Gelsenkirchen. Betroffene von unkontrollierbaren Ess-Attacken in Gelsenkirchen suchen den Austausch. Selbsthilfegruppe entsteht beim Paritätischen.
Heike sucht die Öffentlichkeit, obwohl sie gerade die meidet. Wenn sie Probleme hat, sich ärgert, „esse ich, bis ich abends ins Bett“ gehe, unkontrollierbar, mehrere Mahlzeiten, kurz hintereinander. Dafür schämt sie sich, und „als dicker Mensch“ zeigt sie sich ohnehin nicht gern in der Öffentlichkeit. Mit einer Selbsthilfegruppe Binge Eating, wie der Fachbegriff dafür lautet, sucht sie Gleichgesinnte, „Menschen, die wissen, was sie reden“.
Die 48-Jährige hat sich an den Paritätischen an der Dickampstraße gewendet, genau wie der Allgemein- und Ernährungsmediziner Dr. Christian Springer. Und stellten fest: Eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit wiederkehrenden Heißhungerattacken, die dann in kurzer Zeit definitiv größere Mengen als Nicht-Essgestörte verschlingen und von Selbstekel und Schuldgefühlen gedrückt werden, gibt es in der Region nicht. Vor allem: Sie essen allein, aus Scham.
Hohe Dunkelziffer von Betroffenen
Die Zahl der Betroffenen lässt sich nur zwischen Extremen abschätzen, meint Springer. Jeweils 0,1 Prozent der Männer und der Frauen in Deutschland sollen es sein, das entspräche rund 520 in Gelsenkirchen. Dagegen sind wohl 20 bis 30 Prozent der Menschen mit Adipositas von einer Binge Eating- oder anderen Ess-Störung betroffen, damit bis zu 10.000 in Gelsenkirchen.
Springer grenzt ab, die Heißhungerattacken treten nicht in Kombination mit Erbrechen oder Fasten auf, oder im Verlauf von Episoden von Bulimie (Ess-Brechsucht) oder Anorexie (Magersucht), sie halten über sechs Monate an, und das an mindestens zwei Tagen in der Woche.
„Der erste Schritt ist der schwerste - Traut Euch und ruft an!“ lädt der Paritätische ein. Die SHG Binge Eating trifft sich erstmals am Mittwoch, 25. März, um 18 Uhr, in der Selbsthilfe-Kontaktstelle, Dickampstraße 12, (Eingang in der Hofeinfahrt), 0209 913 2810, selbsthilfe-ge@paritaet-nrw.org, www.selbsthilfe-ge.de