Gelsenkirchen. Die Bäder-Diskussion war eines der beherrschenden Themen in der Gelsenkirchener Politik. Außerdem: Wie geht es nach dem Dieselurteil weiter?
Der Rat der Stadt hat am 11. Oktober mit überwältigender Mehrheit (bei einer Enthaltung) der Beschlussvorlage der Verwaltung zum Bäderkonzept zugestimmt. Das heißt: Gelsenkirchen bekommt in den nächsten Jahren zwei neue Bäder als Ersatz für das Sport-Paradies und das Zentralbad – beide arg sanierungsbedürftig. Und: Es bleibt bei sechs Standorten im Stadtgebiet.
Die wichtigsten Eckpunkte: Am Berger Feld, direkt neben dem jetzigen Sport-Paradies, wird ein neues, großes und modernes Bad inklusive 50-Meter-Becken entstehen. Zudem wird es einen zweiten Neubau geben mit 25-Meter-Bahn im Süden der Stadt.
Bäder-Debatte: Schließung des Hallenbads Horst ist vom Tisch
Damit folgte der Rat einer in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie nur in Teilen. Diese sah vor, entweder einen großen Neubau mit 50-Meter-Becken zu errichten – oder aber zwei Bäder mit je 25 Meter langen Bahnen zu bauen. Bei letzterer Variante sollte das kleinere Bad zudem lediglich für Schul- und Vereinsschwimmen geöffnet werden. Schon den Sommer über wurde deutlich, dass eine solche Einschränkung der Nutzung trotz einer damit verbundenen Reduzierung der laufenden Kosten auf wenig Gegenliebe stößt.
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Auch die von der Studie empfohlene Schließung des Hallenbads Horst ist vom Tisch. Dieses wird laut Ratsbeschluss weitergeführt; perspektivisch wird eine Sanierung angestrebt. Geschätzte Kosten: etwa sieben Millionen Euro. Dafür hatte der Rat der Stadt Fördergelder beantragt. Weitergeführt wird zudem das Bad in Buer und – solange keine größeren Sanierungsarbeiten erforderlich sind–auch das Jahnbad.
Dass das Bäderkonzept nun fraktionsübergreifend befürwortet wurde, nannte OB Frank Baranowski ein „durchaus bemerkenswertes Zeichen für die Handlungs- und Konsensfähigkeit kommunaler Politik und Verwaltung“. Er erinnerte an die Debatten der vergangenen Monate und Jahre, die teils „von Schärfe und Heftigkeit geprägt waren“.
Wo entsteht im Süden ein neues Bad?
Einzig offen ist noch die Frage des Standortes für das neue Bad im Stadtsüden. „Auch unsere Tendenz geht klar in Richtung des alten Polizeipräsidiums“, so Lukas Günther (SPD). Damit würde es faktisch beim Standort des jetzigen Zentralbads bleiben. „Wir wissen aber auch um die Nöte des Revierparks Nienhausen. Sollte es Verwaltung gelingen, einen langfristigen Bestandsschutz des Revierparks dadurch herbeizuführen, indem wir dort ein Hallenbad errichten, sind wir zumindest bereit, die Entscheidung zu überdenken.“ Für die CDU und Grünen kommt der Revierpark hingegen nicht in Frage. Scheitern wird der Konsens an dieser Frage aber nicht. Der Ratsbeschluss vom 11. Oktober gilt.
Noch ist aber Geduld gefragt: Bis der erste Schwimmer in einem der beiden neuen Bäder seine Bahnen ziehen wird, werden wir vermutlich die Mitte des kommenden Jahrzehnts erreicht haben.
In Gelsenkirchen brodelt es: Dieselfahrverbot an der Kurt-Schumacher-Straße
Es ist passiert! Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sprach am 15. November sein Urteil, vor dem sich die meisten – vor allem die Besitzer älterer Diesel-Autos – gefürchtet hatten: Ab Sommer 2019 soll es auch hier zu Fahrverboten kommen. Nicht so großflächig wie in Essen, wo auch die A 40 betroffen ist, aber immerhin auf der wohl wichtigsten Nord-Süd-Verbindung der Stadt: der Kurt-Schumacher-Straße. Sie wäre komplett betroffen – von Buer bis in die Altstadt.
„Hier wurde getrickst und betrogen, die Gekniffenen sind jetzt die Städte und die Autofahrer.“ Frank Baranowski war sauer, denn für ihn war klar: Schuld am Dilemma ist die Automobilindustrie, ausbaden müssen das jetzt die Besitzer älterer Diesel-Fahrzeuge.
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Stadt Gelsenkirchen legt Rechtsmittel gegen Dieselurteil ein
Noch Anfang 2018 berichtete die WAZ über eine Studie der Universität Duisburg-Essen, wonach das Risiko eines Fahrverbots für Diesel-Fahrzeuge im Ruhrgebiet als „gering“ eingestuft wurde. Weit gefehlt! Im Februar guckte Gelsenkirchen gespannt nach Leipzig. Wird es erste Fahrverbote in Deutschland geben? Schon damals sagte Stadtsprecher Oliver Schäfer: „Wir machen, was wir können, um sie zu verhindern.“
Dieses Ziel verfolgt die Stadt auch nach dem Urteil. „Wir haben uns mit den zuständigen Behörden verständigt, dass wir Rechtsmittel einlegen werden und es nicht grundsätzlich bei dem erstinstanzlichen Urteil belassen wollen“, kündigte Oberbürgermeister Baranowski in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses an.
