Gelsenkirchen.. Der Sozialdienst Schule in Gelsenkirchen muss künftig mit weniger Mitarbeitern auskommen. Ein neues Frühwarnsystem soll Schulabbrüche verhindern.


Der Sozialdienst Schule (SDS) muss in Gelsenkirchen neu aufgestellt werden, weil die Mittel des Bundes Ende 2018 verbraucht sind. Zwar ist das Land in die Förderung eingestiegen, aber nicht in dem Umfang, der ausreichen würde, um alle Stellen wie gehabt fortführen zu können. Eva Kleinau, bisherige Teamleiterin des Sozialdienst Schule und seit Sommer Abteilungsleiterin in der Jugendhilfe Schule, sowie Referatsleiter Wolfgang Schreck arbeiten derzeit an einer Vorlage dafür, die im November zur Diskussion und Genehmigung in die Fachausschüsse gehen soll.

An Grundschulen mehr Fachkräfte

Demnach wird es an Grundschulen künftig statt bisher 15 nur noch elf Stellen inklusive Teamleitung geben, alle unter Regie der freien Träger, die ohnehin in der OGS-Betreuung der Schulen aktiv sind, also Awo, Caritas, Evangelischer Kirchenkreis und Falken.

Eva Kleinau hat den Sozialdienst Schule mit aufgebaut undwar bis zum Sommer Teamleitung. Jetzt leitet sie die Abteilung Jugendhilfe Schule.
Eva Kleinau hat den Sozialdienst Schule mit aufgebaut undwar bis zum Sommer Teamleitung. Jetzt leitet sie die Abteilung Jugendhilfe Schule. © Unbekannt | Funke Foto Services GmbH






In weiterführenden Schulen waren bisher ebenfalls 14 Stellen plus Leitung angesiedelt für den Sozialdienst Schule. Künftig sollen es nur noch zwölf sein, alle in städtischer Trägerschaft. Dass es so viele sind, liegt an den aufgestockten Mitteln der Stadt dafür. Die Planung reicht – entsprechend den Landesmitteln – bis Ende 2020.

Fokus künftig auf Haupt- und Realschulen

„Es sind weniger Mitarbeiter als zuvor und deshalb können wir nicht mehr überall sein“, erklärt Eva Kleinau das Dilemma. Zum Leidwesen der Gymnasien. Den Fokus wolle man künftig bei den weiterführenden Schulen auf Haupt- und Realschulen legen. Und dabei vor allem Kinder und Jugendliche mit langen Fehlzeiten in der Schule im Blick haben. „Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen langen Schulabwesenheiten und Schulabgang ohne Abschluss“, weiß Wolfgang Schreck.

Bisher allerdings ist es für den Sozialdienst Schule schwer möglich, überhaupt frühzeitig einzugreifen. Weil die Fehltage nicht zeitnah dokumentiert und gesammelt werden. „Wir wollen ein System entwickeln, damit wir von den Schulen früh erfahren, wenn ein Schüler langfristig nicht zur Schule kommt. Oft gibt es familiäre Gründe, muss der Betreffende zum Beispiel daheim Geschwister versorgen, weil das sonst niemand kann. Oder die Eltern sind krank oder es gibt andere Probleme. Da wollen wir eingreifen“, erklärt Eva Kleinau.



Grundschüler können sich oft nicht konzentrieren

Tatsächlich hat der letzte Bericht des SDS vom März 2018 gezeigt: Während an Grundschulen mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Sozialkompetenz der Hauptanlass für die Einbindung des Sozialdienstes Schule sind, sind an weiterführenden Schulen unregelmäßiger Schulbesuch und fehlende Motivation der Hauptbetreuungsanlass für den SDS. Besonders betroffen sind davon Schüler der Jahrgänge acht und neun. Und gerade Ihnen droht in der Folge das Scheitern beim Schulabschluss.

