Bochum. Bis 2041 soll die Bogestra den ÖPNV in Bochum und anderen Städten erledigen. Das haben zwei Stadträte entschieden, liegen damit aber falsch.

Bis zum Jahr 2041 soll die Bogestra den öffentlichen Nahverkehr in Bochum und angrenzenden Städten organisieren. Das hat der Stadtrat erst am 11. April mit großer Mehrheit beschlossen. Nach Ansicht der Bezirksregierung Münster ist dieser direkte Auftrag aber gar nicht zulässig.

Die Vergabekammer in Münster hat damit dem Wittener Busunternehmer Peter Killer Recht gegeben, der sich gegen die Direktvergabe des ÖPNV-Auftrags an die Bogestra wehrt. „Das ist eine gute Entscheidung für den Nahverkehr in Bochum“, sagt Volker Steude. Allein seine Fraktion FDP/Stadtgestalter hatte im April im Rat gegen die Beauftragung der Bogestra für die nächsten 22,5 Jahre gestimmt und auch schon die Grundsatzentscheidung für eine Direktvergabe im Vorjahr abgelehnt. „Wir können doch nicht den Nahverkehr so lange monopolisieren und keine Chance haben, zwischenzeitlich einzugreifen“, so Steude. Der von FDP/Stadtgestaltern vorgeschlagene Kompromiss, nach zehn Jahren zu überprüfen, ob bestimmte Zielsetzungen erreicht werden, hatte die deutliche Mehrheit des Rats abgelehnt. Sie berief sich dabei u.a. auf das Argument der Bogestra, diese müsse vor dem Hintergrund umfangreicher Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe Planungssicherheit haben.

Ratsbeschluss auf der Kippe

Nun steht der gesamte Ratsbeschluss auf der Kippe und damit auch wieder die Frage im Raum, wer denn vom 1. Januar 2020 an den Nahverkehr in Bochum, Gelsenkirchen und angrenzenden Städten organisiert. Fährt die Bogestra auch dann, wenn sie dafür überhaupt keinen Auftrag dafür hat? Der nämlich wäre durch die Vergabekammer-Entscheidung ungültig.

Die Bogestra gibt sich gelassen.

Berater halten Direktvergabe für zulässig

Berufen hatte sich Verwaltung und Stadtrat in Bochum ebenso wie die Stadt Gelsenkirchen, der zweite Bogestra-Anteilseigner, bei ihrer Entscheidung auf die sogenannte Inhouse-Konstellation des Auftrags, die eine Direktvergabe möglich mache. Berater des Büros PWC hatten diese Konstellation in einem Gutachten bestätigt.

In dem Papier heißt es außerdem, der Kostendeckungrad der Bogestra – 2012 seien es 67 Prozent gewesen – und die Tatsache, dass das Unternehmen 78 Prozent aller angebotenen Linie selbst bedient und nur bis zu 25 Prozent an Fremdfirmen vergibt, sprächen für die Inhouse-Konstellation.

„Die Entscheidung der Vergabekammer ist noch nicht rechtskräftig. Wir sehen dem entgegen, was das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet“, so Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. Alles andere sei reine Spekulation. Auch der VRR hält sich bedeckt und verweist auf das laufende Verfahren. Fakt ist: Der VRR und neun Revier-Städte, darunter auch Bochum, haben den Rechtsstreit in erster Instanz verloren und müssen die Kosten in Höhe von 72.000 Euro tragen.

VRR legt Beschwerde ein

Das weitere Verfahren spielt sich jetzt in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht (OLG) ab. Nach dem Kammerbeschluss Anfang des Monats in Münster hatte der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) als „Beklagter“ und als Vertreter von neun Mitgliedsstädten erst einmal Beschwerde bei der nächsten Instanz eingelegt. Nun muss das OLG entscheiden, ob Münster mit seiner Einschätzung Recht hat, oder ob es doch bei der Direktvergabe bleiben kann. Zwischen drei und sechs Monaten dürfte es nach Einschätzung von Experten mindestens dauern, bis es zu einem Urteil kommt. „Nach unserer Auffassung müssen die Bestimmungen des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt werden“, nennt Ingeborg Diemon-Wies, Vorsitzende der Vergabekammer in Münster, einen der Gründe für die Entscheidung ihrer Kammer. Ihre Auffassung: Auch Verkehrsleistungen müssen ausgeschrieben werden.