Gelsenkirchen. . Der Ziegenmichel e.V. lädt Schüler mit Migrationshintergrund zu KZ-Besuchen ein. Deren künstlerische Verarbeitung ist im Musiktheater zu sehen.
Klassenfahrt mit Mehrwert: Sie fuhren nicht nach Ameland, sie fuhren nach Auschwitz. Was die 18 Schüler der Gesamtschule Ückendorf dort erlebt und wie sie das Gesehene künstlerisch verarbeitet haben, wird jetzt im Foyer des Musiktheaters im Revier gezeigt. Oberbürgermeister Frank Baranowski eröffnete die Ausstellung mit einer pointierten Rede.
So sagte er: „Die Schüler sind sich bewusst, dass Auschwitz synonym für die Menschheitskatastrophe schlechthin ist.“ Weiter wies er darauf hin, dass die „Erinnerung an die Verbrechen der Nazis eine bleibende Verpflichtung“ sei. Eine Wochenzeitung zitierend mahnte Baranowski: „Rassismus ist wieder salonfähig.“
Auseinandersetzung mit der „Rampe“ als Hausaufgabe
Die Fahrt in das ehemalige Konzentrationslager, heute eine Gedenkstätte, war vom „Ziegenmichel“ organisiert worden. Der Gelsenkirchener Verein, Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband, führt seit zehn Jahren Fahrten zu ehemaligen Konzentrationslagern mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch.
„Die Rampe“, „Koffer“, „Baracke“ oder „Hunger“ – das waren die Begriffe, mit denen sich die Schüler auseinandersetzen sollten, das war ihre „Schulaufgabe“. Sie schossen Fotos und verfassten Texte. Beides ist jetzt vereinigt auf Stelen, die noch bis zum 12. Mai im Foyer des MiR zu sehen sind. Gefertigt wurden sie in den Werkshallen der Bogestra.
Fakten waren den Jugendlichen auch vorher bekannt
Mit der Rampe verbanden die Schüler die bewegenden Worte: „Eine Fahrt im Viehwaggon / wie unbelebte Fracht / manchmal zehn grausame Tage am Stück . . .“. Der Begriff „Willkür“ wurde von anderen Schülern so konnotiert: „Sie machen was sie wollen / es bereitet ihnen Freude / Freude zu quälen . . .“ Bei der Ausstellungseröffnung trugen die Schüler die Texte im Duett vor, teilweise sogar auswendig.
Ganz neu war den Jugendlichen Auschwitz nicht, im Geschichtsunterricht war das „Dritte Reich“ schon Thema gewesen. Das oft beklagte mangelnde Geschichtsbewusstsein unter Jugendlichen – damit sind andere gemeint, nicht die Ückendorfer Gesamtschüler. So sagte die in Gelsenkirchen geborene Merve Tasdemir (18) zur WAZ: „Ich wusste, dass Hitler die Juden umgebracht hat. Das ist Standardwissen. Aber als ich in Auschwitz war, habe ich geweint.“ Und Maruf Özel (19), ebenfalls geborener Gelsenkirchener, meint: „Ich beschäftige mich auch privat mit Geschichte und wusste über die Konzentrationslager Bescheid. Trotzdem hatte ich mir Auschwitz nicht wirklich vorstellen können.“
Ausstellung begleitet Oper „Die Passagierin“
Die Ausstellung läuft im Rahmen des Begleitprogramm zur Oper „Die Passagierin“. Nach Ende der Ausstellung sollen die Werke nicht in der Versenkung verschwinden.