Gelsenkirchen. Eingestürzt ist der Lager-Neubau der Gelsenkirchener Gewürzfabrik Werner. Nach dem Brand läuft die benachbarte Produktion nun auf Hochtouren.
Den Schock der Brandnacht haben Helmut Schulte und seine Tochter Johanna am Mittwochmittag abgeschüttelt. Der Geschäftsführer und die Prokuristin der Gelsenkirchener Gewürzfabrik Werner haben nach einer kurzen Nacht notgedrungen auf Betriebsmodus umgeschaltet: „Wir müssen agieren und unsere Kunden zufrieden stellen“, sagt Helmut Schulte. Zig Telefongespräche haben beide in den Stunden zuvor geführt. Ihre Botschaft zum persönlichen Aschermittwoch: „Es geht weiter, die Produktion läuft.“ Nebenan liegt das neue Lager in Trümmern. 1,1 Millionen Euro hat Werner & Co Gewürze erst Mitte 2019 in den Ausbau des Familienbetriebs an der Achternbergstraßen investiert und die neue Halle gebaut. Nun ist sie – jüngst bis auf ein paar Pflaster-Restarbeiten gerade fertiggestellt – abgebrannt und komplett zerstört.
Aschebrocken gehen im weiten Umkreis in Gelsenkirchen nieder
Die Steeler Straße ist Mittwoch bis 11.30 Uhr noch für den Durchgangsverkehr gesperrt. An der Kreuzung Schemannstraße sind die Folgen der Brandnacht zu sehen. Dicke Aschebrocken liegen teils zertreten auf dem Gehsteig, auf dem Netto-Parkplatz, auf Höfen und Häusern – herübergeweht vom Brandort. Flammen und Thermik haben offenbar verbrannte Verpackungsteile aufgewirbelt. Brandgeruch mit einer deutlichen Gewürznote hängt über dem Werner-Betriebshof. Die stählernen Hallenträger sind geknickt und geborsten, die Hallenfassade ist zusammengesunken und verschmaucht, Löschschaum flutet um kurz nach 10 Uhr noch in die Brandruine. „Wir versuchen derzeit, Brandnester in der eingestürzten Halle zu löschen“, so Feuerwehrsprecher Ansgar Stening.
In der Nacht zum Donnerstag kam dann die Entwarnung: Alle Glutnester wurden beseitigt, und die Feuerwehr konnte nach den stundenlangen Löscharbeiten abrücken, wie ein Sprecher der Polizei mitteilte. Der Schaden geht den Angaben zufolge in die Millionen Euro.
Feuerwehrmann stürzte und atmete Löschschaum ein
Ein Feuerwehrmann, der sich bei dem Einsatz verletzt hatte, konnte am Mittag bereits wieder das Krankenhaus verlassen. Laut Feuerwehrsprecher Stening war der Mann auf dem Schaumteppich ausgerutscht und hatte Löschschaum eingeatmet. Er wurde zur weiteren Abklärung in eine Gelsenkirchener Klinik gebracht. Insgesamt waren über 70 Einsatzkräfte aus allen Berufsfeuerwehr-Löschzügen sowie aus acht Löschzügen der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz.
Explosionsgeräusche bei der Feuerwehr Essen gemeldet
1700 Quadratmeter groß und elf Meter hoch war die Halle, bot 18.000 Kubikmeter Stauraum für das Palettenlager. Kommissionierung und Vertrieb wurden hier abgewickelt. Die Lagerbestände dort sind vernichtet. Der Produktionstrakt blieb vom Großfeuer ebenso wie das interne Lager verschont: „Wir beliefern die Fleischwaren- und Lebensmittelindustrie. Die wollen natürlich weiter ihre Ware haben“, sagt Helmut Schulte. Der integrativ arbeitende Betrieb mit 50 Mitarbeitern hat umgehend reagiert: „Deshalb werden wir von heute an sieben Tage die Woche rund um die Uhr arbeiten, um die nötige Ware zu produzieren.“ Gleichzeitig sucht das Unternehmen eine „600 bis 700 Quadratmeter große Halle“ als Interimslager.
Die Feuerwehr wurde Dienstag um 20.41 Uhr alarmiert, um 20.59 Uhr erfuhren die Schultes durch einen Anruf von der Katastrophe. Ein Nachbar der Fabrik hatte den Flammenschein gesichtet. Daraufhin entsandte die Leitstelle sofort die Kräfte der Feuerwache Altstadt sowie den Führungsdienst zur Einsatzstelle. „Zu diesem Zeitpunkt kam auch eine Alarmmeldung der Feuerwehr Essen, die über Explosionsgeräusche aus Rotthausen berichtete, die von Anwohnern aus Essen-Steele wahrgenommen wurden. Unter dem Stichwort „Brand 2“ eilten nun auch die Kräfte der Feuerwache Seestraße sowie der Feuerwache Hessler zum Brandort, ebenso die Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehr“, berichtet Stening.
Halle in Gelsenkirchen stand schnell im Vollbrand
Die fast 60 Meter lange Halle stand schnell in Vollbrand. Den „ersteintreffenden Kräften bot sich bereits ein katastrophales Bild“, so Stening. „An der Halle war zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu retten.“Somit konzentrierten sich die Wehrmänner darauf, die Produktionsstätte und Nachbargebäude vor den Flammen zu schützen. Die Brandbekämpfung erfolgte von Drehleitern aus. Um eine bessere Übersicht über die Einsatzstelle zu bekommen, wurde auch eine Drohne eingesetzt.
Feuerwehr setzte zur Erkundung eine Drohne ein
Hier gibt es mehr Artikel und Bilder aus GelsenkirchenVon den aufgewirbelten und weit verstreuten „Aschresten geht jedoch keine Gefahr aus“, stellte die Feuerwehr früh fest. Messungen, die an der Einsatzstelle und in der Umgebung gemacht wurden, blieben in dem Bereich unterhalb der Warnschwellen. Es bestand laut Feuerwehr zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Bevölkerung.
Zur Brandursache kann die Feuerwehr noch keine Angaben machen. Anwohner hätten einen lauten Knall gehört, sagte ein Sprecher der Polizei zur Deutschen Presse-Agentur. Möglicherweise habe es eine Explosion gegeben. Eine Aussage, die Schulte so nicht bestätigen kann. Gabelstapler hätten in der Halle gestanden, sagt der Geschäftsführer. „Vielleicht ist da durch die Flammen eine Batterie hochgegangen.“