Gelsenkirchen. Bürger in Gelsenkirchen und vielen Nachbarstädten waren verunsichert: Ein Vorfall im BP-Werk in Scholven sorgte für eine helle Flamme am Himmel.
Der Himmel über Gelsenkirchen ist am Montagabend hell erleuchtet worden. Grund dafür waren außergewöhnlich starke Fackelaktivitäten bei der BP-Raffinerie in Scholven im Zuge einer Betriebsstörung.
Laut Auskunft der Feuerwehr Gelsenkirchen bestand für die Bürgerinnen und Bürger keine Gefahr. Wie Unternehmenssprecher Peter Alexewicz auf Anfrage dieser Zeitung mitteilte, war gegen 20.15 Uhr eine große Petrochemie-Anlage durch einen technischen Defekt ausgefallen. Um die Anlage zu entlasten, seien die überschüssigen Gase dann über die Fackeln auf dem Werksgelände verbrannt worden.
„Die Schadensermittlung läuft noch. Sicher ist, dass ein Anlagenteil defekt war und die Drücke dadurch so hoch waren, dass die gesamte Anlage, wie in solchen Fällen üblich, aus Sicherheitsgründen heruntergefahren wurde“, so Alexewicz. Die Fackeltätigkeit zeige, dass die Systeme einwandfrei funktioniert hätten. „Wir hatten alles unter Kontrolle. Weder für die Mitarbeiter im Werk noch für die Anwohner bestand eine Gesundheitsgefahr“, betonte er. Nach 30 bis 40 Minuten sei die intensivste Fackeltätigkeit vorbei gewesen, gegen 22 Uhr dann noch deutlich verringert worden.
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Flamme in Gelsenkirchen: Schein ist bis in die Nachbarstädte zu sehen
Der flackernde orangerote Feuerschein verunsicherte viele Bürger. Bei der Feuerwehr gingen etliche Anrufe ein. Kein Wunder: Die Fackelaktivität erleuchtete den dunklen Abendhimmel so stark, dass der Schein der Flammen weithin sichtbar war – sogar bis in die Nachbarstädte Herne, Oberhausen, Bochum, Witten, Dorsten, Gladbeck, Recklinghausen, Marl, Bottrop, Essen, Mülheim und in Teilen von Duisburg und Dortmund, wie Äußerungen in sozialen Netzwerken dokumentieren, die mit vielen Fotos und Video-Aufnahmen illustriert sind.
Zahlreiche Anwohner rund um Scholven setzten sich ins Auto oder radelten Richtung Feuerschein, um die Ursache ausfindig zu machen. Am Fünfhäuserweg etwa standen etliche Schaulustige, die mit ihren Handys Fotos sowie Videos machten und Eindrücke austauschten, etwa auch über den leicht fauligen Geruch und das deutlich vernehmbare Geräusch.
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Die Feuerwehren in Bochum, Herne und Gelsenkirchen baten, den Notruf freizuhalten. In Sprockhövel rückte sogar ein Löschzug der Feuerwehr aus, weil ein Brand im mehr als 20 Kilometer entfernten Stadtgebiet vermutet wurde.
Warum die Feuerwehr Herne mit der Warn-App Nina warnte – und Bochum nicht
Manche Städte entschieden, ihre Bürger per Warn-App Nina zu informieren. In Herne etwa haben am späten Montagabend rund 80 Anrufer den Notruf gewählt. „Wegen der hohen Anruferzahl haben wir entschieden, eine Information über die Warn-App Nina zu versenden“, heißt es auf Nachfrage.
Jede Stadt entscheidet selber, welche Warnungen sie mit Nina versendet – und welche nicht. Anders hat es die Feuerwehr der Stadt Bochum gemacht. Auch sie verzeichnete am Abend Anrufe in „mittlerer zweistelliger Höhe“. Die Feuerwehr habe dennoch entschieden, dass die Warn-App nur für Warnungen genutzt werden solle. „Es ist aber sicher eine Option, auch Informationen rauszuschicken.“ Das müsse einmal grundsätzlich auf Landesebene entschieden werden.
Leserfotos: Raffinerie-Fackeln sorgen für schönes Abendrot
Wolkendecke reflektierte den Schein der Flamme
Auch bei der Kreisleitstelle Wesel meldeten sich mehrere Anrufer, die von einem Feuerschein in Richtung Altschermbeck berichteten. Die Feuerwehr machte sich auf den Weg zum Bösenberg. Die Leitstelle telefonierte gleichzeitig mit der Raffinerie in Gelsenkirchen, die das Abfackeln von Gas bestätigte. „Dennoch ist es gut, dass sich Bürger und Bürgerinnen Gedanken machen, wenn sie einen Feuerschein sehen“, lobt die Feuerwehr in ihrer Einsatzmeldung.
Dass die Fackelaktivitäten am Montag eine so weit sichtbar waren, liegt nach Auskunft der Feuerwehr auch an der dichten, tief hängenden Wolkendecke, die den Schein der Flammen extrem gut in alle Himmelsrichtungen reflektierte.
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Wie BP mitteilte, sind die Fackeln notwendige Sicherheitseinrichtungen einer Raffinerie: „Überschüssige Gase, die nicht normal in den Anlagen verarbeitet werden können, werden zu mehr als 99 Prozent durch das Zuführen von Dampf verbrannt“, heißt es in der Erklärung.
Erneut Fackelschein zu erwarten beim Wieder-Hochfahren der Anlage
Beim langsamen Hochfahren der Anlage könne es noch einmal zu weiteren Fackeltätigkeiten kommen, wenn auch nicht in der Intensität von Montagabend, so Sprecher Alexewicz. Wann genau das sein wird, sei derzeit noch unklar, hänge aber ab vom Zeitpunkt der Reparatur. „Wir haben ein großes Interesse, die Anlage so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen. Dass dies im Laufe des Dienstag der Fall sein wird, ist aber eher unwahrscheinlich.“ Wie hoch der wirtschaftliche Schaden für das Unternehmen durch das Abfackeln von Produktionsgasen ist, wollte Alexewicz nicht sagen.
Für Fragen rund um Geräusch- oder Geruchsbelästigungen hat das Unternehmen ein Umwelttelefon eingerichtet, das 24 Stunden am Tag besetzt ist, erreichbar unter Tel.: 02 09/3 66 35 88. (sgx/kpo/JeS/cala)