaft macht es den Kiebitzen schwer
Auch führen die modernen Produktionsverfahren in der Landwirtschaft zu einer Benachteiligung des Kiebitzes. So verringern beispielsweise eingesetzte Insektizide das für den Kiebitz wichtige Insektenangebot. Notwendige Feldbearbeitungen während der Brutperiode gefährden die Gelege und in den gut kultivierten, sehr dichten Pflanzenbeständen gibt es kaum unbewachsene Stellen, die der Kiebitz dringend benötigt.
Der Jäger meint: „Da mache ich den Landwirten keinen Vorwurf, da diese mit den niedrigen Preisen beispielsweise für Getreide- und Milchprodukte zu kämpfen haben und sie nur überleben können, wenn sie ihre Produktion optimieren. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn man den Artenschutz und die Artenvielfalt behalten will, beißt sich das mit den niedrigen Lebensmittelpreisen. Es muss ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden.“
>>> Jäger will Schilder aufstellen
2008 zählte der Naturschutzbund (Nabu) noch 19 Areale in Gelsenkirchen, in denen Kiebitze vorkamen. In den vergangenen Jahren wurden es immer weniger.
Um sich weiter für die Vögel einzusetzen plant Jäger Stefan Lacher, demnächst Schilder aufzustellen, die auf die Bedrohung der Tiere hinweisen.
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