Das ZDF präsentiert neue Studien: Familien- und Seniorenatlas. Diesmal landet Gelsenkirchen nicht ganz, aber fast ganz hinten. Ein Kommentar.

Es ist verhext: Da diskutiert man in Gelsenkirchen jahrelang über ein neues Bäderkonzept und die Frage, wie viele Schwimmbäder benötigt werden für eine 260.000-Einwohner-Stadt – und dann bescheinigt einem eine Studie quasi im Kleingedruckten, dass die getroffene Maximal-Entscheidung für weiterhin sechs Bäder eigentlich nicht ausreicht. Im Vergleich liegt Gelsenkirchen mit sechs Bädern nur auf Platz 367 aller 401 Kreise und kreisfreien Städte.

Gelsenkirchen holte 2018 bei Studie zur Lebensqualität den 401. Platz

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Anderthalb Jahre nach der Studie zur Lebensqualität, in der Gelsenkirchen den fast schon berühmten 401. Platz belegte, präsentieren ZDF und Prognos zwei neue Studien: einen Familien- und einen Seniorenatlas. Bei den Familien belegt Gelsenkirchen Platz 400, bei den Senioren Platz 383. Heißt übersetzt: Für ältere Menschen gibt es 18 Orte, in denen sie es schlechter hätten. Familien bliebe zur Verschlechterung nur eine Option: umziehen ins Jerichower Land nach Sachsen-Anhalt.

Vier Themenfelder beinhaltet jeder Atlas, jedes Themenfeld hat fünf Kategorien. Macht also 20 Kategorien, in denen je zehn Punkte zu holen sind. Was hierbei deutlich auffällt: In den bekannten Negativ-Feldern schneidet Gelsenkirchen derart schlecht ab, dass die durchaus nennenswerten Positiv-Aspekte kaum ins Gewicht fallen.

Wo Gelsenkirchen schlecht ist, ist es richtig schlecht

Ein Beispiel: 0 von 10 Punkten in der Kategorie Kinderarmut (401. Platz) drücken das Themenfeld „Bildung & Schule“ derart nach unten, dass die Grundschul-Entfernung, die 9,7 von 10 Punkten holt (18. Platz), das nicht ausgleichen kann.

So gibt es in fast allen Themenfeldern eins, zwei gute Kategorien. Um das Gesamtbild nach oben zu ziehen, reicht das nicht aus. Im Themenfeld „Freizeit & Kultur“ etwa steckt die gute Breitbandverfügbarkeit (9,6 von 10 Punkten, 23. Platz). Doch neben der angeblich schlechten Schwimmbad-Situation bekommt auch die Erholungs- und Freizeitfläche nur 2,2 von 10 Punkten (375. Platz). Ob das gerechtfertigt ist, wo Gelsenkirchen und das Ruhrgebiet ringsherum genau in dem Punkt eigentlich einiges zu bieten haben, muss jeder mit sich selbst ausmachen.

Kruschinski sagt: „Wir sind jetzt auf der Überholspur“

Auch diese Studien kranken daran, dass sie in Abhängigkeit zueinander stehende Faktoren getrennt bewerten – zum Beispiel das verfügbare Einkommen und Kinderarmut. Gibt es eigentlich eine Stadt in Deutschland, für die man das getrennt bewerten muss, weil es ein hohes Einkommen gepaart mit hoher Kinderarmut gibt? Wohl kaum! Aber so hat Gelsenkirchen nie eine Chance, mit nachweisbaren Erfolgen zu punkten.

Das soll nicht heißen, dass die Studie völlig daneben und hier alles toll ist. Nein, hier muss noch ganz schön viel passieren. Aber erste Schritte sind gemacht. Wie sagt Olivier Kruschinski? „Wir sind jetzt auf der Überholspur.“ Genauso muss man es sehen!