Gelsenkirchen. Zweite Auflage des Gelsenkirchener Bürgerdialogs „Lass uns reden“. Thema am Montag: Mobilität der Zukunft. Was die Bürger für Ideen haben.
Sie kamen zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit der Straßenbahn – aber etwa die Hälfte nahm für den Weg ins Hans-Sachs-Haus dann doch das Auto, um dort über die Mobilität der Zukunft zu sprechen. 2000 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger hatte die Stadt Gelsenkirchen für die zweite Auflage des Formats „Lass uns reden“ eingeladen. Gut 100 nahmen letztlich teil. Drei Stunden lang nutzten sie am Montagabend die Gelegenheit, sich auszutauschen, einzubringen und zu informieren.
Gelsenkirchener Fachleute machen sich Gedanken
OB Frank Baranowski erklärte das Ansinnen der Stadt: „Wie halten Sie es mit der Mobilität? Was ist Ihnen wichtig? Jetzt werden Sie vermutlich fragen: Haben die im Rathaus keine eigenen Ideen?“ Er konnte die Teilnehmer beruhigen: „Natürlich machen sich unsere Fachleute Gedanken.“ Doch der Punkt sei auch: „Mobilität und Klimaschutz hängen auch von jeder einzelnen Person ab. Von jeder Person, die sich fragt, was kann ich dazu beitragen? Oder auch: Was muss ich ändern?“
Wie teilen wir den Straßenraum auf?
Stadtbaurat Martin Harter ordnete das Thema aus planerischer Sicht ein: „Die interessante Frage für uns ist ja: Wie teilen wir den Straßenraum auf?“ In vielen Fällen sei der Platz zwischen zwei Hausfassaden begrenzt. „Klar, dass wir dem Radfahrer mehr Raum geben wollen, aber den muss man dem Autoverkehr manchmal wegnehmen.“ Das zeige aktuell das Beispiel des blauen Radstreifens an der De-la-Chevallerie-Straße in Buer.
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Moderator Axel Jürgens fragte einige Bürger, was ihnen beim Thema Mobilität so durch den Kopf gehe. „Wenn ich von Buer in die City fahre, zahle ich für ein Bahnticket 2,80 Euro. Da zahle ich doch lieber 75 Cent fürs Parken“, so eine Stimme. „22 Euro kostet ein Viererticket“, beklagte ein anderer. „Bevor ich so teuer zum Einkaufen fahre, bestelle ich doch lieber im Internet.“ Das sei, am Rande bemerkt, auch ein Grund für den Verfall der Innenstädte. Ein andere Dame stellte fest, dass 90 Prozent der Autos, die die Kurt-Schumacher-Straße als Nord-Süd-Achse befahren, nur von einer Person besetzt sind. Da müsse man etwas gegen tun. Wobei der Einwand prompt kam: „Der Park-&-Ride-Parkplatz an der Veltins-Arena wird kaum genutzt.“
Gruppenarbeit war ein Bestandteil des Abends
Auch Gruppenarbeit war ein Bestandteil des Abends. Jeweils zu fünft sollten sich die Bürger Gedanken machen, wie die Mobilität in ein paar Jahrzehnten aussehen könnte. Als Forderung immer wieder dabei: ein besserer ÖPNV. Günstiger müsse er sein, viel günstiger. Einige sprachen vom kostenlosen Nahverkehr. Zudem müssten Verbindungen attraktiver werden. „Wenn das Ruhrgebiet eine Metropolregion sein will, dann muss sich da noch ganz viel tun“, so ein Mann. Doch es gab auch extremere Forderungen: zum Beispiel einen autofreien Tag oder sogar ein komplettes Autoverbot für Innenstädte.
Gedanklich schon viel weiter
Auch wenn viele Gäste an diesem Abend selbst mit dem Auto kamen – in den Überlegungen für die Mobilität der Zukunft spielte es kaum noch eine Rolle. „Mein Eindruck ist: Die Leute hier drin sind gedanklich schon viel weiter als die Welt da draußen“, so Axel Jürgens. Worauf ihm einer der Gäste antwortete: „Ich bin Autofahrer, aber ich habe begriffen, dass das nicht zukunftsfähig ist.“
„Lass uns reden“
Im Wesentlichen mit organisiert hatte den Abend Chantal Ojstersek von der Koordinierungsstelle Mobilität der Stadt. Sie sagte am Tag nach der Veranstaltung: „Das war ein gelungener Abend. Das Konzept ist aufgegangen. Die Bürger haben gut mitgemacht.“
Das Format „Lass und reden“ soll laut Stadtsprecher Martin Schulmann fortgeführt werden. Angedacht seien die Veranstaltungen zurzeit mit einem Abstand von etwa sechs Monaten.