Gelsenkirchen. . Platten mit Solartechnik versprechen Innovationen für Straßenbau und Verkehr – und wecken Interesse der Politik. Erfinder hat schon neue Ideen.
Es klingt futuristisch, fast zu gut, um wahr zu sein: Eine Straße, die Energie erzeugt, nebenbei den Verkehr regelt und sich bei Schnee sogar selbst räumt. In jahrelanger Tüftelarbeit ist es einer Berliner Firma jedoch tatsächlich gelungen, aus Science-Fiction Realität werden zu lassen. Seit Montag ist der erste Solar-Radweg in Erftstadt bei Köln in Betrieb. Und in Gelsenkirchen schaut man neugierig auf die Straße, die Geld verdient.
Solarzellen erzeugen Spannung von bis zu 30 Volt
Wie Fliesen werden die Photovoltaik-Module auf Wegen und Flächen verklebt. Die robuste Glasoberfläche eignet sich ideal, um einfallendes Sonnenlicht einzufangen und an die darunterliegenden Solarzellen weiterzuleiten. Diese erzeugen eine Spannung von bis zu 30 Volt. An das Stromnetz angeschlossen bringt der Straßenbelag so einen Ertrag von jährlich etwa 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Auf die prognostizierte Lebensdauer von 25 Jahren hochgerechnet bedeutet das Erträge von bis zu 200 Euro, verspricht der Hersteller „Solmove“.
Kosten: 250 pro Quadratmeter
Versprechen, die Wolfgang Heinberg, Vorsitzender des Verkehrsausschusses, hellhörig werden lassen: „Attraktive Wege erhöhen die Anreize, sich alternativ zu bewegen und das können wir gerade wegen der Abgasproblematik in Gelsenkirchen gut gebrauchen.“ Die Investition von 250 Euro pro Quadratmeter, die sich erst nach einigen Jahren amortisieren, seien zwar eine große Ausgabe. Aber „wenn wir den Anspruch haben, Zukunftsstadt zu sein, gehören solche innovativen Projekte dazu“.
Denn die Straße der Zukunft kann sogar noch mehr: Sie ist beheizbar, Schnee taut im Winter innerhalb kurzer Zeit und macht Räumen überflüssig. Ebenso wie Laternen, denn eine LED-Beleuchtung lässt sich auch integrieren. Ein eingebautes Profil macht die Platten rutschfest und lässt Regenwasser abfliessen. So reinigt sich das System selbst – und spart die Straßenreinigung. Außerdem könnte über Sensoren eine automatische Verkehrssteuerung eingebaut werden, die Staus reduziert. Apropos Stau: Schall reduziert der Belag natürlich auch.
Idee entstand während der Fahrt
Donald Müller-Judex ist das Gesicht, das sich hinter dem cleveren System verbirgt. „Als ich 2009 im Allgäu nach einem Dach für eine Photovoltaikanlage gesucht habe, bin ich über viele sonnenbeschienene Straßen gefahren“, erzählt er. Auf eine freie Dachfläche sei er nicht gestoßen, dafür auf die Idee der energieeffizienten Straße.
„Die Vision ist, das wir möglichst viel der potenziellen Fläche von einer Milliarde Quadratmeter in Deutschland zur Energieerzeugung nutzen“, sagt der Ingenieur. Autobahnen seien wegen der hohen Belastung des Untergrunds nicht geeignet, Straßen in Wohngebieten und Plätze böten sich jedoch ideal an.
Energie auch für Elektroautos
Und der Tüftler hat noch mehr Ideen: Perspektivisch könnten die Platten ihre Energie per Induktion direkt an darüberfahrende Elektroautos abgeben, deren Akkus also während der Fahrt aufladen. Doch das ist wirklich noch Zukunftsmusik. Erst muss die Technik den Praxistest in Erftstadt bestehen.
>> Info: Erste Pläne für GE gibt es bereits
Donald Müller-Judex deutete im WAZ-Interview an, dass die Solarplatten in Gelsenkirchen möglicherweise schon bald einen Platz finden könnten. Nach Angaben des Ingenieurs und Firmengründers gibt es erste Planungen, die Module auf einem Parkplatz auf Zechengelände zu testen. Eine Fläche von 40 Quadratmetern sei vorgesehen. Für städtische Wege und Plätze gibt es noch keine Planungen.