Der leitende Arzt der Geriatrie am Elisabeth Krankenhaus Erle, Dr. Willi Leßmann, erklärt, wie Senioren wieder auf die Beine kommen können.
Über Möglichkeiten für Senioren, nach einer Akuterkrankung wieder Beweglichkeit und Kraft zu trainieren, sprach WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies mit Dr. Willi Leßmann, Chefarzt der Klinik für Akutgeriatrie und Frührehabilitation am Elisabeth-Krankenhaus Erle.
1 Mit welchen Bewegungsanregungen beginnen Sie bei Patienten, die nach einer OP oder akuten Erkrankung nicht mehr so mobil sind?
Dr. Willi Leßmann: Nach einem umfassenden Check-up, das wichtige Informationen über das Halten des Gleichgewichts, die Balance, das Gehvermögen, die allgemeine Mobilität sowie den Kräftezustand des Patienten liefert, wird mit den Patienten für die rund dreiwöchige „geriatrische Komplexbehandlung“ ein individueller Trainingsplan zur Wiederherstellung verloren gegangener Funktionen des Bewegungsapparates sowie des Nerven-, Atem- und Kreislaufsystems abgestimmt. Die zweimal täglichen, etwa 30-minütigen Übungseinheiten haben die Wiederherstellung einer größtmöglichen Selbständigkeit bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens, der Fortbewegung und Orientierung, der Kontaktfähigkeit und Kommunikation, aber auch eine psychische Stabilisierung (z.B. Bewältigung von Sturzangst) und die Hilfestellung bei der Verarbeitung veränderter Lebensumstände sowie eine Verbesserung der Lebensqualität und der Teilhabe am Alltagsleben zum Ziel.
2 Kann Beweglichkeit auch in der Phase der Bettlägerigkeit trainiert werden und wenn ja, wie?
Leßmann: Die therapeutischen Maßnahmen sollten auch bei noch bettlägerigen Patienten möglichst frühzeitig beginnen, indem schon im Bett mit Übungseinheiten zum Kraft-/Muskelaufbau und zur Verbesserung der Koordination von Bewegungsabläufen sowie der verloren gegangenen Körperwahrnehmung durchgeführt werden. Darauf folgen Übungen zur Vorbereitung und im Verlauf eigenständigen Durchführung der Transfers Rückenlage-Seitenlage-Sitz-Stand.
3 Kann der Muskelaufbau bei älteren Menschen durch die Ernährung unterstützt werden?
Leßmann: Der Muskelaufbau kann neben einer ausgewogenen Basiskost durch eiweiß- und vitaminreiche Nahrungsergänzungsprodukte unterstützt werden. Dabei spielen natürlich auch der Zahnstatus und ein ungestörter Schluckakt eine wesentliche Rolle.