Gelsenkirchen. . Bis zu 400 Jobs sollen in Gelsenkirchen ab 2019 besetzt und finanziert werden. Die Erwartungen sind groß. Doch noch sind viele Fragen offen.

Ende 2018, schätzt der Gelsenkirchener Sozialdezernent Luidger Wolterhoff, soll die Gesetzgebung für einen sozialen Arbeitsmarkt abgeschlossen sein. Gerade in Gelsenkirchen, so Oberbürgermeister Frank Baranowski, sei „die Erwartungshaltung natürlich groß“. Doch im Vorfeld zeichnet sich für ihn ab: „Die Rahmenbedingungen stellen sich komplizierter da als erhofft.“ Ebenso sei die Diskussion über den Personenkreis, der profitieren könne, noch nicht abgeschlossen.

Auf Landesebene das Thema neu durchdekliniert

Politik, Verwaltung, Kirchen, Jobcenter und Verbände waren mit ihrem „Gelsenkirchener Appell“ an Land und Bund vor einem guten halben Jahrzehnt Vorreiter für einen sozialen Arbeitsmarkt. Der Ansatz, mit öffentlicher Finanzierung Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, hat die Gelsenkirchener Sozialpolitik seither mit wechselnden Verhandlungspartnern beschäftigt. Vor allem auf Landesebene musste das Thema nach dem Regierungswechsel neu durchdekliniert werden. Auch im Frühherbst 2018 ist die Umsetzung noch offen.

Coaching-Maßnahmen oder Anleiter soll es geben

Bis zu 400 Stellen sollen in Gelsenkirchen finanziert werden können, rechnet Wolterhoff. Theoretisch. Beispielsweise ist fraglich, ob Einzelfälle oder Bedarfsgemeinschaften profitieren, ob Langzeitarbeitslose nach fünf oder sieben Jahren Leistungsbezug (Hartz IV) innerhalb der letzten sechs beziehungsweise acht Jahre berechtigt sind, am Programm teilzunehmen, ob Coaching-Maßnahmen oder Anleiter finanziert werden. Letztere würde Wolterhoff begrüßen, ebenfalls eine Fünf-Jahres-Regelung. „Für mich ist das die bessere Variante. Das würde den Personenkreis deutlich verändern.“

Die Grundidee: Arbeitsverhältnisse werden für zwei Jahre vom Jobcenter zu 100 Prozent gefördert, danach gestaffelt – 3. Jahr 90 Prozent, 4. Jahr 80 Prozent usw.

Auf Kosten des Gelsenkirchener Stadt-Etats

Die nächste ebenso offene wie entscheidende Frage lautet für den OB, ob der „Bundesgesetzgeber den Mindestlohn oder den untersten Tariflohn im Gesetz festschreiben wird. Mein Eindruck ist, dass sich der Mindestlohn durchsetzen wird. Doch das wird unser Personalrat nicht mittragen“, glaubt Baranowski. Was bei Privaten möglich wäre, nämlich Beschäftigungsverhältnisse zu unterschiedlichen Konditionen, ist im Konzern Stadt – mit seinen Töchtern wie Gelsendienste – oder auch bei freien Trägern der Wohlfahrtspflege eher ausgeschlossen.

Quartiersmeister oder Servicekräfte in Grünflächen

„Wir müssen Tariflohn nehmen. Offen ist, wo das Geld für die Differenz dann herkommt.“ Die Antwort gibt der OB gleich selbst: „Im Zweifelsfall aus dem städtischen Haushalt.“ 1,24 Millionen Euro wurden vorsichtshalber vorgesehen. Der Sozialdezernent schätzt, dass 80 bis 100 „Arbeitsplätze privatwirtschaftlich platziert“ werden können. Ziel sei es, mit dem sozialen Arbeitsmarkt im Januar zu beginnen. „Ende 2019 wollen wir die 400 Stellen zusammen haben“ – als Quartiersmeister, Servicekräfte in Grünflächen, für Helfertätigkeiten. „Wir reden hier eindeutig nicht über Fachkräfte.“

Mögliche Kandidaten für den sozialen Arbeitsmarkt

Grob rechnet der Sozialdezernent mit 3000 bis 4000 möglichen Kandidaten in Gelsenkirchen für einen sozialen Arbeitsmarkt. „Es ist nicht das Problem, dass die Menschen nicht wollen. Aber es wird Menschen geben, die manches nicht können“, für die sei selbst ein niederschwelliges Arbeitsangebot nicht leistbar.