Gelsenkirchen. Gelsenkirchener Taxifahrer atmen nach der Festnahme des mutmaßlichen Taxifahrers auf. Die Angst fährt bei vielen Kollegen trotzdem noch mit.
Der mutmaßliche Täter, der vier Taxifahrer aus der Region – darunter auch einer aus Gelsenkirchen – bedroht und beraubt hat, sitzt in Untersuchungshaft. Die Taxikollegen vor Ort sind naturgemäß erleichtert. Entspannt sind die meisten allerdings nur sehr bedingt. Der durch einen Messerstich an der Hand verletzte Gelsenkirchener Fahrer sei zum Glück wieder wohlauf, fahre derzeit nur deshalb nicht Taxi, weil er Urlaub in der Türkei macht, wie sein Chef versichert.
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„Der überfallene Kollege ist eine echte Kante“
Habib Yigit (55) ist selbst Taxifahrer, kennt den überfallenen Kollegen: „Das ist eine echte Kante, der hat sich ja wohl auch erst noch gewehrt. Unglaublich ist das.“ Der mutmaßliche Täter war am 16. Juli am Gelsenkirchener Hauptbahnhof, wo Yigit gerade selbst mit seiner Taxe steht, nachmittags gegen 17 Uhr ins Auto gestiegen. Er ließ sich nach Essen Karnap fahren, wo er das Messer zückte und Geld forderte. Eine Videokamera am Bahnhof hatte zwar aufgezeichnet, wie er ins Auto stieg. Der Mann war allerdings zunächst nicht identifizierbar.
Wirklich überrascht hat Habib Yigit der Überfall nicht. Er wurde selbst zum Opfer vor drei Jahren, ebenfalls am helllichten Tag. Drei Männer hatten ihn an der Ringstraße angehalten, um Hilfe gebeten. Yigit war skeptisch, ließ sich aber überreden, aus dem Kofferraum ein Stück Küchenrolle zu holen wie erbeten. Als Yigit zum Fahrersitz zurückkehrte, war sein Portemonnaie mit den Einnahmen weg, das Trio ergriff die Flucht. Er verfolgte sie vergeblich.
Aus Zeuge im Prozess ausgesagt
Die Anzeige bei der Polizei half zunächst nicht, als Yigit jedoch die Videoaufnahme mit Bildern der drei aus einer Trinkhalle nahe dem Überfallort bekam konnte er die drei identifizieren. Die Polizei kannte die Täter, sie wurden gefasst. Zwei Jahre später sagte Yigit als Zeuge im Prozess gegen sie aus. Ob und welche Strafe sie bekamen, weiß er nicht. Taxi fährt er immer noch, wenn auch manchmal mit einem mulmigen Gefühl.
Letzte Gebührenanhebung 2018
Die Grundgebühr bei Taxifahrten liegt derzeit bei 4 Euro. Werktags von sechs bis 22 Uhr schlagen gefahrene Kilometer mit 2,30 Euro (bis 1 Kilometer), 1,75 Euro für zwei bis fünf Kilometer und 1,65 Euro für jeden weiteren Kilometer zu Buche.
Die letzte Erhöhung wurde vom Rat der Stadt Ende 2017 beschlossen. Anlass waren der gestiegene Mindestlohn und die hohen Spritkosten.
Seine Kollegen am Bahnhof haben das Gefühl, dass es schlimmer wird mit der Aggressivität von Kunden. Nachts gab es das immer schon mal, aber kaum tagsüber. Eine Alarmanlage haben sie zwar alle und auch der Funk ist ja eingeschaltet. Wenn ein Messer am Hals sitzt in einer möglicherweise einsamen Ecke, hilft das allerdings wenig.
„Geld kann man sich nochmal verdienen, das Leben nicht“
Cetin Kalin, Chef beim vorwiegend im Stadtnorden aktiven Taxi Hauk, ist selbst erst zwei Jahre in der Branche, hat aber bisher mit seiner Flotte, noch keine schlimmen Erfahrungen gemacht. Dass vor allem Jugendliche mal eine Fahrt nicht bezahlen und einfach wegrennen, das komme schon vor, aber gewaltsame Übergriffe bislang nicht. In seinem 40-köpfigen Fahrerteam für die 14 Taxen sind zwar auch Frauen. „Aber die sind nur tagsüber im Einsatz und dann meist bei Krankenfahrten“, erklärt er seine Vorsichtsmaßnahmen. Und wenn es dann doch mal brenzlig wird, empfiehlt er, das Geld sofort rauszugeben: „Das Geld kann man sich nochmal verdienen, das Leben nicht.“
Joachim Bohne, Chef bei Gelsen Taxi, das im ganzen Stadtgebiet Taxirufe für 60 kleine Unternehmen koordiniert, hat aufgeatmet, als er von der Festnahme des mutmaßlichen Täters hörte. Schließlich war der betroffene Gelsenkirchener Fahrer einer seiner „Schützlinge“.