Gelsenkirchen-Ückendorf. Die Ausstellung „Gefühle“ von Bärbel Frank und Nancy E. Watt im Gelsenkirchener Justizzentrum endet mit einer Führung. Anfassen ist erlaubt.
Vorsichtig tastet Dorothea Schönemann-Koschnick mit beiden Händen nach den bunten Wollfäden. Die hängen von der Decke bis zum Fußboden des Atriums im dritten Stock des Gelsenkirchener Justizzentrums herab. „Die grellen Farben kann ich noch erkennen“, erklärt die Richterin. Aber Form und Haptik des Kunstwerks mit dem Titel „Sanfte Landung“ muss die Sehbehinderte erfühlen. Das konnte sie bei der Blindenführung durch die Ausstellung „Gefühle“ am Freitag.
Kunstwerke zum Anfassen im Gelsenkirchener Justizzentrum
Kunstwerke zum Anfassen für Menschen, die nicht oder nur schlecht sehen können: Im Justizzentrum haben die Künstlerinnen Bärbel Frank und Nancy E. Watt gemeinsam eine besondere Ausstellung geschaffen. Seit Anfang Oktober sind die Exponate im Atrium des Gerichts zu sehen. Am Freitag fand die Finissage mit einer Führung der etwas anderen Art statt.
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Da nahm Watt den blinden Dieter Keffner forsch am Arm und zählte mit ihm Schritte. Oder zeichnete behutsam mit dem Zeigefinger Muster auf seinem Rücken. 18 Schritte lang, mindestens 3,50 Meter hoch und mit kleinen Löchern, die an Schneeflocken erinnern: So beschreibt Keffner Watts „Schneetag“, eine Installation aus grauem Stoff vor weißer Wand, die sich über zwei Stockwerke erstreckt.
Künstlerin ist selbst sehbehindert
„Ich habe mich vorher erkundigt, wie ich meine Kunst Menschen erklären kann, die nicht so gut sehen können wie ich“, sagt die Künstlerin mit kanadischen Wurzeln. Kunst, die wie Matthias Kirsten, Leiter des Justizzentrums, „extra auf die Räumlichkeiten zugeschnitten wurde“. Er ist stolz, „eine ganz außergewöhnliche Ausstellung für das Justizzentrum Gelsenkirchen“ präsentieren zu können.
Die „taktilen Kunstobjekte“ stammen auch von Bärbel Frank. Die Gelsenkirchenerin ist ebenfalls sehbehindert. Über Werke wie „Gefühlsschwankungen“, eine große Installation aus grauen und knallorangenen Merinowollefäden, drückt sie ihre Emotionen ganz plastisch aus. Und hautnah erfahren können sie auch die gut 15 Besucher der Führung – Anfassen ist hier ausdrücklich erlaubt. „Nicht jeder mag es, Dinge zu ertasten. Ich finde die Idee aber toll“, sagt Schönemann-Koschnick.
In den kommenden Tagen werden die Exponate aus dem Gericht weichen müssen. Am Freitag, 24. Januar, findet dort die „Üvertüre“ in Zusammenarbeit mit der Galeriemeile Ückendorf statt, bei der sich lokale Künstler präsentieren. Dann soll auch die nächste Ausstellung dort eröffnen.