# 401 GE – ist es hier wirklich so wenig lebenswert?
Es war der 22. Mai, ein Dienstag, als im ZDF die Doku „Wo lebt es sich am besten?“ lief. Eine Studie nahm dafür alle 401 Landkreise und kreisfreien Städte Deutschlands unter die Lupe. Ergebnis: Gelsenkirchen landete auf dem 401. und somit letzten Platz.
In der WAZ-Leserschaft blieben die Reaktionen nicht aus. Besonders auf unserer Facebook-Seite tauschten sich die Menschen aus. Dabei gingen die Meinungen in zwei Richtungen: Die einen äußerten ihre Liebe zu Gelsenkirchen, die auch davon nicht klein zu kriegen sei. Die anderen fühlten sich bestätigt und machten jahrelange Versäumnisse der Stadtverantwortlichen für das schlechte Abschneiden verantwortlich.
Das Thema wurde den ganzen Sommer eifrig diskutiert. Olivier Kruschinski machte aus der Not eine Tugend: Er rief die ironisch angehauchte Kampagne #401GE ins Leben. Selbst Politiker aus der ersten Reihe fanden das gut: Irene Mihalic, Bundestagsabgeordnete der Grünen, trug ein T-Shirt der Kampagne ein paar Wochen später bei einer Rede im Parlament.
Was sonst noch in der Gelsenkirchener Politik geschah
- Person of the Year: Die grüne EU-Abgeordnete Terry Reintke ist „Person of the Year“ 2018. Sie hat die Kampagne #metooEU mit initiiert und sexuelle Gewalt im Europaparlament zum Thema gemacht. So wurde das Time-Magazine auf sie aufmerksam.
- Auszeichnung: Die Stadt wurde im Januar mit dem European Energy Award ausgezeichnet. Gelsenkirchen bekam den Preis zum dritten Mal nach 2008 und 2013. „Die erneute Auszeichnung bestätigt unsere Anstrengungen zum Klimaschutz“, so OB Baranowski. Sie sei aber auch Ansporn. Er verwies auf das kommunale Klimaschutzkonzept mit der Kampagne „klimaGEnial“.
- Altpräsident: Christian Wulff, Bundespräsident von 2010 bis 2012, hielt eine packende Rede beim Neujahrsempfang der CDU. Seine großen Themen: Terrorismus, Globalisierung und Digitalisierung.
- Neues Referat: Im März bündelte die Stadt alles rund um die Themen Sicherheit und Ordnung in einem neuen gleichnamigen Referat. Leiter: Hans-Joachim Olbering.
- Gegen Temposünder: Die Stadt kündigte im März an, gegen Temposünder aufzurüsten: mehr Radarwagen, mehr Technik, mehr Personal. Geschwindigkeitskontrollen soll es nun auch verstärkt abends und nachts geben.
- Sonntags-Öffnung: Zwischenzeitlich hatte die Gewerkschaft Verdi Erfolg: Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht untersagte die Öffnung der Geschäfte in der Bahnhofstraße während des Blumenmarkts am Sonntag, 8. April. Einen Tag später kippte das Oberverwaltungsgericht in Münster die Entscheidung wieder.
- Integrationspauschale: 1,5 Millionen Euro bekommt die Stadt im Jahr 2018 für Flüchtlinge, mit 6 Millionen hatte sie gerechnet. Grund: Die neue Landesregierung hatte versprochen, dieses Geld, das sie selbst vom Bund bekommt, zu 100 Prozent weiterzuleiten. Tatsächlich erreicht nur etwa ein Viertel die Kommunen.
- Personal teurer: Nach den Tarifverhandlungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst muss die Stadt höhere Kosten tragen: 5 Millionen Euro mehr.
- Armutsmigration: Im August schlug OB Baranowski Alarm. Er forderte vom Bund, Kindergeldzahlungen für Menschen aus Bulgarien/Rumänien neu zu regeln.
- Hiobsbotschaft: Bei der Planung für den städtischen Haushalt 2019 klaffte Ende August ein Loch von 28,5 Mio Euro. Grund: geringere Schlüsselzuweisungen aus Düsseldorf. Die Bezirksregierung verweigerte der Stadt, auf die hohe Kante gelegtes Geld für den Ausgleich zu verwenden. Durch die Erwartung höherer Einnahmen ist das Thema nun vorerst vom Tisch. Der Haushalt wurde am 13. Dezember beschlossen.
- Gegendemo: „Patrioten NRW“ und „Besorgte Mütter“ veranstalteten am 16. September eine Demonstration. Ein Aktionsbündnis machte dagegen mobil: Dem Aufruf folgten 2100 Menschen.