Gelsenkirchen. Lange war Murat Geben arbeitslos. Jetzt gelang dem Gelsenkirchener die Rückkehr in den Job. Wie er den Sozialen Arbeitsmarkt beurteilt.
Murat Geben hat schon vieles gemacht, um seine kleine Familie über die Runden zu bringen: unter anderem Autos auf Hochglanz poliert, Handyverträge beworben oder Reisende und Pendler im Taxi durch die Stadt chauffiert. Alles nicht von langer Dauer: Sei es, weil der Job den heute 40-Jährigen nicht erfüllt hat, Stellen wegfielen oder Krankheit – wie zuletzt mehrere Bandscheibenvorfälle – das permanente Arbeiten hinterm Lenkrad unmöglich machten. Jetzt arbeitet der Gelsenkirchener für das Musiktheater im Revier, als einer von aktuell 345 Langzeitarbeitslosen, die über den Sozialen Arbeitsmarkt im Berufsleben wieder Fuß gefasst haben. Wie ihn die Rückkehr in Lohn und Brot verändert haben, das erzählt Murat Geben in der Pause im MiR-Foyer.
„Endlich bin ich wieder unter Menschen, endlich kann ich wieder etwas tun“, sagt der Vater einer 15-jährigen Tochter, die in Kürze eine Ausbildung bei einem Zahnarzt beginnt. Da selbst untätig zu Hause zu sitzen, während der Nachwuchs fleißig an seiner Zukunft bastelt – irgendwie beschämend.
Vier Langzeitarbeitslose arbeiten jetzt am Musiktheater
Gebens neuer Arbeitsplatz ist die Transportkolonne des MiR, sein Aufgabengebiet liegt in der Haus- und Bühnentechnik. Er erneuert Leuchtmittel, füllt Automaten auf oder reinigt das Gelände rund ums MiR. Drei weitere ehemalige Langzeitarbeitslose tun es ihm gleich.
Gesteigertes Selbstwertgefühl durch neuen Job
Was das regelmäßige Arbeiten von 7 bis 14.30 Uhr mit ihm macht? Das kann der 40-Jährige schnell beantworten. „Es gibt mir ein besseres Gefühl, ich werde gebraucht, trage Verantwortung in einem Team.“ Immerhin arbeiteten 290 Menschen am Musiktheater. „Erstaunlich, nicht wahr? Wusste ich vorher auch nicht. Und ich gehöre nun dazu. Wir duzen uns sogar alle schon.“ Der Stolz in Gebens Stimme ist unüberhörbar. Früher, so sagt er, da habe er in den Tag hineingelebt, seien die Nächte lang geworden, habe er kaum noch eine Perspektive gesehen. So etwas nagt am Selbstwertgefühl, vor allem, wenn man Kinder hat. Ein Teufelskreis, an dessen Ende nicht selten die Selbstaufgabe steht.
Neue Helfer entlasten die Fachkräfte durch ihre Arbeit
Dem Fall ins Bodenlose verhindert haben Jobcenter (IAG) und Musiktheater, das sich als Arbeitgeber sowohl seiner sozialen Verantwortung bewusst ist als auch den Fachkräften Helfer an die Seite stellen möchte, die sie spürbar entlasten. Denn das kommt dem eigentlichen Workflow und der Produktivität am Ende des Tages zu Gute.
Speed-Dating öffnete die Türen zurück ins Berufsleben
„Ich habe Herrn Geben bei einem Speed-Dating in der Schalker Arena im Frühjahr kennengelernt“, sagt Rodriguez Garcia, Bühneninspektor am Musiktheater. Zehn Minuten haben damals gereicht, „um zu merken, dass mir da ein Mensch gegenübersitzt, der sein Leben lieber selbst in die Hand nehmen möchte.“ Und als der 40-Jährige auch beim Probearbeiten kurz darauf überzeugte, wurden schnell Nägel mit Köpfen gemacht: Zweijahresvertrag mit der Option auf eine Verlängerung auf fünf Jahre (siehe Info-Box).
Notwendige Qualifikationsmaßnahmen werden gefördert über das Jobcenter
Gebens Ziel ist nun eine Festanstellung, auf dem Weg dahin könnte ein Elektrik-Schein seine Chancen erhöhen. „Auch da helfen wir gern“, sagt Dirk Sußmann, Geschäftsführer des Jobcenters, denn die Kosten einer Qualifizierung übernimmt in der Regel das IAG bis zu einer bestimmten Summe.
Empfehlung an Unternehmer, die Chance zu nutzen, um Jobs zu schaffen
Sußmann freut sich über den gelungenen Start des Sozialen Arbeitsmarktes in Gelsenkirchen. Denn das ursprüngliche Ziel mit 400 neuen Jobs für Langzeitarbeitslose zum Jahresende hat er bereits zur Jahreshälfte schon nach oben korrigieren können: auf 480. Und: Das Jobcenter hat mit dem Musiktheater im Revier einen Mitstreiter gefunden, der für dieses Arbeitsmarktinstrument offensiv wirbt. „Ich kann nur jedem Arbeitgeber raten, uns es gleich zu tun. Die neuen Kräfte haben sich bestens eingefügt, es gibt die Arbeit und wir profitieren davon“, sagt Tobias Werner, Geschäftsführer des Musiktheaters im Revier.
So sehr, dass noch in dieser Woche die ersten Gespräche auf den Weg gebracht werden, vier weitere Helfer über den Sozialen Arbeitsmarkt am MiR zu beschäftigen.