Gelsenkirchen-Buer. . Am Bergmannsheil wurden zwei Druckkammern eröffnet. Mit der 1,5 Millionen teuren Investition will NRW-Ministerium eine Versorgungslücke schließen
Ein wenig erinnert das Szenario an die Kommando-Brücke im Raumschiff Enterprise: Mit Joystick, bunten Knöpfen, Mikrofonen und über eine Palette von Bildschirmen kontrollieren und lenken medizinische Mitarbeiter im Bergmannsheil die beiden neuen Druckkammern.
Gestern wurden diese im Bergmannsheil durch den NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales offiziell eröffnet, der sich freute, mit der 1,5 Millionen Euro teuren Einrichtung eine „Versorgungslücke im westfälischen Landesteil“ schließen zu können, eine, die Notärzte und Feuerwehr bereits seit Jahren beklagen.
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Spätestens ab Dezember, wenn die Schulungen der Mitarbeiter abgeschlossen sind, werden im Bergmannsheil 24 Patienten gleichzeitig behandelt werden können. „Notfallpatienten mit einer Kohlenmonoxidvergiftung, einer Luft- oder Gasembolie oder einer Gasbrandinfektion werden hier ebenso behandelt wie Taucher“, erklärt der leitende Oberarzt Clemens Henze. „Hinzu kommen ambulante Patienten, die unter schweren chronischen Wundheilungsstörungen wie dem diabetischen Fußsyndrom leiden.“
365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag
365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag werden die beiden Kammern geöffnet sein. „Neben Murnau in Bayern sind wir die einzige Klinik in Deutschland mit zwei Kammern und dieser Rund-um-die-Uhr-Versorgung“, ergänzt Georg Rinneberg, Abteilungsleiter am Bergmannsheil, oder wahlweise auch „HBO-Aktivist“, wie er sich selber nennt.
Seit den 90er Jahren beschäftigt er sich mit der HBO, hat das bislang einzige deutschsprachige Lehrbuch zur Hyperbarmedizin initiiert und mitherausgegeben. Überzeugt von dieser Therapieform ist er seit 22 Jahren.
HBO hat in Deutschland keine Lobby
Nach sieben Operationen gipfelte das Schicksal eines Patienten in einer Oberschenkel-Amputation. Die Wunde wollte nicht, wie schon vorher, zuwachsen. Nach einigen Druckkammerfahrten schloss sich die Wunde allerdings.
„Die HBO hat in Deutschland keine Lobby“, sagt er und fordert mehr Studien zu dem Themenkomplex. 1996 habe es in Deutschland 27 000 Amputationen gegeben, heute seien es 60 000. „In anderen Ländern sinken die Zahlen“. Auch weil die Heilung mit Sauerstoff dort zum Standard-Repertoire gehöre.
Erste Anfragen der Feuerwehr
Der unter Überdruck eingeatmete reine Sauerstoff bewirkt, dass Gewebe deutlich besser mit Sauerstoff versorgt werden. „Dies fördert die Heilung in Wunden oder Knochen sowie das Wachstum kleiner Blutgefäße“, erläutert Clemens Henze. Der Anästhesist, Notfall- und Intensivmediziner leitete zuletzt das Druckkammerzentrum im Klinikum Ludwigsburg.
Das Druckkammerzentrum, in dem parallel Patienten in Intensiv-Betten, auf Liegen oder im Sitzen behandelt werden können, sei eine tolle Ergänzung zum Traumazentrum. Wie wichtig die Einrichtung für NRW und das Ruhrgebiet ist, hat man am Bergmannsheil bereits erfahren: Am Dienstag hat die Feuerwehr Dortmund angefragt, ob sie Patienten mit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung vorbeibringen könne.