Gelsenkirchen-Ückendorf. . An der Bochumer Straße beginnt Donnerstag das „Virtual Reality Festival“. Es bietet Einblicke und Platz für Spieler, Start-ups, Macher und Nutzer.

An der Bochumer Straße geht es über schwankende Planken, an tiefe Abgründe oder durch entkernte Altbau-Räume. Hautnah, erstaunlich realistisch und doch nicht wirklich. Das Viertel wird vier Tage lang vom 19. bis zum 22. April zum Spielort für VR, für Virtuelle Realität. In einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung vermischen sich die Realitätsebenen anzahlreichen Gaming-Stationen bei „Places“, dem ersten „Virtual Reality Festival“ in Gelsenkirchen.

„Places“ ist dabei mehr als ein Dorado für Spieler. „Wir wollten ein breites Programm für diverse Zielgruppen bieten – VR-Experten und Laien, Macher und Nutzer“, erklärt Festivalleiter Matthias Krentzek. „So entsteht schließlich ein Festival-Charakter. Es ist ein Ort für Begegnung, Austausch und Erlebnis.“ Das Angebot sei einmalig – und macht die Stadt auch ein wenig sexy für eine junge Zielgruppe, die sonst eher in bei VR Richtung Düsseldorf, Hamburg oder auch Hannover blickt.

Aus 1500 Fotos Livebild generiert

Im V-Room an der Bochumer Straße läuft Montag eine kleine, virtuelle Demonstration, die zeigen soll, was möglich ist: Das Spezialbrillen-Display vor Augen, geht es durch das Erdgeschoss im „Haus Reichstein“. Ein Paar Hausnummern weiter steht das vom Verfall gezeichnete Gebäude mit der einst stolzen Fassade, das im Zuge des Stadtumbaus an der Bochumer Straße 114 vom Land gefördertes Modellhaus für die Sanierung des Viertels werden soll. Virtuell durchmessen Besucher das Erdgeschoss, schauen auf aufgebrochene Wände, staubige Böden, Mauerwerk. Aus 1500 Fotos wurde das Livebild generiert. Zusätzlich wurde am „Computer einige Nächte gerechnet“, sagt Krentzek. Das Ergebnis ist bemerkenswert. „Die Technik wird gerade massentauglich und günstiger. Vor drei Jahren gab es sowas in dieser Qualität noch nicht. Und wenn, dann kostete es so viel wie ein Kleinwagen.“

Start-ups und Universitäten stellen die Technik

Start-ups und Unis bringen die Technik zum Festival mit, „wir bieten die Räume“, sagt der Festivalleiter. Von der Bochumer 99 bis hoch zur Hausnummer 142 werden alte Ladenlokale, aber auch Wohnungen bespielt, dazu die alte Kutschenwerkstatt und auch, als Workshop-Ort, der Wissenschaftspark ist dabei. „Wir zeigen die Bandbreite, die wir vor Ort haben“, sagt Roman Milenski, Pressesprecher der Insane Urban Cowboys, jenem Vor-Ort-Netzwerk von Künstlern und jungen Kreativen, die als Veranstalter fungieren.

Die städtische Wirtschaftsförderung, fast 30 Projektpartner, auch der Medienriese „Huawei“ unterstützen die „Places“-Premiere. „Es ist das erste Mal. Das kann ja nur gut werden“, findet Milenski. Wobei er Erfolg nicht am Besucherstrom festmachen mag. „Entscheidend wird nicht sein, ob es ein paar hundert oder tausend Leute sind. Wichtig ist, das Thema in den Köpfen zu verankern, zu zeigen: Was ist modern, was hatten wir noch nicht, was ist zukunftsträchtig?“

Mit kleinem Geld Dinge bewegen

Letztlich geht es den „Cowboys“ auch darum, Ückendorf nach vorne zu bringen. „Das ist ja unser Ding, eher subversiv und mit kleinem Geld Sachen anzustoßen.“ Für Milenski ist die „Bochumer Straße vielleicht eines der spannendsten Quartiere im Ruhrgebiet“, das mittlerweile auch durch die Stadterneuerungsgesellschaft einen deutlichen Wandel erlebt. Die No-Go-Area-Diskussion der Vergangenheit sei dabei weder hilfreich noch angemessen gewesen. Das Problem längs der Bochumer Straße, findet er, sei nicht die Sicherheit, sondern „die Verödung“ und der Verfall der Bausubstanz“. Zumindest virtuell wird sich das am Wochenende ändern.

„Places“ – das sind 30 Spielstationen an 18 Orten

Vier Tage vom 19. bis zum 22. April, 18 Orte, 25 VR-Macher und über 30 Gaming-Stationen – das ist Places 2018, Deutschlands erstes Festival für Virtual Reality, das kostenlos neue Dimensionen erlebbar machen soll.

Während der Donnerstag sich vor allem an Business-Publikum richtet, steht die erste Hälfte des Freitags (20. April) im Zeichen von Experten-Vorträgen aus Forschung, Anwendung und der Branche. So stellen Mediziner beispielsweise den Einsatz von VR in der Demenztherapie vor. Ab Freitagnachmittag werden dann bis zum Sonntag überall rund um die Bochumer Straße (Info-Point: Bochumer Straße 109) diverse Gaming- und Erlebnisstationen bereitstehen, an denen das breite Publikum diverse VR-Games und -Anwendungen spielen und testen kann.

Als ein Highlight startet am Freitag auch der 24- Stunden-Hackathon, bei dem die Teilnehmer eine neue VR-Anwendung entwickeln werden. Spielorte und Programm www.places-festival.de/programm