Gelsenkirchen. In einem Workshop bereiteten Stadt und Bürger die Ergebnisse von „Gelsenkirchen – Lass uns reden“ auf. Weitere Themenrunden sind geplant.

„Lass uns reden“: Was in einer Beziehung oft der Einstieg in ein nicht zwingend erfreuliches Krisengespräch ist, war Mitte Juni als ausgesprochen freundliche Einladung des Oberbürgermeisters an die Gelsenkirchener Bürger gedacht. 2000 Männer und Frauen ab 16 Jahren waren nach dem Zufallsprinzip angeschrieben und ins Hans-Sachs-Haus eingeladen worden, um ihre Wünsche an ihre Stadt, ihre Sicht auf die Dinge und vor allem alles, was mit Respekt, Toleranz und Neugier auf kulturelle Vielfalt zu tun hat zu äußern. Mehr als zehn Prozent – rund 230 Bürger aller Altersklassen – folgten der Einladung. Und es waren überwiegend nicht die „üblichen Verdächtigen“, also nicht die, die ohnehin aktiv sind und sich ins Stadtleben einmischen. Denn darum ging es bei der Veranstaltung: Jene miteinander ins Gespräch zu bringen, die sonst nur übereinander, nicht miteinander reden. Deshalb steht für die Beigeordnete Annette Berg fest: „Die Premiere war ein Erfolg. Und wir wollen im Gespräch bleiben.“

Workshop mit 23 Bürgern zum Nachbereiten der Premiere

Zum Miteinander reden gehört auch, einander Fragen zu stellen. Für die Grundlagen waren auch Fragebögen ausgelegt.
Zum Miteinander reden gehört auch, einander Fragen zu stellen. Für die Grundlagen waren auch Fragebögen ausgelegt. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Damit die – zunächst meist recht allgemein gehaltenen – Anregungen nicht im Sande verlaufen, sondern entsprechend vertieft und verfolgt werden können, hatte die Stadt besonders Interessierte zu einem zweiten Gespräch in Form eines Workshops im Juli eingeladen – 23 Bürger nahmen das Angebot an. Annette Berg betonte in der Nachschau, wie wichtig das Kennenlernen der Perspektive des Anderen für Toleranz und Respekt ist. Sie erzählt: „Es war wirklich schön zu sehen, wie völlig Fremde ganz schnell miteinander ins Gespräch kamen. Auch Menschen mit sehr unterschiedlicher Position. Da war zum Beispiel ein Anwohner vom Hafen Grimberg, der sich über die Belästigung durch Autoposer beklagte. Und ein jüngerer Mann stand auf und gab zu: Ich bin so einer. Er schilderte die Situation aus seiner Perspektive.“

Drei bis vier Gesprächsrunden pro Jahr geplant

Auf jeden Fall soll es mittelfristig weitere Gelsenkirchen-Gespräche mit Bürgern geben. Denkbare Themen: Klimawandel, Mobilität oder auch eine eigene Gesprächsrunde exklusiv für Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren zum Thema Zukunft.

Konkrete Termine gibt es derzeit noch nicht, drei bis vier Runden im Jahr sollten es jedoch werden, kündigt Annette Berg an. Eine sei auch noch für das laufende Jahr angedacht.

„Jede Äußerung annehmen und wertschätzen – nur so geht es“

Themen waren: zu wenig Angebote für Jugendliche, zu wenig Möglichkeiten und Begegnungsorte für Fremde im Stadtteil, zu verschiedene Kulturen. Moderator und Sozialwissenschaftler Axel Jürgens ist überzeugt, dass die Gesprächspremiere ein großer Erfolg war: „Wir haben jede Äußerung erstmal angenommen und wertgeschätzt, gleich wie sie lautete.“ Nur so sei ein Austausch möglich. Dabei stellte sich heraus: Einiges von den beklagten Defiziten liegt auch an fehlenden Informationen. Dass es Seniorenbegegnungsstätten längst gibt in der Stadt, weiß offenbar nicht jeder, den es interessiert. Und wenn die Angebote der Jugendarbeit nicht so ankommen, wie gewünscht, müsse man darüber nachdenken, was anders laufen könnte.

Spielmobil für Erwachsene und mehr Streetworker

„Bei vielen angesprochenen Themen sind es schlicht die Kommunikationswege, die man neu denken muss, die nicht richtig funktionieren. Wir nehmen die Anregungen auf und besprechen sie in der Verwaltung, leiten sie weiter. Und alle Workshopteilnehmer bekommen am Jahresende ein Rückmeldung, was aus ihren Anregungen geworden ist“, verspricht die Dezernentin. Ein ganz konkreter Vorschlag war die Einrichtung einer Art Spielmobil für Erwachsene als Kennenlernangebot für Alteingesessene und Zugezogene im Stadtteil, auch der Einsatz von mehr Streetworkern zählte zu den konkreten Wünschen.