Gelsenkirchen-Altstadt. Nach rassistischen Äußerungen lässt Schalke-Boss Clemens Tönnies sein Amt drei Monate ruhen. Und nun? Ein Besuch In der Fankneipe Friesenstube.
Die erste Runde kommt schon gegen elf: Hier, in der Friesenstube in Gelsenkirchens Altstadt, treffen sich die eingefleischten Schalke-Fans mehrmals in der Woche zum Frühschoppen, und am Mittwoch gibt es neben dem obligatorischen Pils nur ein Thema:
Schalke-Boss Clemens Tönnies und seine abfälligen Bemerkungen über Afrikaner, die er beim Tag des Handwerks in Paderborn geäußert hatte; und natürlich die Sitzung des Schalker Ehrenrates Dienstagabend, nach der Tönnies erklärt hatte, sein Amt als Geschäftsführer nun erst einmal für drei Monate ruhen zu lassen.
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Tönnies will nur Geld scheffeln
„Klar hab’ ich das verfolgt“, sagt Terence Neaw, während er in der Gaststube die Kunden bedient. „Und ich finde das gut, dass der Tönnies jetzt aufhören muss. Der hat dem Verein nicht gut getan. Der will nur Geld scheffeln“, meint der Mitarbeiter der Friesenstube. Die Wirtin schenkt einem Gast noch ein Korn nach, schon tönt es aus der anderen Seite des Raumes: „Ach hör doch auf, der hat doch recht gehabt. Das muss auch mal ausgesprochen werden. Guck dir doch mal Gelsenkirchen an: Überall nur Ein-Euro-Shops. Die Leute finden keine Arbeit, dafür kommen immer mehr aus Afrika. Und jetzt wird er dafür bestraft, der Tönnies. Dass er das mal offen gesagt hat!“ – „Ruhig, ruhig, Jonny, das eine hat doch mit dem anderen gar nichts zutun“, beschwichtigt die Dame hinter dem Tresen.
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Aus einer Maus wird ein Elefant gemacht
Von links mischt sich ein Gast ein, der zwar sein Alter („Ich bin 72, seit 50 Jahren WAZ-Leser“), aber nicht seinen Namen in der Zeitung lesen will. „Meiner Meinung nach wird da aus einer Maus ein Elefant gemacht. Jetzt soll der Tönnies wegen so einer Geschichte sein Amt ruhen lassen. Ich an seiner Stelle hätte ich das nicht gemacht. Der hat den Verein immer unterstützt, der war immer für die Schalker da. Das ist nicht fair.“ Naja, räumt Paul Szudra (62) ein, der gerade vor der Kneipe eine raucht. „Er hätte das schon ein bisschen anders formulieren können. Aber es stimmt schon, im Prinzip hat er ja recht, vor allem bei der Sache mit den Bäumen. Da reden alle von Umweltschutz, aber so etwas darf er dann nicht sagen.“
Cornelia Kuhr stimmt dem zu. „Der Tönnies hat für Schalke immer gekämpft. Dass er jetzt pausieren muss, ist nicht richtig. Und ich weiss, dass das auch viele andere Schalke Fans so sehen. Der wird wiederkommen, das sage ich ihnen. Der muss wiederkommen.“
Tönnies hat sich immer eingesetzt
Mit Fußball nichts am Hut hat Herbert Rehberger. „Aber ich interessiere mich für das, was in der Welt passiert. Ich war früher bei der Bundesmarine und auch in Vietnam. Ich habe viel gesehen. Und was der Tönnies ja nur anprangert, ist die verfehlte Migrationspolitik der Bundesregierung“, findet der Fregattenkapitän a.D. „Und damit, dass Berlin eine falsche Entwicklungspolitik macht, hat er recht.“ Erklärter Nicht-Schalke-Fan ist Eduard Friedrich. „Ich bin zwar in Schalke in der Grenzstraße geboren, aber diese ganze Tönnies-Geschichte interessiert mich nicht“, erklärt der 81-Jährige. Cornelia Kuhr hat draußen ihre Cola-Light ausgetrunken. „Der Tönnies hat sich immer für uns eingesetzt.“ Morgen will sie zu Hause bleiben. „Aber die Zeitung lese ich.“
Schalker Fan-Initiative ist enttäuscht
Manfred Beck von der Schalker Fan-Initiative kritisiert die Entscheidung des Ehrenrates zum Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies. Er habe einen Rücktritt des Schalker-Bosses erwartet. Stattdessen legt der 63-Jährige nur für drei Monate seine Ämter nieder.
„Ich hoffe, dass das nicht das endgültige Ergebnis ist, sondern dass dies erstmal ein Zwischenergebnis ist. Wir sind enttäuscht darüber, weil wir schon erwarten und es für richtig halten, dass das zu einer endgültigen Lösung wird“, sagte Manfred Beck auf Nachfrage.