Gelsenkirchen. . Aus der Verwaltung kam kürzlich ein „Nein“ zur Idee einer Umweltspur – für Gelsenkirchens CDU-Chef Sascha Kurth zu voreilig. Er hat eine Idee.
Eine Umweltspur nach Düsseldorfer Vorbild? Dies sei in Gelsenkirchen kein Thema, hieß es Anfang vergangener Woche aus dem Rathaus. Für den CDU-Kreisvorsitzenden Sascha Kurth kam dieses „Nein“ etwas zu voreilig. Er hat da eine Idee. . .
Perspektivisch hält Kurth eine Umweltspur sogar auf der Kurt-Schumacher-Straße, Gelsenkirchens Hauptverkehrsachse, für hilfreich und möglich. „Wir haben heute dort drei Fahrspuren für jede Richtung“, schreibt er in einer Pressemitteilung. Und der Gelsenkirchener hält sofort inne: drei Fahrspuren? Ja, erklärt Kurth, drei, „von denen eine mit der ausschließlichen Nutzung für die Straßenbahn viel ungenutztes Potenzial birgt“. Er schlägt vor, die Trasse für die Straßenbahn 302 baulich so verändern, dass sie auch von Bussen, Taxen und Elektroautos genutzt werden kann.
Nicht von heute auf morgen umsetzbar
Über das schnelle „Nein“ habe er sich geärgert. „Einfach sagen, eine solche Umweltspur passe hier nicht hin, und damit einen Haken an die Sache machen – das kann es nicht sein“, so Sascha Kurth auf WAZ-Nachfrage. Ihm sei bewusst, dass eine solche Maßnahme „nicht von heute auf morgen“ umsetzbar sei. Ebenso räumt er ein: „Das werden wir nicht durchkriegen vom Zentrum bis nach Buer. Gerade an der Haltstelle Veltins-Arena wäre der Aufwand sehr groß.“ Aber: Es dürfe „keine Denkverbote“ geben. Die Frage müsse lauten: „Wie schaffen wir Lösungen, die zu Gelsenkirchen passen?“
Tertocha: Den Autoverkehr zu entlasten ist falsch
Bei der politischen Konkurrenz stößt Kurths Idee auf Ablehnung. „Ich bin kein Freund einer solchen Umweltspur“, so Grünen-Fraktionschef Peter Tertocha gegenüber der WAZ. Sein größter Kritikpunkt: Wenn Busse, Taxen und E-Autos künftig auf einer Sonderspur in der Mitte fahren würden, gebe es auf den eigentlichen Fahrspuren mehr Platz für andere Autos. „Den Grundsatz, den Autoverkehr zu entlasten, halte ich für falsch.“ Zudem sehe er den Fünf-Minuten-Takt gefährdet, wenn die Bahn sich die Spur mit zahlreichen anderen Verkehrsmitteln teilen müsste. Eine „klassische“ Umweltspur wie in Düsseldorf, also die Reservierung einer bestehenden Spur für umweltfreundliche Fahrzeuge, lehnt Tertocha für den Augenblick auch ab: „Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was dann auf den Verkehr zukommt.“ Das könne höchstens eine Perspektive sein.
Stadtbaurat Martin Harter sieht viele Nachteile
Stadtbaurat Martin Harter fällt zu Kurths Idee kein nennenswerter Vorteil ein. „Aus meiner Sicht wäre das nicht die Ideal-Lösung.“ Er denkt dabei an die Maßnahmen der Gleisbegrünung (unter anderem auf der Schalker Meile), die bei einem solchen Vorgehen hinfällig wären. Außerdem müssten neue Gleise angeschafft werden, die dafür gemacht sind, in eine Fahrbahn eingebettet zu werden. „Dann muss man sich ansehen: Welchen Zeitwert haben die jetzigen Gleise noch?“ Teilweise seien sie recht neu, so Harter. Ohne überhaupt ansatzweise beziffern zu können, was die Umsetzung des Plans finanziell bedeuten würde, lautet Harters Fazit: „Das hätte schon viele Nachteile, wenn man etwas länger drüber nachdenkt.“
Schneegans: Straßenbahntrasse ist zu schmal dafür
Auch Margret Schneegans (SPD) sieht den CDU-Vorstoß kritisch: „Ich glaube, die Straßenbahntrasse ist nicht breit genug, um dort andere Verkehrsmittel fahren zu lassen.“ Ohne ein Gutachten könne man dazu nicht viel sagen. Sie würde eine Umweltspur nicht prinzipiell ablehnen – wenn, dann aber eher nach dem Düsseldorfer Modell. Man müsse „dem Autofahrer etwas wegnehmen, um anderen etwas geben zu können“.
Umweltspur in Düsseldorf
Auf der Düsseldorfer Merowingerstraße ist am 15. April eine Umweltspur eingerichtet worden. Hier dürfen Busse, Taxen, Fahrräder und Elektroautos fahren.
Allein die Kombination der zugelassenen Verkehrsmittel sieht man in GE kritisch. Stadtsprecher Martin Schulmann sagte in der vergangenen Woche auf WAZ-Nachfrage: „Wenn sich Busse und Radfahrer eine Spur teilen – ob das gut geht?“ Und überhaupt: „35.000 Fahrzeuge pro Tag passen nicht auf eine Spur.“
Dabei argumentiert Kurth genau in die andere Richtung: „Wenn in den verantwortlichen Köpfen in Gelsenkirchen umweltverträgliche Mobilität aber weiterhin automatisch immer bedeutet, dem Individualverkehr Raum wegzunehmen, dann geht der Verkehrsinfarkt in unserer Stadt leider weiter.“