Gelsenkirchen. . Zentralbad oder Nienhausen? Die Standortfrage für ein neues Hallenbad im Süden Gelsenkirchens ist offen. Einer rührt kräftig die Werbetrommel.
Betrübt hat man beim Regionalverband Ruhr (RVR) die Entscheidung des Gelsenkirchener Stadtrats zur Kenntnis genommen, ein großes neues Schwimmbad am Berger Feld bauen zu wollen. Ein Neubau in ihrem Revierpark Nienhausen wäre den Verantwortlichen viel lieber gewesen. Nun hoffen sie darauf, wenigstens das kleine Bad für den Stadtsüden, das bald das marode Zentralbad ersetzen soll, zu bekommen.
„Ich habe sehr dafür geworben: Macht die große Lösung in Nienhausen!“, sagt Jürgen Hecht, Geschäftsführer der Freizeitgesellschaft Metropole Ruhr mbH im RVR. Seiner Meinung nach stehen die Bäder sehr unter Druck. Aber: „Je größer sie sind, desto größer ist der wirtschaftliche Erfolg.“ In seiner Vorstellung hätte in Nienhausen eines der größten Bäder der Republik entstehen können. „Das wäre ein riesiges Schwimmparadies geworden.“ Neben dem 50-Meter-Außenbecken hätte es drinnen ein zweites Becken mit 50-Meter-Bahn geben können. Gesamtfläche der Anlage: über 4000 Quadratmeter.
Großes Bad kommt ans Berger Feld
Die Ansiedlung eines großen Freizeitbads im Revierpark – Hecht und der RVR sind nicht die Einzigen, die das auf dem Zettel hatten. Eine von der Verwaltung in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie hatte diese Möglichkeit ebenfalls genannt. In die Beschlussvorlage, über die der Rat am 11. Oktober abstimmte, hatte es diese Idee aber nicht geschafft. Es überwog die Sorge, sich für einen zu dezentralen Standort zu entscheiden. Nun kommt die „große Lösung“ neben das sanierungsbedürftige Sport-Paradies; ein zweites, kleineres Bad wird im Stadtsüden entstehen – entweder auf dem Gelände der ehemaligen Polizeiinspektion Süd neben dem jetzigen Zentralbad oder eben im Revierpark Nienhausen. Die Entscheidung darüber soll in einem halben Jahr fallen.
Chance auf erweitertes Angebot
„Mit einer kleinen Lösung hätten wir zumindest ein erweitertes Angebot. Das wäre besser, als ein nagelneues Bad in unmittelbarer Nähe.“ Jürgen Hecht begründet seine Meinung mit einer „perspektivischen Sichtweise“. Man sollte Bäder lieber bündeln und Standorte reduzieren. „Wir haben heute viel weniger Kinder als Anfang der 70er-Jahre, als das Bad in Nienhausen gebaut wurde“, so der 48-Jährige. „Wir haben jetzt 2018 und einen demografischen Wandel.“
Hecht setzt für die nächsten Wochen und Monate auf Gespräche mit der Gelsenkirchener Stadtverwaltung. „Ich bin von Anfang an dort immer vorstellig geworden und bin immer gesprächsbereit.“
Viele Besucher strömten dieses Jahr ins Freibad
Größter Anziehungspunkt für den Revierpark Nienhausen ist zurzeit das dortige Freibad – allerdings auch nur vier Monate im Jahr. In den meisten Jahren ist das Bad von Anfang Mai bis Ende August geöffnet.
51.000 Besucher zählte das Freibad im herausragend schönen Sommer 2018.
30.000 Besucher maximal sind es laut Jürgen Hecht normalerweise pro Saison.
Redebedarf hat Jürgen Hecht auch über die Ausstattung des großen Neubaus am Berger Feld. In den – noch nicht spruchreifen – Überlegungen ist von einer großen Saunalandschaft die Rede. „Die könnte fürs uns existenzbedrohend sein.“ Er rechnet mit einem Minus von mindestens 30 Prozent. Laut Hecht kommen zurzeit etwa 150.000 Besucher jährlich in die Sauna im Revierpark. „Die Machbarkeitsstudie rechnet für den Neubau mit 300.000 Gästen. Ich glaube nicht, dass es in Gelsenkirchen einen Markt für 450.000 Saunabesucher gibt.“
CDU lehnt Standort Nienhausen ab
Bei aller Werbung Hechts für Nienhausen – im Rat am 11. Oktober betonten alle Fraktionen ihre Vorliebe für den Standort Zentralbad. Ernsthaft prüfen will die Alternative Revierpark nur die SPD. Die deutlichste Ablehnung kommt von der CDU. Ihr Fraktionschef Wolfgang Heinberg sagte schon vor der Ratssitzung: Sollte die SPD sich am Ende der Prüfung für einen Neubau im Revierpark entscheiden, „dann ist die CDU raus“.
Längere Anfahrtswege
Größter Kritikpunkt: längere Distanzen für die Kinder auf dem Weg zum Schulschwimmen. Heinberg rechnete vor, dass bei einer Fahrtzeit von wenigstens drei Minuten vom Zentralbad nach Nienhausen die eh knapp bemessene Zeit von 30 Minuten im Wasser sich um sechs Minuten verkürzen würde. „Und dann lohnt sich das Schwimmen langsam nicht mehr.“ Nach WAZ-Recherchen würde sich für 20 Schulen der Weg zum Bad verlängern, für drei würde sich nichts ändern. Lediglich für zwei Schulen wäre die Anfahrt kürzer.
Für Jürgen Hecht „ist das Argument konstruiert“. Die Entfernung sei nicht so weit, dass sie ernsthaft ins Gewicht falle.