Gelsenkirchen. Die Säuglingssterblichkeit In Gelsenkirchen ist weiter rückläufig. Kliniken und Stadt freuen sich über den Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen.
Es hat gedauert, aber es wirkt. Bei der neuesten Zählung der Fälle, in denen Babys im ersten Lebensjahr verstorben sind, liegt Gelsenkirchen mittlerweile im Bereich des Landesdurchschnitts und gar leicht unter dem Prozentsatz in Düsseldorf. Noch vor 15 Jahren starben in Gelsenkirchen verglichen mit dem Landesdurchschnitt prozentual doppelt so viele Säuglinge im ersten Lebensjahr.
Fünf Promille der Neugeborenen waren damals landesweit im ersten Lebensjahr verstorben, in Gelsenkirchen waren es zehn Promille. Heute liegt die Zahl bei 3,9 Promille. Dahinter stehen elf Säuglinge, die das erste Lebensjahr nicht überlebt haben, bei 2811 Geburten. 23 Babys verstarben hier im Jahr 2004, bei 2260 Neugeborenen.
Emilia Liebers, als Medizinerin im Gesundheitsreferat, bekennt: „Das macht mich stolz. Wir sehen, dass unsere gemeinsamen Bemühungen des Netzwerks Gesundheit mit all seinen Akteuren geholfen haben.“
Mehrlingsgeburten sind nicht das Hauptproblem
Und auch Dr. Marcus Lutz, Chefarzt der Kinderklinik und der Neonatologie am Marienhospital Gelsenkirchen, ist froh, dass die Entwicklung in diese positive Richtung weitergeht. „Wir sprechen von sehr kleinen Fallzahlen“, räumt er ein, „da ändert ein verstorbenes Baby schon sehr viel. Aber seit ich hier begonnen habe hat sich wirklich sehr viel zum Positiven verändert. Dabei sind bei uns gerade die Mehrlingsgeburten gar nicht das Problem, die sind bei uns sehr gut betreut und beobachtet. Ein Problem sind werdende Mütter, die zur Geburt zu uns kommen, ohne je eine Vorsorgeuntersuchung gemacht zu haben.“ Und wenn Fehlbildungen und Defizite erst bei der Geburt entdeckt werden, ist es schwerer, entsprechend zu reagieren als wenn die möglichen Probleme im Vorfeld bekannt sind.
Mehr Zuwanderer nutzen jetzt auch die Vorsorgeuntersuchung
Dank Aufklärung durch Integrationsarbeit seitens der Stadt ist die Zahl jener, die nie bei einer Vorsorgeuntersuchung waren, zwar auch tendenziell kleiner als zu Beginn der Zeit, als die ersten EU-Ost-Zuwanderer kamen. Aber es sind anteilig sicher immer noch deutlich mehr als in Städten wie Düsseldorf. Aber auch die Kliniken betreiben weiter Aufklärung. „Wir bieten Vieles an für werdende Eltern“, zum Beispiel Reanimationskurse und Beratung zur Versorgung Neugeborener“, ergänzt Marcus Lutz.
In der Zeit der schlechten Zahlen wurden in Gelsenkirchen runde Tische mit Gynäkologen, Kliniken, Gesundheitsamt, Jugendamt und vielen mehr eingerichtet, um werdende Eltern optimal vorbereiten und unterstützen zu können. Seither – mittlerweile finanziert von den Kliniken – bekommen Eltern für ihre Neugeborenen bei der Entlassung aus dem Krankenhaus Baby-Schlafsäcke geschenkt, um die Hauptursache des plötzlichen Kindstods, der Schlaf in Bauchlage, zu bekämpfen. Mitarbeiter des Jugendamtes bieten allen Erstgebärenden an, sie daheim zu besuchen mit Hilfsangeboten und Informationen im Gepäck – was sehr gut angenommen wird. Im September brachte die Stadt eine kostenfreie Baby-App auf den Markt, die an Vorsorgeuntersuchungen für werdende Mütter und Kinder erinnert sowie Anlaufstellen für Unterstützung aller Art auflistet.
Mehr Jungen als Mädchen sterben im Säuglingsalter
Landesweit ist die Zahl der im ersten Lebensjahr verstorbenen Jungen mit 4 Promille im Landesschnitt höher als die der Mädchen (3,5 Promille). Allerdings werden auch weiterhin deutlich mehr Jungen als Mädchen geboren.
Insgesamt hat sich die Säuglingssterblichkeit im Land im letzten Jahr nur unwesentlich verändert; auch in Gelsenkirchen. Tendenziell ist die Entwicklung hier – auch im Vergleich zu anderen Kommunen – ausgesprochen positiv.
„Zurzeit sind wir dabei, das Stillprojekt zu reaktivieren, außerdem bauen wir gerade ein neues Hebammenprojekt auf. Angesichts des Hebammenmangels wollen wir Anreize schaffen, hier zu arbeiten. Zum Beispiel mit kostenlosen oder kostengünstigen Fortbildungsangeboten; Hebammen müssen ja ständig Fortbildungen nachweisen. Außerdem wollen wir mit einer Nachbarkommune kooperieren bei den Hebammen“, kündigt Emilia Liebers an.