Gelsenkirchen. . Gelsenkirchen ist Modellkommune und schreibt Digitalisierung groß. Von einer Messe aus Barcelona hat der OB „jede Menge Aha-Effekte“ mitgebracht.
Die weltweite Digitalisierung ist immer weiter auf dem Vormarsch. Hier will Gelsenkirchen seiner Rolle als Vorreiter gerecht werden. Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) sieht die „vernetzte Stadt“, die inzwischen eine von fünf digitalen Modellstädten in NRW sowie Modellstadt im europäischen Netzwerk „Digital Smart Cities Challenge“ ist, auf einem guten Weg in eine digitale Zukunft.
Erst kürzlich war das Stadtoberhaupt zusammen mit einer Abordnung zu Besuch in Barcelona. Beim Mobile World Congress 2019 Ende Februar nutzten die Gelsenkirchener die Chance zum Erfahrungsaustausch. „Wo stehen wir?“ und „Wen kann man als Partner gewinnen?“ – diese Fragen standen auf der Agenda. „Gelsenkirchen als Modellstadt war vielen schon ein Begriff“, so Baranowski. So habe es dann auch „viele spannende Gespräche mit kleineren Unternehmen“ gegeben – unter anderem zum Thema Verkehrssteuerung.
Zusammenarbeit mit Huawei
Die Antwort auf die Frage „Wen kann man als Partner gewinnen?“ hat die Gelsenkirchener Barcelona-Delegation auf dem Rückflug zumindest teilweise im Gepäck gehabt: Die Stadt Gelsenkirchen und die Huawei Technologies Deutschland GmbH haben beim Mobile World Congress eine Absichtserklärung unterzeichnet, die eine weitere enge Zusammenarbeit anstrebt. Bereits seit dem März 2016 gibt es eine Kooperation der beiden Partner. Damals hatte Oberbürgermeister Frank Baranowski gemeinsam mit Vertretern des Unternehmens auf der Cebit vereinbart, innovative Projekte zu entwickeln, um Gelsenkirchen zu einer Beispielstadt für digitale Lösungen zu machen. Diese Zusammenarbeit wollen die Partner weiter ausbauen.
Baranowski erklärte während der Unterzeichnung: „Die Unterstützung wird uns helfen, die digitale Stadt weiter auszugestalten.“ Es gehe dabei nicht allein um technische Anwendungen. „Für uns als Kommune geht es zuerst um die Menschen, die in Gelsenkirchen leben. Am Ende müssen alle technischen Neuerungen das Leben ein Stückchen erleichtern.“ Im Zentrum der Zusammenarbeit wird ein „Open Innovation Lab“ stehen – ein digitales Versuchslabor unter freiem Himmel, an dem viele weitere Partner mitwirken sollen.
Kritik an einer Zusammenarbeit mit dem chinesischen Konzern weist Frank Baranowski zurück: „Die Alternative zu Huawai ist Cisco. Geben Sie den Namen mal bei Google ein. Da bekommen Sie ganz viele Texte zum NSA-Abhörskandal.“ Die Interessen der US-Außenpolitik seien erstmal nicht das Thema der Stadt Gelsenkirchen. Die USA stellten in jüngster Vergangenheit immer wieder die deutsch-amerikanische Geheimdienst-Zusammenarbeit infrage, sollte Huawei maßgeblich am 5G-Ausbau in Deutschland beteiligt werden. Baranowski: „Die Hoheit über die Daten wird bei allem, was wir tun, bei der Stadt Gelsenkirchen bleiben.“
Freie Parkplätze melden
Manfred vom Sondern, der Chief Digital Officer (CDO) – auf Deutsch: Gelsenkirchens oberster Herr der „vernetzten Stadt“ –, erklärt ein Beispiel: die Parkplatzsuche. „Ziel ist es in Zukunft nicht mehr, den Autofahrern zu sagen, wo es überall Parkplätze gibt, sondern ihnen zu zeigen, wo es freie Parkplätze gibt.“ Eine App ist bereits auf dem Markt, die genau das kann – und zwar ohne Sensorik, stattdessen quasi basierend auf Erfahrung. „Diese App zapft zehn Quellen an, Trefferquote: 80 Prozent“, sagt vom Sondern. Der Oberbürgermeister ist begeistert: „Ja, da gab es jede Menge Aha-Effekte!“
Gespräche hat es laut Baranowski auch mit der Telekom gegeben. So habe er Vorstandsmitglied Dirk Wössner vorgeschlagen, gemeinsam mit Gelsenkirchen eine ruhrgebietsweite Verkehrslenkung zu entwickeln. „Das Schlimmste wäre doch: Sie fahren durchs Revier und müssen fünf Apps haben, weil jede Kommune ihr eigenes Ding macht“, so der OB, der zufrieden auf Barcelona zurückblickt: „Es war gut, dass wir dort vertreten waren. Jetzt ist es wichtig, dass das konkret wird, dass man was sieht.“
Wo steht GE bei der Digitalisierung in zwei bis drei Jahren?
Stellt sich die Frage, wo er Gelsenkirchen bei der Digitalisierung in zwei bis drei Jahren sieht. „Ich glaube, dass wir bei der Lichtsteuerung einen großen Schritt weiter sind“, sagt Frank Baranowski. Sensorik bei der Entsorgung sei auch so ein Thema – was quasi heißt: Der Mülleimer meldet sich, wenn er geleert werden muss. Die Ampel- und Verkehrssteuerung – „zumindest auf der Kurt-Schumacher-Straße“ – nennt er als drittes Beispiel.
Marc Luhmann, Baranowskis persönlicher Referent, gießt ein wenig Wasser in den Wein, als er auf den Ausbau des 5G-Netzes und damit verbundene Schwierigkeiten hinweist: „Manchmal liegt es nicht in unserer Hand, wie schnell es geht.“ Laut Manfred vom Sondern liegt eine Schwierigkeit darin, Dächer für Antennen zu finden. Dennoch wagt er die Prognose, dass 5G in zwei bis drei Jahren Standard sein wird.