Gelsenkirchen-Rotthausen. . 100 Anwohner in Rotthausen sollen eine neue Adresse bekommen: Bürgermeistereistraße statt Hohoffstraße. Nicht alle sind davon begeistert.

Sie ist eine eher kleine Sackgasse, die Hohoffstraße in Rotthausen. Rund 100 Menschen leben hier und für sie soll sich im Laufe des Jahres die Adresse ändern. Der Grund ist der Namensgeber ihrer Straße, Heinrich Hohoff. Die Ehre, einer Straße ihren Namen zu geben, verdankte er einst seinem Bürgermeisteramt in Rott­hausen. Er war der einzige, der diesen Posten je bekleidete, von 1906 bis 1924. Doch mit dieser Ehrerbietung für den Nationalsozialisten soll es nun vorbei sein, die Straße umbenannt werden.

Dass Hohoff ein aktiver und überzeugter Nationalsozialist war, haben Recherchen des Instituts für Stadtgeschichte (ISG) bestätigt. Bereits 1932 war er in die NSDAP eingetreten, obwohl ihm das als kommunaler Beamter eigentlich sogar verboten war. Schon in der Kaiserzeit als Dienstherr der Polizei (bis 1909) hatte er massive Angriffe auf die freie Gewerkschaftsbewegung unterstützt. Dass er dennoch die Revolution 1918 im Amt überstehen konnte, war seiner Ernennung zum lebenslangen Bürgermeister in der Kaiserzeit zu verdanken. Die Soldatenräte hatten – so Daniel Schmidt, Leiter des ISG – keine Handhabe, ihn aus dem Amt abzuberufen.

Schon mehrfach hat das ISG zur Belastung von Namensgebern in Gelsenkirchen die Fakten recherchiert und Hintergründe geliefert. Zuletzt geschah dies beim Eduard-Spranger-Berufskolleg, ab Sommer „Berufskolleg am Goldberg“. Seit einem Gelsenkirchener Ratsbeschluss von 2010 gibt es zentrale Prinzipien, unter welchen Bedingungen Straßen oder Institutionen umzubenennen sind.

Erinnerung an Eigenständigkeit

Bei reinen Mitläufern des Naziregimes ist keine Umbenennung vorgesehen, auch um Anwohnern die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu ersparen. Bei aktiven Unterstützern jedoch sieht der Ratsbeschluss die Umbenennung vor. Im Fall von Heinrich Hohoff, dessen Sohn ebenfalls in der Hitlerjugend leitende Funktionen bekleidete, sei die Einordnung als aktiver Nationalsozialist eindeutig, so Daniel Schmidt. Wiederholt hatte er sich als „treuer Anhänger der Bewegung seit 1927“ schriftlich bekannt, betonte seinen „tiefen Idealismus“ und betonte seine bewusste Absage an die Republik und die Förderung der SA-Aktivitäten in Rotthausen vor 1933.

Nicht alle Rotthauser sind allerdings glücklich mit der Umbenennung. Der damit verbundenen Mühen für die Anwohner bei einer Adressänderung wegen, aber auch, weil damit die letzte Erinnerung an Rotthausen als eigenständige Bürgermeisterei verloren gehe. Die Verwaltung reagierte auf die Kritik im Vorfeld und schlägt deshalb eine Umbenennung in „Bürgermeistereistraße“ vor. ein Jahr lang würden dabei beide Straßennamen sichtbar bleiben. Daniel Schmidt kündigt zudem die Einrichtung Erinnerungsortes im Stadtteil an.