Gelsenkirchen/Essen. Sie sollen beschützen und werden immer wieder selber zur Zielscheibe: Polizisten werden in Gelsenkirchen, Essen und anderen Städten angegriffen.
Eine 14-Jährige spaziert durch eine Grünanlage in Gelsenkirchen-Ückendorf, fühlt sich von einem 36-jährigen Mann belästigt, der sie zunächst verfolgt und sie dann nach ihrem Namen fragt. Der Jugendlichen wird zunehmend unwohl, sie alarmiert die Polizei. Eine Streifenwagenbesetzung spricht den Mann an, will ihn kontrollieren. Was dann nach Auskunft der Gelsenkirchener Polizei passiert ist, ist gleichermaßen erschütternd wie alltäglich:
Der Verdächtige schlägt mit einem Stock auf die Polizisten ein, greift nach einer der Polizei-Dienstwaffen, bekommt sie aber nicht zu greifen. Durch Kopfstöße und Faustschläge werden die Beamten an Kopf und Oberkörper verletzt. Erst danach gelingt es den Polizisten, den Mann zu fixieren und in Gewahrsam zu nehmen. Bei seiner Durchsuchung finden die Beamten unter anderem mehrere Messer.
Angriff auf Polizisten in Essen
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Ein ähnlicher Fall spielt sich in der Nachbarstadt Essen ein paar Tage zuvor ab. "Null-Toleranz" gegenüber Clan-Kriminalität und Respektlosigkeit hat das NRW-Innenministerium vor geraumer Zeit ausgerufen. Bekannte Umschlagsplätze sollen stärker in den Blick genommen und verdächtige Personengruppen durch häufige Kontrollen gegängelt werden. Das Kalkül dahinter: Wenn man den Kriminellen oft genug auf die Füße steigt, dann ziehen sie irgendwann entnervt weiter.
Mit dieser Universal-Strategie im Hinterkopf entscheiden sich zwei Polizisten in Essen einen jungen Mann zu kontrollieren, der die Beamten zuvor durch respektloses Verhalten (Polizisten geduzt) provoziert hat. Statt seines Personalausweises präsentiert er der Polizistin seine Kampfkünste. Er tritt und schlägt nach den Beamten. Später attackiert auch ein weiterer, an der Rangelei vorher nicht beteiligter Mann die Polizistin.
Alle 30 Minuten wird ein Polizist in NRW attackiert
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Diese beiden Taten sind keinesfalls Ausnahmen. „Alle 30 Minuten wird in NRW ein Polizist oder eine Polizistin verbal oder körperlich angegriffen“, erklärte Arnold Plickert, Vizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), vor einigen Wochen. Zahlen des Landeskriminalamtes stützen diese Aussage. Demnach sind im vergangenen Jahr deutlich mehr Polizisten in NRW Opfer von Gewalt geworden als im Jahr davor. Die Zahl der Opfer stieg um fast acht Prozent auf insgesamt 18.039. Zwischen 2010 und 2017 lag die Steigerung sogar bei 90 Prozent.
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Während die Gewaltdelikte in der Gesamtgesellschaft den Kriminalstatistiken zufolge abnimmt, steigt die Zahl der Angriffe auf Polizisten drastisch. Bei den Verstößen handelt es sich laut Bilanz um Schläge, Schubsereien, Tritte oder Angriffe mit Gegenständen. Was der Polizei bei der Entwicklung besonders Sorge bereitet, ist die Brutalität der Täter, die selbst bei Polizisten nicht mehr davor zurückschrecken, ein Messer zu ziehen. Die Gewerkschaft fordert Haftstrafen für Täter, die auf Polizisten losgehen. Es gebe zwar bereits einen neuen Straftatbestand, erklärt die Polizeigewerkschaft, der werde aber noch nicht intensiv genug von den zuständigen Gerichten umgesetzt.
So wurde der Angreifer aus dem Gelsenkirchener Park auch einen Tag nach der Attacke auf das die beiden Polizisten wieder auf freien Fuß gesetzt. "Nach Rücksprache mit den zuständigen Justizbehörden konnte er das Gewahrsam wieder verlassen. Den Beschuldigten erwarten Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte", erklärt Polizeisprecher Thorsten Sziesze und ergänzt: "In Gelsenkirchen wurden Polizisten im vergangenen Jahr 137 mal angegriffen. 2016 waren es auch bereits 132 Fälle. Die zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Polizisten und anderen Helfern ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das wir lösen müssen."
Weitere Angaben zu dem 36-Jährigen Polizei-Angreifer, der offenbar mit mehreren Messern bewaffnet durch Ückendorf spazierte, kann Thorsten Sziesze mit Blick auf die laufenden Ermittlungen nicht machen. Immerhin ist einer beiden angegriffenen Polizisten bereits wieder im Streifendienst. Der zweite Beamte ist indes noch krankgeschrieben.