Buer. . Nur weil eine Urkunde von 1019 die Abgabepflicht der Kirche in Buer bestätigte, kann die Pfarrei St. Urbanus ihr 1000-Jahres-Jubiläum feiern.
Köln in der Champions League: Was im Fußball für Schalker nicht leicht zu verdauen wäre, schafft in Sachen „1000 Jahre kirchliches Leben in Buer“ erst die Voraussetzung fürs Jubiläum. Denn die Abtei Deutz, sie war 1019 erste Liga – und die Kirche in Buer ihr gegenüber abgabenpflichtig. Rückblickend kann St. Urbanus froh darüber sein. Denn nur weil der Kölner Erzbischof Heribert am 3. Mai jenes Jahres der Abtei sämtliche geschenkten Besitzungen bestätigte – darunter auch den Zehnten der Kirche in Buer –, hat die heute mit rund 33.000 Gläubigen größte deutsche Pfarrei nach Auffassung vieler Heimatforscher einen schriftlichen Nachweis über ihre Ursprünge.
Dass die Anfänge kirchlichen Lebens womöglich weiter zurückliegen, darauf weist Heimatforscher Arno Vauseweh hin. Schon 1003 hatten der Graf Balderich von Hamaland und seine Frau Adela der Abtei Abgaben von „Puira“ (Buer) übertragen; also existierte damals bereits eine Siedlung dieses Namens. Entstanden war sie zwischen 1200 und 750 v. Chr.
Mönche missionierten Gegend um Buer um 800
„Kirchliches Leben“ im weiteren Sinne muss es auch in dieser Zeit gegeben haben, so der Resser Philologe Carl-Heinrich Lueg, der lange zur Lokalgeschichte forschte. „Um 800 missionierten Werdener Mönche auf Betreiben Karls des Großen diese Gegend. Als Stützpunkt nutzten sie dafür ein burgähnliches Gebäude, das an der Ecke der heutigen Westerholter/De-la-Chevallerie-Straße stand.“
Eine Urkunde von Papst Eugen III. 1147 macht deutlich: Die Abtei Deutz war mittlerweile Eigentümerin der Kirche in Buer. Und hatte offenbar auch ihr Kirchenpatronat des St. Urbanus mit übertragen. Deren Pfarrkirche war auch dem heiligen Helfer für Winzer und Wetter geweiht.
Baujahr der ersten steinernen Kirche ist unklar
Wann genau im 13. Jahrhundert die erste steinerne Kirche errichtet wurde, ist umstritten. Laut Vauseweh handelte es sich um ein Gebäude „im romanischen Stil, das wohl den Fachwerkbau einer Kapelle ersetzt hat.“
Buer und das kirchliche Leben gediehen im 14./15. Jahrhundert gut. Adlige stifteten Vikarien – die ältesten sind St. Maria und St. Crucis (hl. Kreuz) –, die den Vikaren als Ausgleich für Messen und Gebete einen Unterhalt gewährten. Und es entstanden Kapellen, die den festen Adelssitzen angeschlossen waren und ebenfalls zu St. Urbanus gehörten, etwa die St.-Antonius-Kapelle auf Haus Lüttinghof.
Buer blieb auch nach der Reformation katholisch
Als 1448 das Dorf zur Freiheit erhoben wurde, erhielt es eine stadtähnliche Selbstverwaltung mit Bürgermeistern, Ratsmännern und eigenem Recht mit Markt und Niedergerichtsbarkeit. Die Kirche mit Hof, Beinhaus, Kirchplatz und Markt bildete den Ortsmittelpunkt. Bewohner waren Kleinbauern, Kötter und Handwerker. Ende des 16. Jahrhunderts waren es im Kirchspiel mit seinen zwölf Bauerschaften etwa 3000, im Dorf 500. Der Dorf-Charakter aber, er blieb, so Vauseweh, ebenso die Lehnsverpflichtungen. Das Recht auf Pfarrer-Einsetzung lag abwechselnd bei den Grafen von Limburg und den Herren von Strünkede, bis letztere es 1592 endgültig an sich zogen. Nach der Reformation (1517) blieb Buer katholisch.
Eine Zäsur für Buer war der Großbrand am 25. Mai 1688, der fast alle Gebäude vernichtete – Gotteshaus und Kirchenbücher inklusive. Drei Menschen kamen im Gedränge der Flüchtenden um. Erst 1720 wurde der Wiederaufbau von Kirche und Freiheit beendet.
1821 fiel Buer vom Bistum Köln ans Bistum Münster
Im 19. Jahrhundert – die Pfarrei war 1821 bei der Neuordnung der katholischen Kirche vom Bistum Köln an das Bistum Münster gefallen, wo es bis zur Errichtung des Bistums Essen 1958 blieb –, entstanden in St. Urbanus kirchliche Vereine und Verbände wie der Gesellenverein (1865), Cäcilienverein (1873) und der Knappen- und Arbeiterverein (1873). Die Mitglieder waren sozial engagiert und bemühten sich, das religiöse Leben zu intensivieren.
Mit der Gründung der ersten Zeche Hugo I (1873) stieg die Bevölkerungszahl Buers rasant an: von 4531 Einwohner (1871) auf 40.000 (1905), darunter auch immer mehr evangelische Christen. Zu diesem Zeitpunkt war die alte gotische Pfarrkirche bereits abgerissen und die jetzige Urbanuskirche nach dreijähriger Bauzeit 1893 eröffnet worden – im selben Jahr wie die evangelische Apostelkirche an der Horster Straße. Immer mehr Gemeinden wurden abgepfarrt in Erle, Resse, Beckhausen, Hassel, Scholven und Buer, die ihrerseits wieder Tochtergemeinden bildeten.
Dieses Wachstum ist längst zum Stillstand gekommen: Die Bevölkerungszahl nimmt mit dem Ende von Kohle und Stahl ab, damit die Zahl der Gläubigen. Um Gemeinde-Zusammenlegungen und Kirchenschließungen kommt die Pfarrei seit der Umstrukturierung 2007 nicht mehr herum.