Gelsenkirchen. . In London schlichtet ein „Night Mayor“ zwischen der Club-Szene und genervten Nachbarn. Das Modell ist cool und ausbaufähig, glauben Gastronomen.
Amsterdam hat einen „Night Mayor“, London auch. In Mannheim kommt die Idee wunderbar an: 16 Bewerber haben sich gemeldet, die in Zukunft als Nachtbürgermeister zwischen feierfreudiger Club- und Gaststättenszene und genervten Anwohnern vermitteln wollen.
„Coole Idee“, sagt Erwin Wilms, Inhaber der Rosi an der Weberstraße. Auch Christoph Klug vom Lokal ohne Namen und Domgold in Buer ist begeistert. In Gelsenkirchen sind es allerdings nicht nur nölende Nachbarn, die den Gastronomen das Leben schwer machen. „Das Angebot ist nicht so vielfältig wie in anderen Städten“, sagt Wilms und verweist auf Holland, wo sich nachts sogar in kleinen Orten viel Leben auf der Straße abspielt. „Arbeitskollegen berichten, dass sie am Wochenende in Oberhausen, Bottrop und Bochum unterwegs waren“, erzählt Willi Wessels vom Stadtmarketing. Aber eben nicht in Gelsenkirchen. „Wieso funktioniert in Bochum das Bermuda-Dreieck und in Gelsenkirchen rückt nach 22 Uhr sofort die Polizei wegen Lärmbelästigung an?“, fragt Christoph Klug.
Vor Ort auch eine Lärm-Messung durchführen
„Natürlich muss die Polizei bei Beschwerden ausrücken“, meint Roman Milenski von den Insane Urban Cowboys. Aber eigentlich müsse sie dann vor Ort auch eine Lärm-Messung durchführen, um zu kontrollieren, ob die gesetzlichen Vorschriften wirklich nicht eingehalten werden. „Tut sie aber nicht. Eine Diskussion darüber wird erst gar nicht geführt.“
Erwin Wilms setzt bei seinen Überlegungen zu einem Nachtbürgermeister auf weitere Unterstützung jenseits der Moderation im Quartier: Kommunikation mit der Verwaltung, um Eröffnungen zu erleichtern. Veranstaltungs-Management wie die Wiederbelebung des „Gelsen City Sounds“.
„Das Quartier muss sich dem Leben unterordnen“
„Wir müssen eine klare Rechtsgrundlage schaffen, einen Diskurs führen, dass Kultur, Gastronomie und Kunst wie früher wieder bis sechs Uhr morgens gefeiert werden dürfen“, fordert Roman Milenski. „Das Quartier muss sich dem Leben unterordnen“, Kulanz und Konsens seien nicht zielführend. Milenski möchte urbane Gebiete ausgewiesen haben, in denen zum Beispiel gesetzlich geregelt ist, dass es durchaus etwas lauter sein darf.
Diese Ideen sind zwischenzeitlich auch zu Stadtbaurat Martin Harter durchgedrungen. Ob man die Stelle nun Nachtbürgermeister oder City-Manager nennt, das sei unerheblich. „Über die Ausschreibung kann man die Aufgaben klar definieren“, sagt Harter. Für die
buersche City hat die Stadt in diesem Jahr 50 000 Euro in den Etat eingestellt. Es fehle zur Zeit noch ein privater Investor, der die andere Hälfte bezahlt.
Für Gastronomie gute Rahmenbedingungen schaffen
Urbane Gebiete seien in der Verwaltung ebenfalls ein Thema. „Für den Bereich Buer prüfen wir ein solches Vorhaben bereits“. Und auch in Ückendorf könnte man ein Gebiet über den Bebauungsplan definieren, der eine höhere Lärmbelästigung erlaubt. „Wir müssen für die Gastronomie gute Rahmenbedingungen schaffen“, meint auch Willi Wessels, denn: „Eine gute Kneipenstruktur ist für das Überleben der Innenstadt wichtig.“
>> Größere Flexibilität in urbanen Gebieten
Urbane Gebiete sollen den Kommunen eine größere Flexibilität einräumen. Urbane Gebiete dienen dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen. Urbane Gebiete wurden im April 2017 von der Bundesregierung in die Baunutzungsverordnung eingeführt.
Zusätzlich wurde die Richtlinie TA Lärm, die Richtwerte der zumutbaren Lärmbelastung, so angepasst, dass in Urbanen Gebieten ein Immissionsrichtwert von 63 Dezibel gilt – im Vergleich zu den bisherigen 60 Dezibel in Kern- oder Mischgebieten