Gelsenkirchen/Westerholt. Knappenverein St. Barbara feiert am Dienstag das Barbarafest. Mitglieder befürchten, dass mit dem Kohle-Aus die Erinnerung an den Bergbau stirbt.
Die gewaltigen Hobel und Förderbänder unter Tage haben ihre letzten Meter im Steinkohlebergbau gemacht. Wenn mit Prosper Haniel gegen Jahresende die letzte Zeche schließt, dann endet für die Region eine Ära von Perspektiven und von Zukunftsvertrauen. „Der Bergbau wird zu Grabe getragen“, sagen die Mitglieder des Knappenvereins St. Barbara Bergmannsglück/Westerholt.
Die Frauen und Männer des rührigen Vereins haben bewusst diese Formulierung gewählt. Denn für sie, die meisten weit jenseits der 60 Lebensjahre bis tief in die 80er hinein, ist es so, als ob ein Stück ihrer selbst beerdigt wird.
Kohle-Aus: Wehmut und auch eine gehörige Portion Wut
Die ehemaligen Kumpel – vom Maschinenhauer und Wettersteiger über Fahrsteiger und Elektriker bis hin zu Bergingenieuren – erfüllt in diesen Tagen Wehmut, Sorge und auch eine Portion Wut.
Wehmut, weil man über Jahrzehnte „zusammen im Dreck gelegen und hart geschuftet hat“. Das schweißt zusammen und hält die Gemeinschaft des Bergbaumuseums Mühlpforte (Schloßstraße 1) im Schlagschatten des Westerholter Schlosses auch noch heute fest zusammen.
Nur geladene Gäste waren beim Ende willkommen
Sorge, weil der aktuell 103 Mitglieder umfassende Verein „kaum Nachwuchs findet“ und die heutige Youtube-Generation mit Bergbau, seiner Tradition und den liebevoll zusammengetragenen Erinnerungsstücken im Museum wenig anfangen kann. Bewegtbild geht heute vor Schwarz-Weiß, Zinnteller und Grubenlampe.
Und schließlich Wut, weil die Bergleute vielen Politikern eine Art „Wendehals-Mentalität“ vorwerfen – darunter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sowie seine Vorgängerin Hannelore Kraft (CDU): „Erst das Kohle-Aus vorantreiben und dann bei den Abschiedsfeiern die tränenreiche Verbrüderung mit den Kumpeln suchen“. Für die Ehemaligen ein Unding, zumal sie wie tausende anderer Bergleute, die seit eineinhalb Jahrhunderten für „echte Männer und ehrliche Arbeit“ einstanden, außen vor blieben – etwa beim Ende auf Auguste Victoria in Marl. „Kommen durften da lediglich geladene Gäste.“
Der letzte Barbaratag mit Steinkohlebergbau
Daran und an so manch’ eisenharte Schicht unterm Berg werden sich die Mitglieder des Knappenvereins St. Barbara Bergmannsglück/Westerholt heute erinnern. Denn heute, 4. Dezember, ist der Gedenktag der heiligen Barbara von Nikomedia, Schutzpatronin der Bergleute und Namensgeberin des Vereins. Für den Vorsitzenden Kunibert Kiehne und seine Mitstreiter das letzte Barbarafest, bevor die Fördertürme stillstehen.
Gleichwohl begehen sie den Tag wie immer: Begleitet vom Bergmannszug des Schützenvereins Erle Middelich geht es ab 17.40 Uhr von der Mühlpforte mit Fahnen, Bergkittel und Schachthut durch das alte Dorf Westerholt zum Gottesdienst in der Schlosskapelle St. Martinus, später zum Umtrunk und zur Feier ins Haus Westerholt (Schloßstr. 3) – Tradition aufrecht halten so lange es noch geht.
>>>Info: Stammtischtag immer am Donnerstag
Die letzte deutsche Steinkohle soll am 21. Dezember bei einer Abschlussveranstaltung an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergeben werden.
Kontakt zum Knappenverein: 0209 9479 9697, Mail an
kunibert-kiehne@unity-mail.de. Donnerstags ist Stammtischtag ab 10 Uhr an der Mühlpforte.