Gelsenkirchen. . Das Gelsenkirchener Marienhospital hat eine neue examinierte Hebamme. Es ist ein junger Mann, der einzige seiner Art in NRW. Und er ist beliebt.

Veljko Zivanovic (27) strahlt: Soeben hat er seine Examensanerkennung in Deutschland als Hebamme geschafft. Der freundliche junge Mann mit dem einnehmenden Lächeln hat seit seinem Start am Marienhospital Gelsenkirchen schon 120 gebärende Frauen begleitet – bisher freilich mit Unterstützung einer examinierten Kollegin. Wie nehmen das die Frauen auf, wenn die Hebamme ein Mann ist?

Viele halten ihn zunächst für einen Arzt

„Manche schauen zuerst erstaunt. Viele halten mich auch erst für einen Arzt, weil Männer als Hebamme eben ungewohnt sind. Aber wenn ich mich dann vorstelle, erzähle, dass ich da bin. um zu helfen und die Geburt zu begleiten, dann ist alles gut. Ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht!“ Spricht’s und strahlt wieder. Gut 1800 Kinder kommen im Marienhospital alljährlich zur Welt, darunter sehr viele aus muslimischen Familien. Auch da gibt es kein Problem, wenn ein junger Mann im Wochenbett zeigt, wie das Stillen gut funktioniert, Nuckeln an der Brust verhindert wird?

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Auch mit muslimischen Familien keine Probleme

Pflegedirektorin Ina Mentges-Schröter (l) und die leitende Hebamme Julia Kurscheid (Mitte) gratulieren ihrem Entbindungspfleger Veljko Zivanovic im Kreißsaal zum Examen.
Pflegedirektorin Ina Mentges-Schröter (l) und die leitende Hebamme Julia Kurscheid (Mitte) gratulieren ihrem Entbindungspfleger Veljko Zivanovic im Kreißsaal zum Examen. © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Nein, beteuert er. „Viele wissen schon, wenn sie hierhin kommen, dass hier ein Mann arbeitet. Die Frauen erzählen sich das untereinander und da bin ich auch froh drüber. Nein, auch da gibt es in der Regel keine Probleme“. Und wenn jemand sich doch eine Frau als Begleitung wünscht, wird dieser Wunsch natürlich erfüllt, ergänzt Julia Kurscheid, die Leitende Hebamme. Aber auch männliche Gynäkologen seien ja längst selbstverständlich.

Der gebürtige Serbe hatte in der Heimat bereits Kinderkrankenpflege gelernt; vier Jahre dauert diese Ausbildung dort. Bereits im zweiten Ausbildungsjahr durfte der damals noch Jugendliche bei einer Geburt mithelfen: „Das war so etwas Tolles – da habe ich zur Dozentin gesagt ‘das möchte ich auch machen’. Die hat natürlich gelächelt und gemeint, dass sie daran eher nicht glaubt.“

Noch in der Heimat Entbindungshilfe studiert

Doch als Veljko nach der Schicht nach Hause kam, erzählte er gleich der Mutter von dem beglückenden Erlebnis und behielt sein Ziel im Auge, allen Zweiflern zum Trotz. Nach dem Kinderpflegerexamen schloss er direkt das dreijährige Studium zum Entbindungshelfer an, noch in der Heimat. Als Berufsbezeichnung hält er Entbindungshelfer oder männliche Hebamme für das Passendste.

Noch die große Ausnahme

Am Marienhospital Gelsenkirchen arbeiten 20 Hebammen. Veljko Zivanovic ist nicht nur hier der einzige Mann. Deutschlandweit sind Männer in dem Bereich eine große Ausnahme.

In NRW gibt es einen Kollegen in Oberhausen. „Mann“ kennt sich allerdings nicht. Ein weiterer Auszubildender hat im April in Bochum die Ausbildung begonnen. Deutschlandweit sind es rund ein Dutzend.

Die Kolleginnen seien ihm gegenüber alle sehr hilfsbereit gewesen, betont Zivanovic.

Nach Deutschland zog es ihn nach der Ausbildung in Serbien, weil hier die Möglichkeiten in seinem Beruf soviel größer sind. „Bei uns liegt die Frau bei der Geburt auf dem Rücken, und das ist es. Als ich hier die erste Geburt im Vierfüßerstand gesehen habe, dachte ich nur: Was ist das!!!“ erinnert sich Zivanovic. Wobei das Lernen für ihn anfangs schwer war mit dem Sprachlevel B1 in Deutsch, das Voraussetzung war für den Berufsstart in Deutschland. „Als Hebamme muss man viel sprechen, erklären. Ich hatte immer Angst, dass ich die Frauen nicht verstehe oder den Arzt, wenn er etwas braucht.“

Langer Weg bis zur Anerkennung des Examens

Mittlerweile spricht Zivanovic fließend deutsch. Aber er möchte noch besser werden, um auch in der hauseigenen Elternschule Kurse halten zu können. Er ist ehrgeizig, will weiter lernen – obwohl der Weg zur Anerkennung seiner Examina hier weit war, es zahlreiche behördliche Hindernisse zu überwinden galt. Ob er selbst auch Kinder möchte: „Ja, ich denke später schon.“ Spricht’s, und strahlt.