Gelsenkirchen. . Harsche Kritik und großes Lob gibt es für die Arbeit der Kinder- und Jugendklinik am Bergmannsheil Buer, wie eine Film-Dokumentation sie zeigt.

Die Therapieplätze in der Kinder- und Jugendklinik am Bergmannsheil sind begehrt. Dennoch hagelt es jetzt harsche Kritik am Konzept und der Arbeitsweise in der Therapie psychosomatischer Erkrankungen wie bei neurodermitischen oder Schreikindern. Anlass ist die Film-Dokumentation von Ralf Bücheler und Jörg Adolph, die die Arbeit ein Jahr lang mit der Kamera begleiteten. Mit den hochemotionalen Reaktionen bis hin zu regelrechten Hass-Kommentaren hatte weder bei der Filmcrew noch in der Klinik jemand gerechnet.

„Seit vielen Jahrzehnten profitieren Kinder und ihre Familien von unserem Therapieprogramm. Viele Familien nutzen hier ihre Chance, nach vielen gescheiterten Versuchen aus einer festgefahrenen Situation herauszukommen. Sie erhalten eine umfassende ärztliche, therapeutische und pädagogische Betreuung. Das Konzept ist wissenschaftlich evaluiert, von den Krankenkassen anerkannt und leitliniengerecht. Die Vorwürfe sind absurd“, kommentiert Klinik-Geschäftsführer Werner Neugebauer die Kritik.

Vorwürfe der Mutti-Bloggerin Sara Kulka

Regisseur Ralf Bücheler, Dipl. Sozialarbeiterin Gabriele Grühn, die Vorsitzende des Bundesverbandes Allergie , Frauke Döllekes, der ärztliche med. Leiter Dr. Kurt-Andre Lion und Dipl. Psychologe Dietmar Langer (von links) bei der bei der Premiere des Kinofilms „Elternschule“ in der Schauburg in Buer.
Regisseur Ralf Bücheler, Dipl. Sozialarbeiterin Gabriele Grühn, die Vorsitzende des Bundesverbandes Allergie , Frauke Döllekes, der ärztliche med. Leiter Dr. Kurt-Andre Lion und Dipl. Psychologe Dietmar Langer (von links) bei der bei der Premiere des Kinofilms „Elternschule“ in der Schauburg in Buer. © Joachim Kleine-Büning

Ins Rollen gebracht hatte die Protestbewegung samt einer Petition mit dem Ziel, die Ausstrahlung des Films zu verbieten, die Mutti-Bloggerin Sara Kulka. Ihr Vorwurf: Die Würde von Kindern werde darin „mit Füßen getreten“. „Wir haben für den Film und unsere Arbeit viel positive Resonanz bekommen, auch von Psychotherapeuten. Auch das Echo auf den Film war positiv, bis zur Aufführung in Hamburg“, betont der Leitende Arzt der Klinik, Dr. Kurt-André Lion, der die Arbeit neben dem Diplom-Psychotherapeuten Dietmar Langer leitet. Die Kinder- und Jugendpsychologin Prof. Silvia Schneider von der Ruhr-Uni Bochum stimmt ihm zu. Es gehe hier „um sehr kranke Kinder, Extrembeispiele, die Unterstützung brauchen.“ „Es ist hart, wenn man das sieht“, gibt die Professorin aus Bochum zu, „aber manchmal hilft Liebe allein leider nicht.“ Untersuchungen zeigten jedoch, dass die Kinder durch die Therapie keinesfalls „gebrochen“ würden, vielmehr die Beziehung zu den Eltern entlastet werde.

Klinik-Methoden nicht übertragbar auf Familienalltag

Auch Spielen, Autogenes Training und andere Entspannungsübungen gehöre
Auch Spielen, Autogenes Training und andere Entspannungsübungen gehöre © Zorro-Film

Natürlich seien die Methoden nicht übertragbar auf den Alltag einer normalen Familie. Das aber suggerierten die Filmemacher selbst, in dem sie für ihre Dokumentation auch mit der Frage warben: Wie gehen wir richtig mit unseren Kindern um? Möglich, dass die Debatte auch deshalb entbrannte. Der Filmtitel „Elternschule“ sei möglicherweise „irreführend“, sagt auch Silvia Schneider.

Andererseits: Eine Diskussion über Erziehung hat sich etwa der Verband Bildung und Erziehung (VBE) lange gewünscht. „Wir brauchen einen Dialog zwischen Eltern und Einrichtungen“, sagt Doris Feldmann, im Landesvorstand zuständig für frühkindliche Bildung. Zunehmend fielen in Schulen Kinder auf, die zuhause keine Grenzen gesetzt bekämen. Mit liebevoller Strenge zu erziehen fordert auch Regine Schwarzhoff vom NRW-Elternverband: „Einem Kind die Erziehung zu verweigern, ist verantwortungslos. Es wird seiner Chancen beraubt.“

Anmerkung der Redaktion:

Die Essener Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die Einrichtung mittlerweile eingestellt. „In dem Film ist nichts zu sehen, was als Straftat zu werten wäre», sagte eine Sprecherin der Essener Ermittlungsbehörde in der Begründung für die Ermittlungen zu den Strafanzeigen gegen den Film „Elternschule“. Auch eine unangemeldete Kontrolle der Klinik durch die Bezirksregierung Münster habe keinen Anlass für Ermittlungen ergeben.

Die Staatsanwaltschaft Essen hatte wegen möglicher Freiheitsentziehung und Gewalt gegen die Kinder ermittelt. Es hatte mehrere Strafanzeigen wegen im Film gezeigter Szenen gegeben. Heftige Kritik an den gezeigten Therapiemethoden hatte es unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) und dem Deutschen Kinderschutzbund gegeben.

Anzeigen von Eltern habe es nicht gegeben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Deshalb habe sich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft allein auf den Film bezogen.