Gelsenkirchen. . Nikolaus Schneider hielt beim Neujahrsempfang der Revierinitiative eine Mutmach-Rede zum „Dennoch-Vertrauen“. Seine Familie ist leidgeprüft.

  • Das Thema „Dennoch-Vertrauen“ zieht beim Neujahrsempfang über 700 Besucher ins Hans-Sachs-Haus
  • Nikolas Schneider spricht beim Neujahrsempfang des Fördervereins Brustzentrum über Mut
  • Chefarzt des Brustzentrums Dr. Abdallah Abdallah lobt hilfreiche Netzwerkarbeit der Revierinitiative

Eine Mutmach-Veranstaltung trotz so viel schwerer Kost war der Neujahrsempfang am Sonntag im Hans-Sachs-Haus. Es ging um die Diagnose Krebs und den Umgang mit der Krankheit. Wie schöpfe ich Mut, wer steht mir zur Seite, wie kann man trotz der erst einmal niederschmetternden ärztlichen Nachricht sein Leben in den Griff bekommen. Viel war von dem „Dennoch-Vertrauen“ die Rede.

Die Arbeit des Fördervereins ist unglaublich wichtig

Barbara Kols-Teichmann, Vorsitzende der Revier-Initiative und Dr. Abdallah, Leiter des Brustzentrums Ruhrgebiet und Chefarzt der Klinik für Senologie im EVK, wiesen darauf hin, wie wichtig die Arbeit des Fördervereins ist. Dass es in Gelsenkirchen ein ganzes, gut funktionierendes Netzwerk von Unterstützern, von Ärzten, von Menschen mit Empathie gibt, die die Frauen begleiten.

Dr. Abdallah schickte ein Dankeschön an die Stadt

 Chefarzt  Dr. Abdallah Abdallah und die Vorsitzende des Fördervereins Revierinitiative, Barbara Kols-Teichmann.
Chefarzt Dr. Abdallah Abdallah und die Vorsitzende des Fördervereins Revierinitiative, Barbara Kols-Teichmann. © Christoph Wojtyczka

Einen großen Dank sprach Dr. Abdallah der Stadt aus, die – wann immer es nötig ist – Unterstützung gewährt, wenn man zum Beispiel eine Veranstaltung durchführen möchte, sagte der Facharzt. Auch Bürgermeisterin Martina Rudowitz wies mit sehr einfühlsamen Worten auf die Dramatik hin, wenn die Diagnose Brustkrebs heißt. Viele Frauen, sagte sie, empfinden die Krankheit als Schmach und Strafe, die Angst werde dann zum ständigen Begleiter. Daher sei die Initiative so viel Wert. Es sei ein Glück für die Frauen, von der Selbsthilfegruppe so unterstützt zu werden.

Eine besondere Auszeichnung bekam in dem Zusammenhang der neunjährige Leo. Er hatte bei dem Brustkrebslauf mitgemacht und war der Schnellste. Dafür wurde der Schalkefan mit einem blau-weißen Schal und einem Pokal geehrt.

Vertrauen wurde in den letzten Jahren Lebensthema

Prallvoll war das Artrium des Hans-Sachs-Hauses beim Neujahrsempfang.
Prallvoll war das Artrium des Hans-Sachs-Hauses beim Neujahrsempfang. © Thomas Schmidtke

Hauptredner war Dr. Nikolaus Schneider, ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands. Er hielt eine sehr bewegende Rede über Hilflosigkeit, Unterstützung, Liebe, Hoffnung, Dankbarkeit und Vertrauen, das gerade in den letzten Jahren für seine Frau und ihn zum Lebensthema geworden ist. Er hat vor zwölf Jahren seine jüngste Tochter verloren, die an Leukämie erkrankt war, kennt alle Höhen und Tiefen der Krankheit Krebs auch deshalb, weil seine Frau an Brustkrebs erkrankt ist.

Zuvor dankte er Dr. Abdullah, der bei seinem Vortrag „einen tiefen Blick in die Seele gewährt hat. Es war eine Botschaft der Bergpredigt von meinem muslimischen Bruder Abdallah“, sagte Nikolaus Schneider. „Wenn man bedenkt, was alles passiert, dann muss man für den Frieden arbeiten“, so Schneider.

Erinnerungen an die Hilfe durch Menschen wach halten

Der Junge Chor  Beckhausen begleitete den Neujahrsempfang.
Der Junge Chor Beckhausen begleitete den Neujahrsempfang. © Thomas Schmidtke

Er beleuchtete das Leben und Sterben, Krankheit und Gesundheit, Hoffnung, Wut, Verzweiflung und das „Dennoch-Vertrauen“ mit viel Lebenskenntnis und viel Empathie und – aus dem Glauben heraus. Menschen seien immer auf der Suche nach Sicherheit, ob wirtschaftlich oder menschlich. Aber die gebe es nicht. Beziehungen könnten zerbrechen und die wirtschaftliche Basis von heute auf morgen weg sein.

Aber genau das sei kein Grund zu verzweifeln. Er zitierte die Theologin und Schriftstellerin Luise Schottroff, die vor ihrem Tod vom Sterbeglück gesprochen hat. Gemeint sei damit, so Schneider, dass sie die Beziehungen zu den Menschen um sie herum noch einmal ganz anders wahrnehmen durfte. Menschen, die sich Zeit nahmen für sie, Menschen, die ihr beistanden. Genau das sei in schweren Zeiten wichtig, dass man sich Zeit nimmt. Nicht die Erinnerung an das Erlittene sei von Bedeutung, sondern die Erinnerung an die Hilfe, die man erfährt. „Absolute Sicherheit ist keine Qualität des Lebendigen.“