Gelsenkirchen-Heßler/Feldmark. Der Antonius-Chor ist der älteste Gospelchor Gelsenkirchens. Die Mitglieder lassen sich gern herausfordern – nur von Angela Merkel nicht.

„Das ist wie beim Sport. Wenn man sich regelmäßig trifft, dann wächst man zusammen. Und natürlich auch durch die vielen stressigen Situationen.“ Ricky Dumjahn bestätigt den Eindruck, den man schnell gewinnt – und plaudert sogleich aus dem Nähkästchen der „Antonius’ Gospel Singers“.

Apropos Stress: Da habe es etwa einen Auftritt gegeben beim Gottesdienst für Schausteller, der stets den Beginn der Cranger Kirmes markiert. „Ich wollte die CD reinlegen mit der Hintergrundmusik – und nichts ging. Wir hatten gar nicht so viele a-cappella Titel und mussten schnell überlegen, was wir singen. Der Gottesdienst lief ja quasi schon. Da haben wir einfach, mitten im Sommer, Weihnachtslieder gesungen und gesagt, das merkt eh keiner. So war es auch. Das sind solche Momente, die zusammen schweißen.“

„Lächeln und durchhalten – darin sind wir gut“

Weihnachtslieder stehen auch aktuell wieder auf dem Plan. Die Sänger bereiten sich auf das Fest vor, arbeiten konzentriert und haben dabei dennoch jede Menge Spaß. Die expressive, fröhliche Art der Chorleiterin nämlich ist ansteckend. Als es ein erstes Liedchen zu hören gibt, das noch von einer Choreografie untermalt wird, beides stimmungsvoll aufgeführt, fühlt sich das für einen Moment gar wie ein exklusives Privatkonzert an, das ganz viel gute Laune macht. „Das ist typisch für uns“, sagt Ricky Dumjahn und meint die Bewegung zur Musik. Das habe man sich mit den Jahren erarbeitet, das sei eine besondere Stärke. „Wir haben Workshops mit ganz professionellen Leuten gehabt. Die haben uns flott gemacht“, erzählt Ursula Kröger. Im wahrsten Sinne des Wortes. So professionell das dann bei den Auftritten immer wirkt, so viele Pannen passieren auch, verraten die Sängerinnen. „Aber wenn wir uns vertun, sind wir so eingespielt, dass die Zuschauer nichts merken“, sagt Barbara Lotzien. Ursula Kröger lacht und erklärt: „Lächeln und durchhalten – da sind wir gut drin.“

Auftritte im In- und Ausland und Stress bei Kirchentagen

Chorleiterin Ricky Dumjahn bereitet ihre Mitstreiter auf einen neue Choreographie vor.
Chorleiterin Ricky Dumjahn bereitet ihre Mitstreiter auf einen neue Choreographie vor. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Die „Antonius’ Gospel Singers“ sind mit ihren 27 Jahren Chorgeschichte der älteste Gospelchor der Stadt. Und sie sind wohl auch der erfolgreichste. Wenn die singenden Damen erzählen, dann erinnern sie an Auftritte im In- und Ausland. Wieder können sie mit kuriosen Geschichten aufwarten. So habe der Chor bei zwei ökumenischen Kirchentagen aktiv mitgewirkt. Unter anderem bei der ersten Ausgabe 2003 in Berlin. „Das war schon stressig“, denkt Ricky Dumjahn zurück. Auch Barbara Lotzien bestätigt: „Wenig Schlaf, viele Kilometer.“ An mehreren Orten sei man damals aufgetreten. An einem aber nicht: „Wir wurden angefragt für einen Fernsehbeitrag“, plaudert die Chorleiterin weiter. „Da suchte man einen Chor, der singt, wenn Angela Merkel da ist. Die war damals noch nicht Regierungschefin. Das haben wir abgesagt. Die wollten ja nur, dass da im Hintergrund was passiert. Da hatten wir keinen Bock drauf.“

Neue Chöre jederzeit willkommen

Unter dem Titel „Chöre im Süden“ stellt die WAZ in lockerer Folge verschiedene Chöre aus dem Stadtsüden vor.

Wenn auch Sie Ihren Chor vorstellen möchten, können Sie sich in der Redaktion melden unter der Nummer 02091709430. Das ist auch per Email möglich, und zwar bitte an: redaktion.gelsenkirchen@waz.de

Voll konzentriert: Der Antonius-Chor ist eigentlich gut besetzt. Über weitere männliche Unterstützung würde frau sich allerdings durchaus freuen.
Voll konzentriert: Der Antonius-Chor ist eigentlich gut besetzt. Über weitere männliche Unterstützung würde frau sich allerdings durchaus freuen. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Keine Gassenhauer ohne Anspruch

Beliebt und begehrt, das ist der Gospelchor aus der Feldmark, der aber in Heßler probt, auch seines besonderen Repertoires wegen. Die Gospelsongs, die man vielleicht erwartet, gehören dazu nämlich nicht. Für Ricky Dumjahn haben solche „Gassenhauer“ zu wenig Anspruch. „Wir haben ein ziemlich eigenes Repertoire. Da bin ich schon stolz drauf“, sagt die Chorleiterin, die immer wieder auch selbst Stimmen zu ursprünglich einstimmigen Liedern arrangiert und sich gegen manch einen Hit irgendwann doch nicht mehr wehren konnte.

„Ich weiß gar nicht, wie lange ich mich geweigert habe, Happy Day zu singen. Aber das wurde immer wieder angefragt.“ Und es wird mittlerweile auch von der Chorgemeinschaft gesungen. Die übrigens besteht fast nur aus Frauen. „Aber vier Männer haben wir vorzuweisen“, sagt Dorothea Ruby und lacht. Grundsätzlich freue man sich immer über ambitionierten Nachwuchs, betonen alle. Man gewinnt jedoch den Eindruck, über männlichen Zuwachs freue man sich hier noch etwas mehr. Vor allem, wenn der eine tiefe Stimme mitbrächte, so Ricky Dumjahn. „Wir erwarten ja gar keine echten Bässe. Wir freuen uns schon über Männer, die schön singen können.“