Mülheim/Duisburg/Gelsenkirchen. . Das Schwurgericht vernahm am Mittwoch Zeugen. Manche glauben, dass der 23-Jährige das Kind bewusst getötet hat. Andere sprechen von einem Unfall.

Im Totschlagsprozess gegen den Mülheimer (23), der Ende April 2018 ein acht Monate altes Mädchen umgebracht haben soll, hat das Landgericht Duisburg am Mittwoch mehrere Zeugen vernommen. Und ganz unterschiedliche Aussagen zu der Frage gehört, ob der Angeklagte, der bislang schweigt, dem Kind tatsächlich den Schädel eingeschlagen hat – oder der Vorfall doch eher ein Unfall war.

Unter anderem sagte die Tante (27) des Kindes aus, berichtete von einer Trauerfeier für das Baby: Mehrere Verwandte seien gekommen, darunter ihre Schwester – also die Mutter des getöteten Mädchens – und der mutmaßliche Täter. Bislang galt dieser als Vater des Kindes, doch das sei nicht sicher, sagte die Zeugin. „Ich weiß nicht, ob sie seine Tochter war. Meine Schwester hat gesagt, sie habe einen Fehler gemacht, als er im Gefängnis saß.“ Der Angeklagte jedenfalls habe bei der Trauerfeier zugegeben: „Ich habe das Kind umgebracht.“ Er werde für die Tat büßen – und die Mutter könne sich ein schönes Leben machen.

Eifersucht soll ein großes Thema bei Paar gewesen sein

Eifersucht war ein großes Problem zwischen dem Paar, sagte die 27-Jährige. Sie selbst habe bei den vielen Streitigkeiten lange Zeit zu ihrer Schwester (heute 18) gehalten. Der Angeklagte habe sie geschlagen. Mittlerweile hat diese Loyalität offenbar einen Knacks bekommen: „Ich weiß jetzt, was für eine Frau sie ist.“ Aufgebracht berichtete die Zeugin, dass die Kindsmutter „drei Tage nach dem Tod einen anderen Mann gehabt“ habe. „Wir haben geweint – meine Schwester aber hat kein Mutterherz in sich.“

Sie wisse nicht, so die Zeugin, was wirklich passiert sei, was sie glauben solle: Der Angeklagte – der regelmäßig Drogen genommen und sich dadurch stark negativ verändert habe – habe davon gesprochen, dass er auf dem Weg in die Küche gestolpert sei, das Kind ihm aus dem Arm gefallen sei, auf die harten Fliesen. Davon hatte der 23-Jährige auch einem Feuerwehrmann (46) berichtet, der das Mädchen damals per Rettungswagen vom Mülheimer Marienhospital zur Uniklinik Essen gebracht hatte. „Bei einer Zigarette habe ich ihn gefragt, was passiert ist, und er hat mir gezeigt, wie das Kind aus seinen Armen gefallen ist“, so der Zeuge.

Gesicht des Kindes war stark geschwollen

Da auch andere Tat-Versionen kursierten – wie ein Sturz vom Hochbett –, habe er nachgehakt: „Da wurde er sichtlich unruhig, so als ob er sich ertappt gefühlt hat – und er hatte kein Interesse mehr, sich mit mir zu unterhalten“, sagte der Feuerwehrmann. „Meinem Bauchgefühl nach war es eine Gewalttat“; die linke Gesichtshälfte des Kindes sei „massiv angeschwollen“ gewesen.

Ein Feuerwehr-Kollege (43) bestätigte die Einschätzung: „Ich habe selbst zwei Kinder und die sind auch schon mal gefallen, sogar vom Wickeltisch.“ Die Verletzungen aber, die er damals bei dem Mädchen gesehen habe, seien andere gewesen.

Vermieter: Vater war liebevoll mit den Kindern

Von einem Unfall ging der Vermieter (59) des Paares aus: Gerade mal sechs Wochen wohnten der Angeklagte, seine Lebensgefährtin und die Kinder nach dem Umzug aus Gelsenkirchen an der Kaiserstraße. Er habe sie trotzdem etwas kennengelernt, sagte der Zeuge. Die Frau sei ihm als zurückhaltend im Umgang mit den Kleinen in Erinnerung – „sie wirkte überfordert“ –, der Angeklagte „war liebevoll mit den Kindern“. Bei Hilfstätigkeiten habe er einen so guten Eindruck hinterlassen, „dass ich sogar darüber nachgedacht habe, ihn einzustellen“. Am Morgen nach der Tat sei die Mutter erneut „nicht sehr emotional“ gewesen, ihr Freund aber „verzweifelt“.

In der Wohnung habe der Mann nachgespielt, wie „ihm das Kind aus der Hand gerutscht und auf den Boden aufgeschlagen ist“. Er habe geweint, gerufen: „Ich habe es getötet, weil ich nicht aufgepasst und es fallengelassen habe.“ Das könne er niemals wieder gutmachen.

Ein Familienmitglied (34) hingegen zeigte sich gestern überzeugt: „Er hat das Kind nicht hinfallen lassen. Ich habe gleich gedacht, dass er das aus Eifersucht gemacht hat.“

>> PROZESS GEHT AM FREITAG WEITER

Der nächste Verhandlungstag vor der 5. Strafkammer des Duisburger Landgerichts unter Vorsitz von Richterin am Landgericht Wietrzychowski findet am Freitag, 29. April, ab 9 Uhr in Saal 201 statt.

Vor Gericht mit dabei ist eine Sachverständige, die rege Fragen stellt. Und eine Dolmetscherin für die Zeugen, die – wie der Angeklagte – mehrheitlich aus Rumänien stammen, Hilfe brauchen.