Gelsenkirchen. Stefan Stoppok & Band beginnen in der Gelsenkirchener Kaue die Deutschlandtournee. Der Liedermacher bleibt kritisch, aber mit einem Lächeln.
Mehr als voll kann es ja eigentlich gar nicht sein. Also ist es richtig, richtig voll in der Kaue zum Start von Stoppoks Deutschlandtournee „Jubel“. Der Name ist Programm, die Fans wissen, was sie hören wollen, Stefan Stoppok bringt es. Er hält sich auch gar nicht lange auf, lässt das Intro der Beatles „When I’m 64“ durchdudeln, kokett, denn der Liedermacher ist aus dem 56er-Baujahr, mithin 64, und legt mit seiner Band gleich druckvoll los.
Es klingt nicht spöttelnd, wenn er sich bedankt, dass sie alle zu dieser „Welt-Uraufführung“ gekommen sind. Aber da war er sich ganz sicher, dass das Virus sie nicht abhalten würde, hier in Gelsenkirchen. Aber er kann sich auch wohl nichts Schöneres vorstellen, als mit „euch allen in Quarantäne geschickt zu werden“, „für Klopapier und Bier sorge ich schon“.
Vielleicht ist der Haaransatz noch etwas weiter die markante, hohe Stirn hinaufgerutscht, vielleicht ist das nicht so kämpferisch, was er auf dem „Jubel“-Album präsentiert, aber altersmilde ist es auch bestimmt nicht. Das Lächeln bleibt, wissend, gelassen, erfahren, und so aus dem Ärmel singt er sein Lied. Es passt ihm längst nicht alles, aber er kritisiert es fast in aller Ruhe und er bleibt bei seiner Kritik. Er legt sie neu auf, ohne sie zu wiederholen, und das seit den 80ern.
Glaube an eine bessere Zukunft
Fast beiläufig erzählt Stoppok, wie er gerade erst einen regelrechten Shitstorm und Morddrohungen eingefahren hat als Echo auf „Lass sie alle rein“, und das stört ihn gar nicht, er bringt es wieder und wieder. Weil er schon lange lebt mit den „Idioten“. Weil alles, was er schon gegen Rechts getextet und gesungen hat, „wohl nur zu komplex ist, die verstehen’s nicht“. Stoppok mahnt einfach noch einmal „Denk da lieber noch mal drüber nach“.
Er steht dazu, dass er nicht zusehen kann, als ob nichts wär’, wenn die Flüchtlinge sterben, „Lass sie rein, lass sie alle rein, warum zögerst du?“ Und schlägt die andere Seite an: „Asylanten gehören uns nicht allein“, vor allem aber sein Credo: „Die Zukunft funktioniert nicht allein.“ Der Deutschrocker spielt den Blues, spielt Folk, greift auch schon mal härter in die Gitarre, aber er streut auch immer wieder so einfache Sätze ein wie „Hauptsache, dein Herz singt“, und „Wir sind wie das Segel und das Boot, wir können alles tun oder lassen“. Die bleiben hängen, sollen sie auch, auch wenn Stoppok dabei lächelt. Und sie glauben ihm, dass er es ernst meint.
Kein Update - und der Verstärker brummt
Er will sich nicht zufrieden geben mit „der Grütze in der Glotze“, fordert auf „Pack mit an“, als wollte er sie wirklich alle mitnehmen, denn er hat viele Themen, die ihn nicht loslassen. Da spielt dann auch schon einmal Ironie mit hinein, wenn er einstreut, wie wichtig „100 Millionen Follower sind“ und es doch „zu spät für ein Update“ ist – während ihn jede Menge Smartphones filmen.
Musik zum Film
1996 lieferte Stefan Stoppok die Musik zum Film „Das Superweib“ von Sönke Wortmann nach dem Roman von Hera Lind. Für die Komödie „Was nicht passt, wird passend gemacht“ von Peter Thorwarth spielte er den Soundtrack 2002 ein. Der Kinofilm bezieht sich auf einen Kurzfilm und heimste auf der Berlinale den Jupiter-Preis als bester deutscher Film ein. Auf Pro Sieben wurde daraus ein Jahr danach eine Serie.
Ebenfalls 2002 produzierte Stoppok die Filmmusik zu „Harte Brötchen“ von Tim Trageser. Katharina Thalbach und Uwe Ochsenknecht spielen darin Christa und Theo Zerrback als Kiosk-Pächter, die mit plötzlichem Ruhm nicht klarkommen.
Den halben Abend begleitet ihn und die Menge dabei das Brummen, „das brummt wie Sau“, des Verstärkers und Stoppok ist froh, dass es doch der menschliche Fehler ist, nicht die Technik. Dabei hat er auch das schon kommentiert: „Keine Chance ist deine Chance“ und er findet den Bogen und mahnt: „Besser, du hältst die Augen auf“.