Der Gelsenkirchener Gewürzhändler Helmut Schulte vergrößert sein Unternehmen. 1,1 Millionen Euro fließen in den Neubau von Werner & Co. Gewürze.
„Mutprobe“, „Iss so“ oder „Lola brennt“ heißen die Gewürzmischungen, die von Gelsenkirchen aus ihre Reise zu Zielen in ganz Deutschland und Europa antreten. Eine Erfolgsgeschichte, die seit mehr als 100 Jahren kontinuierlich fortgeschrieben wird. Und der jetzt ein weiteres Kapitel folgt. Werner & Co. Gewürze investiert 1,1 Millionen Euro in den Ausbau des Familienbetriebes an der Achternbergstraße. Die Bagger bereiten gerade den Boden vor, um dem Stahlgerüst für das neue Lager- und Logistikzentrum einen dauerhaft stabilen Halt zu ermöglichen.
Für Helmut Schulte, Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter, war es ein Tag, der viele Freuden und Gewissheiten zugleich bereit hielt. Die eine ist, dass der einstige Kleinbetrieb zu einem gesunden mittelständischen Unternehmen herangewachsen ist, die andere, dass in seinen Fußstapfen Tochter Johanna folgt. Und eine weitere ist, dass er neben dem Bekenntnis zu seiner Heimat Gelsenkirchen auch ein unternehmerisches Zeichen für soziale Verantwortung gesetzt hat.
Unternehmerisches Geschick und soziales Verantwortung
Aber der Reihe nach: Als Schulte das Unternehmen 1990 übernahm, hatte der Betrieb gerade einmal zwei Mitarbeiter. Heute sind es 51, darunter vier Auszubildende, die dafür sorgen, dass täglich 30 Tonnen an Waren – in der Hauptsache Gewürze, Marinaden, Dips und Salze oder gleich komplett fertige Mischungen – die Hallen verlassen. Der Erweiterungsbau mit gut 3000 Quadratmetern, „wohl im August schon fertig“, bringt es mit sich, dass die Firma „fünf Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen hat“ und die Partnerschaft mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, dass gleich elf Mitarbeiter mit Handicap die vielbeschworene Inklusion mit Tatkraft und Leben füllen. Auch ein syrischer Flüchtling hat dank einer kollegialen Belegschaft ein neues, friedliches Leben beginnen können.
Wer so viel Geld investiert, der will bleiben“, lobte denn auch Oberbürgermeister Frank Baranowski, der von Wirtschaftsförderer Christopher Schmidt und Volksbank-Chef Peter Bottermann begleitet wurde. Ausbildungs- und Inklusionsbetrieb charakterisierte der Verwaltungschef entsprechend: „Beispielhaft.“ Der OB konnte sich bei so vielen guten Nachrichten einen kleinen Gag in Richtung Schwerindustrie nicht verkneifen: „Kurkuma, Pfeffer, Koriander und all die anderen Gewürze verströmen einen Hauch von Exotik in Gelsenkirchen – wir haben in der Stadt ja ganz andere Betriebe, die nicht so gut duften.“
Den Generationswechsel mit 30er-Trio eingeleitet
Schulte dankte der Stadt, von der er das Grundstück gekauft hat, in ruhrgebietstypischer Art – knapp, ohne Schnörkel: „Ein Anliegen, ein Anruf, eine Lösung - das ging so ‘was von schnell.“ Ähnlich kurz, aber nicht weniger warmherzig, bedachte er seine Ehefrau Anne und Tochter Johanna: „Danke, dass du mir all die Jahre den Rücken frei gehalten hast, danke, dass wir einen Generationswechsel einleiten und den Familienbetrieb beibehalten können.“ Denn Tochter Johanna interessierte sich schon früh und „ohne Zutun“ der Eltern für den Handel mit Gewürzen, studierte Betriebswirtschaft und lenkt heute den Einkauf. Ihr zur Seite stehen Jennifer Schuster im Vertrieb und Marco Markmann in der Produktion – alle drei um die dreißig Jahre alt. Ein Glücksfall, denn bundesweit suchen tausende Unternehmer verzweifelt einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Und dass ausgerechnet ein Familienspross in leitender Funktion die Unternehmertradition fortsetzt, ist mittlerweile eine echte Seltenheit.
Der Neubau wird es möglich machen, die bislang in Lippstadt ansässige Kommissionierung, Distribution und Lagerung von Rohstoffen zum Sitz nach Gelsenkirchen zu holen. Das Ziel: kurze Wege. Auch ein Werksverkauf ist damit möglich.
Auftragsbücher sind voll, Anfragen müssen abgelehnt werden
Am liebsten hätte Helmut Schulte noch mehr Grund und Boden erworben. Andere Nachbarn waren da schneller. Denn die Auftragsbücher von Werner & Co. sind voll. „Wir arbeiten an der Kapazitätsgrenze“, sagt der Senior-Chef bei Currywurst und Kaltschorle. Anfragen mit lukrativen Stückzahlen im siebenstelligen Bereich muss er dankend ablehnen. Was aber nicht so bleiben muss. Vielleicht schlagen er und die Seinen irgendwann ein neues Kapitel auf.