Schalke-Nord. 100 Bürger haben bei Treffen der Aktion „Rettet die Schalker Meile“ ihrer Wut Luft gemacht: Beschwerden über Lärm, Müll, Verfall und Zuwanderer.
Die Stimmung unter den über 100 Bürgern ist explosiv in der blau-weißen Fahrschule an der Kurt-Schumacher-Straße. Der neue Fan-Club „Kumpels der Schalker Meile“ hat unter dem Leitsatz „Rettet die Schalker Meile“ zu einem Thema eingeladen, das Bewohner aufregt, bedrückt und wütend macht. Dreck, Abfall, Straßenlärm, verfallene Häuser, kuriose Eigentumsverhältnisse sind die Themen, die die Menschen in Schalke-Nord beschäftigen.
Die einst stolze Schalker Meile verkommt immer mehr zu einem hässlichen Gesicht. Das Erscheinungsbild zwischen Berliner Brücke und Glückauf-Kampfbahn ist erbärmlich. Auslöser, die Anwohner einzuladen, war ein offener Brief des Fahrschule-Geschäftsführers Steffen Schiegner an Oberbürgermeister Frank Baranowski. Darin hatte er der Stadt vorgeworfen, den Stadtteil zu vernachlässigen und stattdessen Projekte wie den Hafen Bismarck besonders zu fördern.
Zuwanderer im Fokus der aufgebrachten Anwohner
Ingo Karlisch, 2. Vorsitzender des Schalker Fanclubs, kann sich bei seiner Moderation nur schwer durchsetzen. Immer wieder unterbrechen ihn erregte Anwohner, die die Zustände der Häuser beklagen und das „asoziale“ Verhalten osteuropäischer Zuwanderer kritisieren. Hier stapele sich der Müll, dort würden Zelte aufgestellt oder manipulierten Neubürger elektrische Versorgungsleitungen. Die Bewohner erwarten von der Stadt, die Eigentümer abbruchreifer Immobilien zu ermitteln, um gegen sie vorgehen zu können. Warum, fragen einige Besucher, lasse es die Stadt zu, dass Häuser so verkommen.
Stadt kann nur unter bestimmten Bedingungen eingreifen
Stadtbaurat Martin Harter erläutert, dass die Stadt nur dann eingreifen könne, wenn die Sicherheit des Hauses und der Bewohner nicht mehr garantiert sei. Die Schwelle, als Behörde handeln zu können, sei sehr hoch. Einige Gebäude hat die Stadt bereits geräumt. Andere Schrottimmobilien will die Stadt zwar erwerben, muss bei Versteigerungen aber den Zuschlag erhalten. Mitunter wechseln die Eigentümer so häufig, dass die Eintragungen im Grundbuch erst verzögert vollzogen werden. Der Stadtbaurat versichert, dass die Stadt bei der Belegung der Häuser eine sozialverträgliche Mischung an Bewohnern anstrebt. Martin Harter versichert, den Stadtteil mit einem integrierten Entwicklungskonzept und der Neugestaltung öffentlicher Räume wieder lebenswert zu machen.
Protest-Aufruf: Der Stadt auf den „Sack“ gehen
Die Bewohner stellen ihre Forderungsliste an die Stadt unter die Themen-Schwerpunkte „Sicherheit, Sauberkeit, Ordnung.“ „Geht der Stadt auf den Sack, ruft bei Vorfällen immer wieder an“, rät Ingo Karlisch den Anwohnern. Eine 84-jährige Bewohnerin, die seit 60 Jahren in Schalke wohnt, fühlt sich den Immobilien gleich als Schrott behandelt. „Ich fühle mich als sterbender Teil, von der Stadt verlassen.“ Olivier Kruschinski, Vorsitzender der Stiftung Schalker Markt, ist vom Potenzial des Stadtteils überzeugt. Er bittet die Bewohner, mitzuhelfen bei der Erneuerung. „Machen statt Meckern“ gibt er Bewohnern als Anregung mit auf den Weg.
Vision: Abriss der Berliner Brücke, Entschleunigung des Verkehrs
Die Stiftung habe eine Vision, die das Aushängeschild Schalker Meile wieder zu einer vorzeigbaren Marke werden lassen könnte. Zum Blick in die Zukunft gehörten auch ein Abriss der Berliner Brücke, die Verengung der Fahrbahn auf der Kurt-Schumacher Straße, verbunden mit einer Entschleunigung des Verkehrs. „Bleibt stolze Schalker, verteidigt euren Kiez“, ruft der leidenschaftliche Gelsenkirchener zum Schluss den Anwesenden zu.“