Gelsenkirchen. . Der Rat der Stadt Gelsenkirchen will alles tun, um die Taktung der 302 aufrecht zu erhalten – trotz negativer Auswirkungen für den Autoverkehr.

Es klingt schon ein bisschen paradox: Da überlegt sich die Politik, wie sie die Attraktivität des ÖPNV steigern kann, führt bei der Straßenbahnlinie 302 den Fünf-Minuten-Takt ein – und was ist das Ergebnis für den Straßenverkehr? Mehr Staus, mehr Lärm, mehr Emissionen. „Trotz des Fünf-Minuten-Taktes gibt es Menschen, die zur spät zur Arbeit kommen“, beklagte Sascha Kurth (CDU) in der Ratssitzung am Donnerstag.

Doch wie kann das sein? Das Hauptproblem ist, dass es an verschiedenen Punkten eine sogenannte Vorrangschaltung für die Straßenbahn gibt. Heißt: Die Bahn darf zuerst fahren, während die Autofahrer länger auf rotes Ampellicht starren müssen. Sich bildende Staus sind die logische Folge. An zwei Kreuzungen der Kurt-Schumacher-Straße taucht dieses Problem besonders auf: an der Emil-Zimmermann-Alle am Berger See und an der Florastraße.

Ohne Vorrangschaltung für die Bahn geht es nicht

Stadtbaurat Martin Harter.
Stadtbaurat Martin Harter. © Martin Möller

Genau diese Vorrangschaltung sei für einen erfolgreichen Fünf-Minuten-Takt aber unabdingbar, erklärte Stadtbaurat Martin Harter: „Wenn wir die aufgeben, fährt die zweite Bahn quasi auf die erste auf.“ Zumindest könnte häufiges Warten zu diesem Phänomen führen. Damit wäre der Effekt eines Fünf-Minuten-Takts verpufft.

Kein Lösungsansatz in Sicht

Gegenüber der WAZ machte Harter das Dilemma am Freitag noch einmal deutlich: „Wenn die 302 öfter fährt, brauchen wir für die Bahnen mehr Grünphasen. Die Minute hat aber nun mal nur 60 Sekunden. Also fallen die Grünphasen für Autofahrer kürzer aus.“ Eine Lösung hat er indes nicht: „Mir fällt spontan kein Ansatz ein.“

Solche Lösungen zu finden war Teil eines Antrags der CDU-Fraktion, der dem Rat vorlag. Er wurde mit den Stimmen der SPD abgelehnt. Dazu erklärte Sascha Kurth am Freitag: „Dass die SPD, entgegen allen anderen Vertretern im Rat, sich der Einsicht verweigert, dass wir hier Probleme haben, die gelöst gehören, ist ein Schlag ins Gesicht aller Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich jeden Tag durch den Verkehr quälen.“

Mehr Fahrgäste, aber nicht mehr verkaufte Tickets

Einig waren sich alle, dass man alles versuchen sollte, die enge Taktung über den geplanten Zeitraum fortzuführen. Stand jetzt endet der Fünf-Minuten-Takt mit der Fertigstellung der Baustelle Uferstraße (neue Hafenmundbrücke). Bei Enthaltung der CDU stimmte der Rat für das SPD-Papier. Die Verwaltung muss nun zeitnah den Verkehrsausschuss informieren, welche Möglichkeiten einer Taktverdichtung (auch 7,5-Minuten als Überlegung) es gibt und welche Kosten damit verbunden sind.

In der Ratssitzung wurde auch deutlich, dass der Fünf-Minuten-Takt bisher nur teilweise ein Erfolg ist. Das Ergebnis: Es fahren mehr Menschen mit der 302 – das große Aber: Es wurden nicht mehr Tickets verkauft. Klaus Haertel, SPD-Fraktionsvorsitzender, fasste die Erkenntnis zusammen: „Die, die eine Dauerkarte haben, fahren öfter. Aber die, die sonst mit dem Auto fahren, haben wir noch nicht zum Umsteigen bewegen können.“