Gelsenkirchen. . 11 000 Schachtdeckel bestücken die Mitarbeiter mit Giftködern. Das ist jährliche Routine im Frühling. Die nächste große Schlag folgt im Herbst.
- Bei der Stadttochter Gelsenkanal läuft derzeit eine Aktion zum Kampf gegen Ratten
- Rund 11000 Kanalschächte werden in ganz Gelsenkirchen mit Giftködern gegen die Nager versehen
- „Wir haben keine Rattenplage“, sagt Kanalmeister Rolf Pospiech. Die Frühjahrsaktion sei Routine
Die Stadttochter Gelsenkanal rückt derzeit verstärkt aus, um Ratten den Garaus zu machen. „Eine Rattenplage gibt es in Gelsenkirchen nicht“, sagt Kanalmeister Rolf Pospiech, der als Sachgebietsleiter für das Kanalnetz zuständig ist, „wir haben auch kein Rattenproblem.“ Dass jetzt mithilfe einer Fremdfirma fast 11 000 Kanalschächte mit Giftködern gespickt werden, sei jährliche Routine. Eine weitere Großaktion sei jeden Herbst geplant, dann werden immerhin noch über 5000 Schächte mit Ködern versehen.
Für die Fachleute heißt die Rattenjagd „Tötung von Wirbeltieren“, wie im Tierschutzgesetz, und sie ist stark reglementiert. Nur mit einer Genehmigung des Veterinäramts und nach einem Fortbildungskurs dürfen die Mitarbeiter von Gelsenkanal Ratten töten. „Wir kümmern uns um alles, was unterirdisch ist, im Kanal“, sagt Pospiech. Haben die Nager jedoch erst einmal die Oberfläche erreicht, müssen sie andere fangen oder umbringen, etwa Gelsendienste auf Spielplätzen und in Parks oder Hauseigentümer auf ihrem eigenen Grundstück.
Weggeworfene Lebensmittel locken die Tiere an
Wie viele Ratten tatsächlich in der Unterwelt von Gelsenkirchen leben, diese Prognose wagt Rolf Pospiech nicht. Inzwischen bekomme man die Tiere aber gut in den Griff. Dennoch verlassen immer mal wieder einige Nager die Kanalisation, die Schuld daran trägt meistens der Mensch. „Ratten sind Allesfresser, Fleisch, Fisch, Brot, sie fressen alles und kommen natürlich dorthin, wo sie einen gedeckten Tisch vorfinden.“ So ziehen wilde Müllkippen die Tiere an, auch Brot, das vom Vögelfüttern liegengeblieben ist, ebenso Stullen, die achtlos in Büsche geworfen werden oder Bratwurst, wenn nach dem Grillen nicht richtig aufgeräumt wird. Wer falsch mit seinen Lebensmitteln und mit Müll umgehe, der locke schnell ungewollt Ratten an. „Eintopf in die Toilette zu schütten, ist eine schlechte Idee“, findet Pospiech. Nicht, weil die Ratten dann unterm Klodeckel lauern, sondern weil der Eintopf dann die Nager im Kanal ernährt. „Eine Schrottimmobilie ist für Ratten aber nicht auffälliger als ein schönes Wohnhaus“, sagt der Fachmann.
„Wir bekämpfen Ratten, weil eine potenzielle Gefahr von ihnen ausgeht“, durch Kot, den Biss oder einen Floh kann man sich mit Krankheiten infizieren. Doch der Kanalmeister habe seit inzwischen 17 Jahren, in denen er in Gelsenkirchen arbeitet, noch von keiner solchen Infektion erfahren, „und noch niemand ist von einer Ratte angefallen worden“. Denn die Tiere seien, weiß Pospiech, äußerst scheu. Deshalb tötet Gelsenkanal sie in Absprache mit Gelsendienste und mit den Nachbarstädten auch hinterlistig, mit vergifteter Nahrung. Der Wirkstoff, derzeit Brodifacoum, wird oft gewechselt, damit die Tiere nicht resistent werden.
Die Ratten verbluten innerlich
Da Ratten intelligent sind, dürfen die Fraßköder nicht sofort wirken, sondern erst nach einigen Tagen. Denn liegt ein toter Artgenosse neben dem Köder, würden sie die Todesnahrung nicht mehr anrühren. Weil sie aber durch das Gift nur langsam, erst nach Tagen, innerlich verbluten, können und sollen sie viele weitere Ratten zu dem vermeintlichen Schmaus führen. Hängt ein Köder erstmal im Kanalschacht, mit Draht an einem Steigeisen befestigt, kontrollieren die Mitarbeiter von Gelsenkanal ihn einmal pro Woche und legen solange einen neuen nach, wie er weiterhin abgefressen wird.
Den Kanaldeckel mit einem Schachthaken zu entfernen, den Schmutzfänger abzunehmen und zwei bis drei Köder zu befestigen, geht für ein eingespieltes Duo ruckzuck, innerhalb weniger Minuten.
Fachmänner rücken ganzjährig aus
Fachmänner rücken dafür aber nicht nur im Frühjahr und Herbst aus, sondern ganzjährig. Gelsenkanal hat unter anderem für den Kampf gegen Ratten sein sogenanntes Servicefahrzeug im Einsatz. Es kommt vorbei, wenn Gelsenkirchener wegen der Tiere Alarm schlagen. „Wir gehen jeder Meldung nach“, sagt Rolf Pospiech.
Besonders viele Anrufe gehen allerdings immer dann ein, weiß der Kanalmeister, wenn im Fernsehen Horrorfilme laufen, in denen riesige, blutrünstige Rattenschwärme über Großstädte und Menschen herfallen. „Diese Filme sollte man verbieten“, sagt Rolf Pospiech und lacht. Er resümiert: „Wir sind seit vielen Jahren bei der Rattenbekämpfung auf einem sehr guten Weg.“