Horst. . Wo einst 150 Förderschüler lernten, bereiten sich nun 300 Horster Gesamtschüler auf das Abitur vor: in der neuen Dependance Turfstraße.

Ein „Herzschlagfinale“ hatte die Stadt angekündigt, und genau das wurde der Umbau der neuen Gesamtschul-Dependance – wenn auch mit sechsmonatiger Verspätung. Aber Verzögerung hin oder: Improvisation und Zusammenrücken sind die Horster Schüler und Lehrer gewohnt und Wehklagen nicht ihr Stil. Was einzig zählt: Mit dem Einzug in die Räumlichkeiten an der Turfstraße 17 am 11. Februar hat eine neue Zeitrechnung für rund 300 Oberstufenschüler begonnen. Die spiegelt sich offenbar nicht nur im Lernen, sondern auch im Verhalten wider: „Die Architektur beeinflusst die Befindlichkeit. Ich finde, die Jugendlichen benehmen sich erwachsener“, so die didaktische Leiterin Sabine Cristea.

Auch Asbestsanierung war nötig

Es riecht noch nach Farbe in der einstigen Förderschule. Nicht alles steht bereits an seinem Platz, es fehlen noch Bilder und Pflanzen. Das Aha-Erlebnis, es stellt sich aber sofort ein, kaum dass der Besucher das großzügige, helle Atrium betritt: Umrahmt von einem bordeaux-roten Geländer im Obergeschoss arbeiten Schülergruppen an Tischen im puristisch-skandinavischen Stil oder entspannen auf stylisch wirkenden Lounge-Sesseln in Rot-Anthrazit – schöner lernen in Horst. Jugendliche und Erwachsene scheinen es jedenfalls zu genießen in ihren vier Unterrichtsräumen und dem Lehrerzimmer im Erdgeschoss sowie den acht Klassenräumen und drei Beratungslehrer-Zimmern im Obergeschoss.

Schöner lernen in Horst: Loungemöbel dominieren das Bild im Atrium – dem Aufenthalts- und Pausenraum der Oberstufe.
Schöner lernen in Horst: Loungemöbel dominieren das Bild im Atrium – dem Aufenthalts- und Pausenraum der Oberstufe. © Frank Oppitz

Dass das gesamte, 1963 errichtete Gebäude „auf Links gezogen“ wurde, ist auf den ersten Blick erkennbar. So wurden die auf 15 Kinder ausgelegten Klassenräume vergrößert, „beide Ebenen erhielten neue Bodenbeläge und Akustikdecken, Elektro- und Datenleitungen, so dass das Gebäude mit Wlan und Whiteboards fit gemacht wurde für digitales Lernen“, so Ulrike Est, stellvertretende Schulleiterin.

3,93 Millionen Euro flossen in die Maßnahme – rund eine Millionen mehr als ursprünglich veranschlagt, etwa weil das Entwässerungskonzept wegen defekter Leitungen unerwartet geändert werden musste. Aber auch andere Maßnahmen gab’s nicht zum Schnäppchenpreis: Wegen des Lärms von der stark befahrenen Turfstraße galt es, eine dezentrale Lüftungsanlage zu installieren, die dafür sorgt, dass zum Belüften keines der Schallschutzfenster geöffnet werden muss. Überdies wurden Brandschutztüren ertüchtigt, das Wärmedämm-Verbundsystem modifiziert, außenliegende Fluchtbalkone mit Treppen als zweiter Rettungsweg errichtet und ein Aufzug für Schüler mit motorischen Einschränkungen gebaut. Zudem musste das verarbeitete Asbest fachgerecht entsorgt werden.

Auf Abwechslung beim Mobiliar setzt die Inneneinrichtung in der neuen Dependance. Stellvertretende Schulleiterin Ulrike Est, Schulleiter Markus Hogrebe und Oberstufenleiter Hendrik Dalhoff (v.l.) haben Platz genommen auf roten College-Stühlen mit Klapptischen.
Auf Abwechslung beim Mobiliar setzt die Inneneinrichtung in der neuen Dependance. Stellvertretende Schulleiterin Ulrike Est, Schulleiter Markus Hogrebe und Oberstufenleiter Hendrik Dalhoff (v.l.) haben Platz genommen auf roten College-Stühlen mit Klapptischen. © Frank Oppitz

„Aber das Warten hat sich gelohnt“, meint Schulleiter Markus Hogrebe, spiegeln Raumzuschnitt und Einrichtung doch den Anspruch wider, den die Schule in Sachen Lernatmosphäre hat: offen, anregend, auf Austausch ausgerichtet. Zwei Aufenthaltsräume mit verglaster Wand zum Atrium hin sind etwa den Schülern vorbehalten, ausgestattet mit drehbaren Sesseln, Stehtischen und Hockern.

„Das ist schon was Besonderes“, meint denn auch Oguzhan Ataman (17). „Die Räume wirken gar nicht wie eine Schule, es ist eher so gemütlich wie zu Hause. Wer lernen will, findet oben genug Ruhe dazu, wer mag, kann auch nur chillen. Es ist an alles gedacht!“

Für Sport und Chemie müssen die Schüler freilich an den alten Standort Devensstraße pendeln – wie die Lehrer ohnehin. „Aber so schlimm ist das nicht“, so Sabine Cristea. „Der Weg am Schloss vorbei ist richtig erholsam.“