Hauptziel ist eine gute Bildungsbiografie für jedes Kind




Lange Fehlzeiten und fehlender Schulabschluss:Dieser Zusammenhang ist nachgewiesen.
Helge Hoffmann

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Schulabgänger ohne Abschluss
seien ein großes Problem in Gelsenkirchen, dem man entgegenwirken wolle, betont Schreck. Und das Phänomen trete hauptsächlich an Hauptschulen und Realschulen auf. Auch der Zusammenhang zwischen fehlendem Schulabschluss und späterer Arbeitslosigkeit sei nachgewiesen, erklärt er. Dem wolle man so früh wie möglich etwas entgegensetzen.

Für Eva Kleinau steht fest: „Hauptziel der Arbeit des Sozialdienstes Schule ist eine gute Bildungsbiografie für jedes Schulkind – mit Schulabschluss. Wir wollen Bildungsungerechtigkeit entgegenwirken. Zu rund 50 Prozent stammen die betreuten Schülerinnen und Schüler aus Haushalten im Hartz IV-Bezug, viele Eltern der betreuten Kinder haben selber keinen Schulabschluss oder keine Berufsausbildung absolviert.“ Nicht selten, so haben SDS-Mitarbeiter festgestellt, sind Eltern bei der Strukturierung des Alltags überfordert, kommen Schüler deshalb morgens zu spät oder haben nicht alle Bücher oder Aufgaben dabei. Auch dabei leistet der SDS Unterstützung. Mit Tipps, aber auch mit einem eigens entwickelten Familienkalender für alle Termine, der beim Strukturieren helfen kann.

25 zusätzliche Fachkräfte helfen an Grundschulen

Diplom-Psychologe Wolfgang Schreck  leitet das Referat Erziehung und Bildung bei der Stadt. Er plant den Aufbau eines Meldesystems  mit, bei dem Schulen Heranwachsende mit langen Fehlzeiten frühzeitig und regelmäßig melden, damit der Sozialdienst Schule eingreifen kann.
Diplom-Psychologe Wolfgang Schreck leitet das Referat Erziehung und Bildung bei der Stadt. Er plant den Aufbau eines Meldesystems mit, bei dem Schulen Heranwachsende mit langen Fehlzeiten frühzeitig und regelmäßig melden, damit der Sozialdienst Schule eingreifen kann. © Unbekannt | Unbekannt

Im Bereich der Grundschulen rechne man nicht mit großen Problemen wegen der Stellenreduzierung, so Kleinau. Dort sei die Versorgung gut, auch weil die Schulaufsicht hier 25 zusätzliche Stellen für Fachkräfte für die Schuleingangsphase genehmigt habe, die auch eingestellt werden konnten, tritt Kleinau Bedenken entgegen.



Ohnehin arbeiteten alle Hilfeeinrichtungen für Schüler in der Stadt vernetzt, vom SDS über die Sozialarbeiter an Schulen bis hin zu Mitarbeitern der Jugendhilfe. Der SDS spreche mit Eltern, Schule und Schülern, die Jugendhilfe halte vor allem Kontakt zur Familie, die klassischen Schulsozialarbeiter sind in der Schule selbst aktiv – und alle sprechen auch miteinander.

An den Gesamtschulen in der Stadt werden übrigens die allein vom Land getragenen Sozialarbeiterstellen in diesem Schuljahr noch von zwei auf drei Stellen aufgestockt, an der Sekundarschule Hassel von einer auf zwei.

>>>Info: Kontinuität langfristig bestraft

Dass Gelsenkirchen weniger Geld bekommt als andere Kommunen liegt daran, dass hier bei der Erstverteilung der Bundesmittel das Geld auf einen längeren Zeitraum gestreckt wurde, um Kontinuität in der sensiblen Arbeit gewährleisten zu können.

Das wurde der Stadt zum Verhängnis. Als das Land einstieg, wurde als Bemessungsgrundlage für den Landeszuschuss der Mitteleinsatz im Jahr 2013 zugrunde gelegt.