Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Stadtdechant Markus Pottbäcker ist ein Mann der klaren Worte. Die fand er auch zur Feier seines 25-jährigen Priesterjubiläums.

So voll ist die Kirche St. Augustinus sonst nur zu Weihnachten. Und ähnlich feierlich ist es auch. Orgel, Posaunen, Bannerträger mit den Flaggen von Pfadfindern und Kolpingfamilie ziehen vor den Priestern ein, gehörige Weihrauchschwaden durchwabern das Kirchenschiff. Montagabend ist eine sehr große und bunte „Stadtgemeinde“ vereint, um mit Stadtdechant Markus Pottbäcker sein Priesterjubiläum zu feiern.

Propst für zwei Großpfarreien

Feierlich zogen Ministranten und Bannerträger vor den Priestern zum Jubiläumsgottesdienst in die Kirche St. Augustinus in Gelsenkirchen ein.
Feierlich zogen Ministranten und Bannerträger vor den Priestern zum Jubiläumsgottesdienst in die Kirche St. Augustinus in Gelsenkirchen ein. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Am 20. Mai vor 25 Jahren war sein Weihetag im Essener Dom. „Ich bin sehr dankbar für diese 25 Jahre, für den Beginn, für den Weg“, sagt der Priester. „Und es ehrt mich und rührt mich an, in welch großer Vielfalt wir hier zusammen sind“, auch weil sein Credo lautet: „Ein Priester ohne Menschen macht keinen Sinn. Ein Priester ist für die Menschen da.“

Die Bezüge sind vielfältig: Pottbäcker, so schätzt ihn später in einer Gesprächsrunde Augustinus-Geschäftsführerin Susanne Minten ein, ist ein offener, kluger, charismatischer, kommunikativer Typ. Klar in Sprache und Diktion ist er in Personalunion Seelsorger und auch Manager, selbst wenn er den Begriff für seine Person wenig schätzt. Propst für die Großpfarreien St. Urbanus und St. Augustinus ist der 52-Jährige, zudem Stadtdechant, also auch oberster Priester des Dekanats. Und er ist qua Amt Aufsichtsratsvorsitzender der St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH, für die über 4500 Menschen in Kliniken, Kitas und Seniorenheimen arbeiten. Entsprechend groß ist die Runde in der Kirche, später auch beim Empfang im benachbarten Augustinushaus an der Ahstraße.

Die Opfer sprachfähig machen

Über (seine ihm übertragene) Verantwortung, Aufgabenfülle und auch Macht predigt Pottbäcker. Und über den Missbrauch derselben. Er feiere sein Jubiläum in einer Zeit, in der Umbrüche die katholische Kirche prägten, in der sie stark unter Druck stünde – auch „durch Priester, die in unerträglicher Weise diese Kirche zu einem Ort des Verbrechens gemacht haben“. Es schmerze ihn „zutiefst, dass das geschehen ist, dass diese Gefahr so nah war“, sagt der Stadtdechant. Man müsse alles tun, um die Opfer zu schützen und sprachfähig zu machen, nicht zuletzt um der Botschaft Jesu willen und des Priestertums.

Eine wichtige Stimme für Europa

Dass Kirche sich einmischt, Position bezieht, klare Worte findet, ist Pottbäcker wichtig, eben dass Kirche mitredet und öffentlich wahrnehmbar bleibt oder wird. Auch für Europa. Die Botschaft der Christen sei hier eine wichtige Stimme.

Wie politisch Pottbäcker sein kann, wird auch in der Predigt deutlich: „Jenseits von aller Toleranz“, findet er, seien Plakate, die die NPD aktuell im Wahlkampf aufgehängt habe, mit denen sie auffordere, Gas zu geben. „Wir stehen hier für Menschenwürde und ein Bild, dass Gott alle Menschen geschaffen hat“, sagt Pottbäcker. Deutliche Worte des Stadtdechanten, die nicht ungehört verhallen. Es gibt starken Beifall nach der Predigt.

Der Stadtdechant ist Karnevals- und Fußballfan

Wie sich Kirche ändert, vor welchen Herausforderungen sie steht, dass wird auch bei den kleinen Talk-Runden im Augustinushaus deutlich, die Wolfgang Heinberg moderiert. Pottbäcker, der Karnevals- und Fußball-Fan („wenn Schalke Meister wird“, kündigt er dem Schalker Finanzvorstand Peter Peters im Publikum an, „werden hier in der Stadt alle Kirchenglocken läuten“) hat leichtes Spiel. Doch auch hier geht es um Brüche, einschneidende Veränderungen: 1994 hatte allein Gelsenkirchen über 30 Pfarreien, vier sind es aktuell. Als Pottbäcker 1985 sein Studium begann, war er einer im Kreis von 130 Priesterkandidaten, „heute sind es keine zehn mehr im Bistum“.

Keine Ambitionen für weitere Karriereschritte

Doch die Botschaft sei gleich geblieben, trotz aller Umstrukturierungen. Es gehe ihm um „Solidarität und Freundschaft, gemeinsam um die gute Sache und um die Menschen“, meint der Priester. Dafür wolle er sich einsetzen, gerne auch von Platz 401, eben dem letzten Platz im Städteranking aus. „Lassen sie uns als Kirche dieser Stadt unser lebenszugewandtes Gesicht zeigen“, fordert der Priester. „Gelsenkirchen ist eine Stadt, in die man sich verlieben kann.“ Auch hier ist ihm Beifall sicher, der brandet auch laut nach einem letzten Bekenntnis auf. „Ich fühle mich wohl, ich will bleiben. Ich habe null Ambitionen, irgendwo anders hinzugehen.“

>>> Spendensammlung für Ruhe-Steine

Zu seinem Priesterjubiläum wollte Markus Pottbäcker keine Geschenke, aber gerne Spenden für eine städtische und ökumenische Initiative, die ihm wichtig ist: Der Stadtdechant unterstützt die Aktion „Ruhe-Steine“,mit der in Geklsenkirchen unbedacht Verstorbene zumindest einen Grabstein bekommen.

„Wir wollen nicht, dass sie, weil sie arm gestorben sind, namenlos werden. Darum haben wir die Initiative Ruhe-Steine ins Leben gerufen. Jeweils auf einem Stein wird der Name eines Verstorbenen eingraviert. Sie bleiben in unserem Gedächtnis“, heißt es auf der Homepage des Vereins.

Das Begräbnisfeld befindet sich auf dem Hauptfriehof in Buer und wird durch die Gelsendienste gepflegt.