Gelsenkirchen. Im Kampf gegen Clankriminalität ziehen Zoll und Polizei Zwischenbilanz. Die verstärkten Kontrollen haben das Milieu aufgeschreckt und aufgemischt.
In Nordrhein-Westfalen hat es nach Angaben des Landes-Innenministeriums in diesem Jahr bislang 720 Razzien gegen Clan-Kriminalität gegeben. Seit der Erfassung solcher Razzien im vergangenen Sommer gab es insgesamt 860 Durchsuchungen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) war Anfang Juli 2018 sogar persönlich bei einer der ersten großangelegten Durchsuchungsaktionen in Gelsenkirchen dabei. Wir haben nachgefragt, wie die Zwischenbilanz von Polizei und Zoll in Gelsenkirchen seither ausfällt.
Clan-Kriminalität: 39 Kontrollen in Gelsenkirchen seit Sommer 2018
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„Im Zeitraum vom 6. Juli 2018 bis zum 13. November 2019 fanden in Gelsenkirchen insgesamt 39 Kontrolleinsätze statt“, sagt Christopher Grauwinkel, Sprecher der Polizei Gelsenkirchen. Bei den Kontrollen seien 117 Objekte überprüft worden, einige Objekte hätten auch mehr als einmal im Fokus gestanden, so der Erste Polizeihauptkommissar. Konkrete Angaben zur Anzahl der dabei überprüften Personen machte die Behörde nicht, dafür hob sie hervor, dass die Ermittler „bei den Einsätzen wertvolle Erkenntnisse über potenzielle Clan-Kriminelle, deren Strukturen, Verbindungen, Hintermänner und Reisebewegungen gewonnen haben“.
„153 eingeleitete Strafverfahren gegen identifizierte Personen des Clan-Milieus“ im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Oktober 2019“ in Gelsenkirchen seit der im Sommer 2018 von Innenminister Reul ausgerufenen Offensive gegen Clan-Kriminalität sprechen eine deutliche Sprache. Stichwort: „Nadelstichstrategie“. Soll heißen und bewirken: Das Milieu wird nach Kräften aufgeschreckt und aufgemischt.
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Clan-Kriminalität: 21 Festnahmen, 3 Abschiebungen
Das ist auch an der Zahl der Fälle abzulesen, bei denen tatsächlich die Handschellen klickten oder die Koffer gepackt werden mussten. Dazu Polizeisprecher Christopher Grauwinkel: „Die Gelsenkirchener Polizei hat bei den Kontrollmaßnahmen insgesamt 21 Personen festgenommen. In fünf Fällen waren Sicherheitsleistungen erforderlich. Außerdem haben wir drei Abschiebemaßnahmen per Vollzugshilfe unterstützt.“
Bei den gemeinsamen Kontrollen hat die Gelsenkirchener Polizei außerdem insgesamt 53 Ordnungswidrigkeitenanzeigen geschrieben und 157 Verwarngelder erhoben.
Steuerbetrug, Hehlerei, Schwarzarbeit und mehr
Bei den Razzien stießen die Ermittler auf ein „großes Spektrum an Gesetzesverstößen“. Beispielsweise waren das: Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz sowie das Jugendschutzgesetz, Hehlerei, Steuervergehen, Schwarzarbeit, Sozialleistungsmissbrauch, Verkehrsverstöße, Körperverletzungsdelikte, Verstöße gegen das Waffengesetz und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Neben Shisha-Bars wurden und werden bei den behördenübergreifenden Kontrollaktionen auch Kioske, Kfz-Betriebe, Gaststätten, Wettbüros, Spielhallen, Kulturvereine, Frisör-Betriebe, Bars und private Objekte überprüft.
140 Kilogramm unversteuerten Tabak sichergestellt
Die Fahnder des Hauptzollamtes Dortmund haben bei den Razzien in den Jahren 2018 (69,7 kg) und 2019 (70,1 kg) insgesamt 139,8 Kilogramm unversteuerten Wasserpfeifentabak in den Shisha-Bars und Headshops in Gelsenkirchen sichergestellt. „Die Tabaksteuer für ein Kilogramm Wasserpfeifentabak beträgt zwischen 40 und 60 Euro“, wie Behördensprecherin Andrea Münch erklärt. Bei einer mittleren Steuer von 50 Euro pro Kilogramm käme man also auf 7000 Euro, die dem Fiskus entgangen sind. Erscheint erst einmal als nicht viel. Aber ein Anfang ist gemacht. Denn unversteuerter Tabak hat viel Potenzial.
Aus den Kontrollen des Zolls in Gelsenkirchen resultierten bislang 13 Ordnungswidrigkeitenverfahren (2018: 5, 2019: 8) wegen der portionsweisen Abgabe von Wasserpfeifentabak. Darüber hinaus wurden 17 Strafverfahren wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei beziehungsweise Steuerhinterziehung (2018: 8, 2019: 9) eingeleitet.
Margen im fünfstelligen Bereich
Das aber dürfte nur die Spitze eines Eisberges sein. Das hat der Leiter des Kontrollteams Shisha-Bars des Hauptzollamtes, Norman Wiesemeyer, bereits bei einer früheren Anfrage der WAZ erklärt. Ihm zufolge verbrauche „eine gut gehende Shisha-Bar bis zu 50 Kilogramm Tabak pro Woche“. Und aus einem Kilo lassen sich 50 Portionen für einen Pfeifenkopf generieren. Bei einem Verkaufspreis von um die zehn Euro pro Füllung kommen so Einnahmen jenseits der 20.000 Euro-Marke zusammen – unversteuert.
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