Gelsenkirchen. . Beckenbodenschwäche ist ein Tabuthema. Warum das verhängnisvoll ist und wie sich das ändern kann, ist Thema beim WAZ-Medizinforum in Buer.

  • Bis zu acht Millionen Deutsche sind derzeit von Beckenbodenschwäche betroffen – Frauen und Männer
  • Mögliche Ursachen reichen von schwerem Heben und Übergewicht über Haltungsschäden bis zu Medikamenten
  • Im Beckenbodenzentrum am Sankt Marien Hospital wird interdisziplinär diagnostiziert und therapiert

Das nächste WAZ-Medizinforum gemeinsam mit dem Sankt Marien Hospital Buer am Mittwoch, 3. Mai, im St. Michaelshaus widmet sich einem der wenigen verbliebenen Tabuthemen: der Beckenbodenschwäche. Was klingt wie ein Problem weniger hochbetagter Damen ist in der Realität eine Einschränkung, die fünf bis acht Millionen Deutsche betrifft. Zwar vorwiegend ältere, aber auch junge Menschen, zu zwei Dritteln sind es Frauen. Und es ist ein Phänomen, das sich weiter ausbreiten dürfte. 30 Prozent der Bevölkerung werden bis zum Jahr 2050 davon betroffen sein – die jungen Frauen und Männer von heute.

Gestagene lockern und schwächen die Muskulatur

Beispiel einer Harnblasensenkung, die auf die Beckenbodenmuskulatur drückt.
Beispiel einer Harnblasensenkung, die auf die Beckenbodenmuskulatur drückt. © Thomas Schmidtke

Die Ursachen von Beckenbodenschwäche können sehr unterschiedlich sein. Wie unterschiedlich, wird unter anderem Kerstin Kampkötter erläutern, Oberärztin in der Klinik für Gynäkologie am Sankt Marien in Buer. Sie wird auch erklären, was in Schwangerschaft und bei der Geburt mit dem Beckenboden geschieht, wenn die Muskulatur durch die verstärkte Gestagenproduktion für die Geburt aufgelockert (und damit geschwächt) und danach nicht wieder trainiert wird. „Viele Frauen tun etwas für ihren Bauch. Dabei ist der Beckenboden viel wichtiger“, so Kerstin Kampkötter. Beim Forum wird sie daher auch erklären, warum gerade rund um die Schwangerschaft schweres Heben so dramatische und vor allem langfristige Folgen haben kann.

Ursache können auch Medikamente oder Stress sein

Ursache für Beckenbodenschwäche können aber auch völlig andere Fehlentwicklungen des Körpers sein: Gebärmuttersenkung, Haltungsschäden, eventuell auch durch Osteoporose verursacht, Veränderungen im Darmbereich, Medikamente wie Betablocker, die entspannend wirken und damit auch den Beckenboden lockern, extremer Stress, fehlende Östrogene, wegen denen sich die Schleimhaut zurückbildet, Übergewicht, zu wenig Sport – und noch manches mehr.

Die leitende Oberärztin am Sankt Marien Hospital Buer, Sandra Ihmenkamp,. wird auch medikamentöse Therapien gegen Beckenbodenschwäche vorstellen.
Die leitende Oberärztin am Sankt Marien Hospital Buer, Sandra Ihmenkamp,. wird auch medikamentöse Therapien gegen Beckenbodenschwäche vorstellen. © Volker Wiciok

Am Sankt Marien gibt es deshalb ein Beckenbodenzentrum, das mit niedergelassenen Gynäkologen, Urologen und Koloproktologen zusammenarbeitet. Diese Arbeit und ihre diagnostischen Möglichkeiten werden ebenfalls im Forum vorgestellt. Am Anfang steht – wenn möglich – eine konservative Therapie, bei der mit Hilfe von Physiotherapeuten versucht wird, die Muskulatur zu stärken. Auch Verhaltenstherapie, wenn etwa die Blase überaktiv ist, kann die Probleme lindern helfen. Sandra Ihmenkamp, leitende Oberärztin in der Gynäkologie, wird beim Forum zudem erläutern, welche medikamentösen Therapien es bei Beckenbodenschwäche gibt, wo die Grenzen sind und mit welchen Nebenwirkungen gerechnet werden muss.

Ein Netz kann die Muskulatur stützen

Chefarzt Dr. Adalbert Waida wird schließlich die operativen Therapiemöglichkeiten in seinem Haus vorstellen. Von der Behebung der Ursachen soweit möglich über einen schlichten Ring, der um die Harnröhre gelegt wird, um die Öffnung zu stärken, bis zum Spannen eines Netzes, das die Muskulatur unterstützt. Adalbert Waida leitet am Sankt Marien auch ein Schulungszentrum für Beckenbodenrekonstruktionen für Fachkollegen. Ende April etwa wird ein Team aus Spanien kommen, um sich im Rahmen eines Workshops hier zu dem Thema fortzubilden.

Beim WAZ-Medizinforum am 3. Mai ab 18 Uhr im Michaelshaus wird es wie immer die Möglichkeit geben, nach den Vorträgen auch Fragen zu stellen. Moderiert wird der Abend von WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies.

Anmeldung ab 4. April um 10 Uhr möglich

Im Anschluss an die Veranstaltung lädt das Sankt Marien Hospital die Teilnehmer zu einem kleinen Imbiss, bei dem auch die Gelegenheit besteht, den Experten Fragen unter vier Augen zu stellen.

Die Teilnahme an dem Medizin-Forum ist auch diesmal für WAZ-Leser kostenlos. Dennoch wird aus Planungsgründen um eine Voranmeldung gebeten. Dies ist von Dienstag, 4. April, ab 10 Uhr möglich. Und zwar unter der kostenfreien Festnetz-Rufnummer
0201 804 80 58.