Gelsenkirchen-Ückendorf. . Die Vierlinge im Marienhospital Gelsenkirchen sind wohlauf und werden aufgepäppelt. Das Krankenhaus ist stolz auf die außergewöhnliche Geburt.
Der Lichteinfall in den Brutkasten – Mediziner nennen ihn Inkubator – ist gedämmt. Ein buntes Tuch liegt darauf. Als Chefarzt Dr. Marcus Lutz es beiseite nimmt, kommen zwei rote Schrumpel-Füßchen zum Vorschein, kleiner als die der meisten Babypuppen. Um den rechten Fuß trägt Roni ein weißes Band mit einem Sensor.
Kontrolle der Frühchen im Brutkasen
Damit wird gemessen, ob das Blut des Neugeborenen mit genug Sauerstoff beladen ist. Über dem Kopf des Frühchens baumelt eine Spritze mit dünnem Schlauch. Über ihn bekommt der Winzling regelmäßig alles, was er zu seiner Entwicklung braucht – Glukose und Eiweiße, Elektrolyte und Mineralien, Fettlösung und Vitamine – sprich, ordentlich Kalorien, damit diese handvoll Mensch ordentlich wächst und zunimmt.
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Dr. Marcus Lutz lächelt zufrieden und bedeckt den Inkubator wieder. „Wir sind sehr stolz darauf“, sagt Lutz und blickt auf die anderen drei Brutkästen. Denn das Besondere an Roni ist zum einen, dass er ein Vierling ist. Er und seine drei Geschwister sind am vergangenen Montag um 22 Uhr auf die Welt gekommen – eine Premiere, selbst für ein spezialisiertes Krankenhaus wie das Marienhospital Ückendorf, in dem Mehrlingsgeburten, beispielsweise Zwillinge, eher die Regel als die Ausnahme sind.
Keine künstliche Befruchtung
Was die Vier, zwei Jungs und zwei Mädchen, ebenso von vielen anderen Mehrlingen unterscheidet – sie sind auf natürlichem Wege entstanden. Heißt: „Es gab zuvor keine hormonelle Stimulation, keine künstliche Befruchtung“, erklärt der Neonatologe. „Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei etwa 1 : 600 000“. Zur Einordnung: Jährlich werden in Deutschland 750 000 Kinder geboren.
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Auch dass alle vier den Umständen entsprechend gesund und munter sind, ist außergewöhnlich. Denn je höher die Anzahl der Mehrlinge ist, desto höher ist das Risiko, dass sie lange vor Ablauf einer normalen Schwangerschaft geholt werden müssen. Und auch das Infektionsrisiko ist hoch, weil in der Regel das Immunsystem noch unreif ist.
„Meisterleistung an Geduld“ der Mutter
Drillinge kommen meist nach 30 Schwangerschaftswochen zur Welt, Vierlinge deutlich vorher. Roni, Ronia, Razin und Rezan konnten 30 Wochen Bauch ihrer Mutter reifen. Davon sechs Wochen im Krankenhausbett, „eine Meisterleistung an Geduld von Frau Lozan Yousef“, sagt Lutz anerkennend.
Unterstützung vom Hospital für die Eltern
Bei der Geburt wogen die Vierlinge 985, 1080, 1365 und 1420 Gramm, alle haben schon zugelegt.
Weil die Eltern, Lozan Yousef und Hazim Ali Hassan bereits zwei Töchter haben, organisiert das Marienhospital Hilfe für die nun achtköpfige Familie.
Sie braucht unter anderem eine andere Wohnung, Kinderwagen, Babynahrung, Windeln und so fort. Das Hospital will Sponsoren ansprechen.
Nur zwei Frühchen brauchten daher kurz nach der Geburt eine Atmungshilfe. Die Chance, dass die vier Neu-Gelsenkirchener als gesunde Kinder aufwachsen, ist demnach also groß.
Ungewöhnlich groß und herausfordernd war auch der Aufwand, den das Hospital erstmals betreiben musste, um Mutter und Kinder zu betreuen. „Vier Teams standen rund um die Uhr bereit“, erzählt der Chefarzt. Pädiatrische Intensivschwestern, Neonatologen, Hebammen, Geburtshelfer – 18 Frauen und Männer, alles Spezialisten.
Noch sechs bis acht Wochen im Krankenhaus
Die Vierlinge müssen noch etwa sechs bis acht Wochen in der Klinik bleiben, zunächst auf der Intensivstation der Neonatologie, die auf die kleinsten Frühchen spezialisiert ist. Mutter und Vater schauen dabei regelmäßig nach ihrem Nachwuchs. Und damit die Kleinen auch weiterhin so gut gedeihen, liegt sogar Kleidung der Mutter neben in ihrer künstlichen Höhle. Damit sie sich wohlfühlen wie in ihrem Bauch.