Gelsenkirchen-Feldmark. . Im Gelsenkirchener Weihnachtscircus zählt Tom Dieck mit seinen Raubkatzen zu den Stars. Proteste von Tierrechtlern sind dennoch vorprogrammiert.
Dehli hat es sich im Stroh gemütlich gemacht. 20 Jahre alt wird die Tigerdame im kommenden Jahr. Tom Dieck geht ins vergitterte Außengehege, der Tiger schmust sich an, schnurrt, lässt sich am Kopf kraulen. Rahni, 12, kommt dazu, wetzt ihre Krallen an einem Baumstamm und holt sich dann auch eine Schmuseeinheit.
Dieck wirkt wie selbstverständlich im Raubtierkäfig, ist aber dennoch auf der Hut, schaut, dass keine der Großkatzen unbeobachtet in seinem Rücken ist. „Ich pass auf, dass die nicht hinter mir rumtigern...“
Engländer: Dompteur ist ein 24-Stunden-Job
Die Stallwagen für vier Tiger, zwei weiße Löwen und die beiden Liger, eine seltene Kreuzung aus Löwe und Tiger, stehen hinter dem Hauptzelt auf der Wiese des Revierparks Nienhausen, Diecks Wohnwagen steht nebenan.
„Das ist ein 24-Stunden-Job, wenn man sich entscheidet, mit Raubtieren zu arbeiten“, sagt er, das sei eine lebenslange Beziehung. Am 19. Dezember geht hier die Premiere für den Circus Probst über die Bühne, dann beginnt für den Gelsenkirchener Weihnachtscircus die 22. Spielzeit (bis 6. Januar). Eine der Hauptattraktionen: die gemischte Raubtiergruppe von Tom Dieck.
Der Engländer, 35, Tierlehrer in dritter Generation, ist Zirkuskind durch und durch. Mit 21 feierte er Manegenpremiere. Seither ist er international gefragt, wurde für seine Tiernummer bei Festivals ausgezeichnet. „Es ist wichtig, dass ein Tierlehrer seine Tiere versteht, dass er sie lesen kann. Er muss akzeptieren, wie sie sich fühlen. Wer das nicht kann, hat den falschen Job“, sagt Dieck und sieht sich als Vertreter der „humanen Tierdressur“. Dass es den Tieren Spaß macht, sei dabei das Allerwichtigste.
Kritik an Tiernummer in sozialen Netzwerken
Brigitte und Reinhard Probst haben über Jahre versucht, Dieck für ihren Weihnachtscircus zu verpflichten. Diesmal hat es geklappt. „Das ist eine sehr, sehr schöne ruhige Tiernummer“, findet die Circuschefin. Wie Circusdirektor Reinhard Probst steht sie für den klassischen Zirkus, den ihr Publikum bevorzuge – mit Tieren. In der Saison und auch beim Weihnachtscircus begleiten das Unternehmen auch deshalb Proteste von Tierrechtlern. Für 2018 sind bereits zwei Demonstrationen angemeldet.
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Über soziale Medien, glaubt Probst, bekäme eine verhältnismäßig kleine Gruppe Protestler große Aufmerksamkeit. Transparenz und Offenheit, sagt sie, setze man dagegen. Vergebens. Mit vielen Tierschützern lasse sich nur schwer reden. „Da kannst du argumentieren wie du willst, das hilft nicht.“
„Wir müssen uns immer rechtfertigen“, sagt Dieck, das nerve. „Wir führen diese Diskussion wöchentlich“, ausweichen will er dennoch nicht: Doch die Kritiker, findet er, „müssen auch bei der Wahrheit bleiben und sollten sich ein eigenes Bild machen“. Was ihn ärgert? Menschen, die „die armen Tiere beklagen und dann beim Lidl das Fleisch für ein paar Cent kaufen“.
Veterinäre bescheinigen vorbildliche Tierhaltung
Kaum ein Unternehmen wird so eng getaktet geprüft wie ein Zirkusbetrieb. Fliegende Bauten, Sicherheitsvorkehrungen, Tierhaltung, alles wird bei jeder Gastspielstation stets neu abgenommen. Ordnerweise füllen Prüfberichte amtlicher Tierärzte das Büro der Probsts.
Der lokale Veterinär war am 28. November da, bescheinigte „mehr Platz als laut Leitlinien nötig“, „sehr guten Ernährungs- und Pflegezustand“, entspannte Tiere und insgesamt vorbildliche Haltung. Von Gotha bis Gelsenkirchen fallen die amtlichen Bewertungen ähnlich aus – rundum positiv.
Falken aus Ückendorf kritisieren Einsatz von Wildtieren
Dennoch wird die Diskussion über die Tierhaltung geführt, aktuell bei den Ückendorfer Falken, die sich im Jugendtreff Spunk mit den „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben“ beschäftigt haben. Ihr Fazit: Die Richtlinien würden Bedürfnissen von Wildtieren nicht gerecht, für Zirkusse mit Wildtieren solle die Werbung erschwert, die Unterstützung beendet werden. Ein Zirkus, so die Falken, „kann auch ohne den Einsatz von Wildtieren erfolgreich sein und das Publikum begeistern.“
>> Vorstellungen und Vorverkauf
22. Gelsenkirchener Weihnachtscircus, 19. Dezember bis 6. Januar. Vorstellungen täglich um 15 und 19.30 Uhr, Heiligabend nur um 14 Uhr und 6. Januar nur 15 Uhr.
Ticketvorverkauf ab 10. Dezember täglich an der Circuskasse, in den WAZ-Leserläden und unter Ticket-Hotline 0209 177 99 90.