Gelsenkirchen. Ein Wittener Busunternehmer klagt gegen die Direktvergabe von Verkehrsleistungen in Gelsenkirchen und Bochum. Er sieht den Wettbewerb verzerrt.

Bis zum Jahr 2041 sollen Busse und Bahnen der Bogestra durch Gelsenkirchen fahren. Das hat der Rat der Stadt ohne Gegenstimmen beschlossen. In der Sitzung am 28. März erteilte die Verwaltung dem Unternehmen den Auftrag, für weitere 22,5 Jahre die Verkehrsleistungen im Stadtgebiet zu übernehmen. Auch in der Nachbarstadt Bochum soll die Straßenbahngesellschaft in diesem Zeitraum für den ÖPNV zuständig sein. Die direkte Vergabe des Auftrags sorgt nun jedoch für Ärger. Ein Wittener Busunternehmer sieht sich dadurch im Nachteil – und die zuständige Bezirksregierung gibt ihm Recht.

Killer fuhr lange für die Bogestra

Bis Ende des Jahres 2018 war etwa der Hälfte der 21 von Peter Killer unterhaltenen Busse im Auftrag der Bogestra unterwegs. Dann endete die Zusammenarbeit des Unternehmers mit der Straßenbahngesellschaft. Der Grund: Die Bogestra war nicht bereit, eine Preiserhöhung von rund zehn Prozent für Killers Dienste zu akzeptieren.

Nach Ende der Zusammenarbeit brachen dem Mittelständler eigenen Angaben nach rund 40 Prozent seines Gewinns weg, er musste 14 Mitarbeiter entlassen.

Peter Killer betreibt in Witten sein eigenes Busunternehmen und wehrt sich gegen das Vorgehen der Städte Gelsenkirchen und Bochum. Durch die direkte Vergabe hätte er keine Chance gehabt, mit seiner Firma Killer Citybus den Auftrag zu erhalten. Denn eine öffentliche Ausschreibung hat es so nicht gegeben. Killers Anwalt, Clemens Antweiler, hat deswegen Beschwerde bei der Vergabekammer der Bezirksregierung in Münster eingelegt. Er sagt: „Das EU-Recht sagt, wir wollen in diesem Bereich grundsätzlich Wettbewerb haben.“

Killer konnte nicht am Wettbewerb teilnehmen

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Die Kammer teilt diese Einschätzung: „Nach unserer Auffassung müssen die Bestimmungen des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt werden“, erklärt Ingeborg Diemon-Wies, Vorsitzende der Vergabekammer, ihre Entscheidung. Weil der Auftrag mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro nicht zum Wettbewerb ausgeschrieben worden wäre, hätte Killer keine Chance gehabt, ihn zu bekommen.

Auch zwischen den Städten Gelsenkirchen und Bochum verkehren Busse und Bahnen der Bogestra.
Auch zwischen den Städten Gelsenkirchen und Bochum verkehren Busse und Bahnen der Bogestra. © FunkeFotoServices | Kai Kitschenberg

Einwände gegen das Verfahren gab es auch seitens der Politik. Anders als in Gelsenkirchen hatte der Stadtrat in Bochum nicht einstimmig für die Auftragsvergabe gestimmt. Die Fraktion FDP/Stadtgestalter hatte damals beanstandet, dass der Nahverkehr so für einen zu langen Zeitraum monopolisiert würde. Volker Steude aus der Fraktion freut sich deshalb über das Urteil: „Das ist eine gute Entscheidung für den Nahverkehr.“

Die Städte rechtfertigen ihr Vorgehen

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Die Städte Gelsenkirchen und Bochum, Anteilseigner der Bogestra, hingegen rechtfertigen ihr Vorgehen. Die sogenannte Inhouse-Konstellation des Auftrags mache die Direktvergabe möglich. Berater des Büros PWC hatten diese Konstellation in einem Gutachten bestätigt. In dem Papier heißt es außerdem, der Kostendeckungrad der Bogestra – 2012 seien es 67 Prozent gewesen – und die Tatsache, dass das Unternehmen 78 Prozent aller angebotenen Linien selbst bedient und nur bis zu 25 Prozent an Fremdfirmen vergibt, sprächen für die Inhouse-Konstellation.

Nach der Schlappe für die Städte und den beklagten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) in erster Instanz geht der Rechtsstreit in die zweite Runde: Der VRR hat Beschwerde gegen den Kammerbeschluss eingelegt. Nun muss das Oberlandesgericht in Düsseldorf darüber entscheiden, ob die Direktvergabe rechtskräftig ist oder nicht. Das, so schätzen Experten, kann bis zu einem halben Jahr dauern. Solange ist auch unklar, ob ab dem 1. Januar 2020 weiter Busse der Bogestra in Gelsenkirchen fahren werden.

Die Bogestra will die Entscheidung des Gerichts abwarten

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Denn das Unternehmen hält sich bislang bedeckt und verweist auf das laufende Verfahren: „Die Entscheidung der Vergabekammer ist noch nicht rechtskräftig. Wir sehen dem entgegen, was das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet“, so Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann.

Sollten die Richter der Kammer Recht geben, wäre der Auftrag jedenfalls ungültig. Ob dann weiter Busse und Bahnen der Bogestra in Gelsenkirchen, Bochum und den angrenzenden Städten verkehren, ist zur Zeit völlig unklar.