Gelsenkirchen. Im Gelsenkirchener Brustzentrum erhalten Patienten Herzkissen und Engel. Eine kleine Geste mit großer Wirkung – Nadine Niggemann erzählt, warum.

  • Im Gelsenkirchener Brustzentrum bekommen Krebspatienten liebevoll gestaltete Herzkissen und Schutzengel
  • Es ist eine Geste gegen Angst und Orientierungslosigkeit, Kissen und Engel geben vielen Halt in dunkler Zeit
  • Engel und Kissen gehen auf eine Initiative von Dr. Abdallah zurück, Spezialist für onko-plastische Chirurgie

Es ist eine böse Angewohnheit des Schicksals, sich gerade dann schlagend zu melden, wenn das Leben ordentlich eingerichtet ist. Bei Nadine Niggemann, heute stolze Mutter zweier munterer kleiner Racker, war es ausgerechnet ihr Geburtstag im Juni vor sieben Jahren, an dem sie die lebensgefährliche Diagnose bekam: Brustkrebs. Dass sie nicht den Halt verlor und ins Bodenlose stürzte, liegt zum einen in ihrer Natur. Die 40-jährige Bochumerin ist ein „lebensbejahender Mensch“, sportlich, eisern, der Typ Frau, dem man(n) das Motto „Aufgeben ist keine Alternative“ sofort zuschreiben würde – eine Macherin.

Barbara Kols-Teichmann, Vorsitzende des Förderverein Brustzentrum e.V. „Die Revierinitiative“ und Chefarzt Dr. Abdallah Abdallah.
Barbara Kols-Teichmann, Vorsitzende des Förderverein Brustzentrum e.V. „Die Revierinitiative“ und Chefarzt Dr. Abdallah Abdallah. © Christoph Wojtyczka

Zum anderen ist Nadine Niggemann neben Familie und Freunden von einem Schutzengel und einem Herzkissen durch die schwere Zeit getragen worden – Einzelstücke, die in einer Behindertenwerkstatt vorgefertigt und von Freiwilligen des Fördervereins Brustzentrum liebevoll zu Ende verziert werden.

Engel und Kissen gehen auf eine Initiative von Dr. Abdallah Abdallah zurück, Chefarzt an den Evangelischen Kliniken in Gelsenkirchen, Gynäkologe und Spezialist für onko-plastische Chirurgie der Brust.

„Es ist jemand für dich da – und zwar mit Herz“

Diese Geste gegen Angst und Orientierungslosigkeit, wie es der bescheidene Mediziner beschreibt, bedeutet den Betroffenen sehr sehr viel. „Es ist jemand für dich da – und zwar mit Herz“, sagt Nadine, die bei Gelsennet arbeitet. „Du fühlst dich als Mensch, nicht als Nummer.“

Das gibt den Frauen, neben einer exzellenten Diagnostik und Therapie, für die das Brustzentrum national und international steht, Sicherheit. Ruhe in einer Zeit, die „einen wahnsinnig machen kann“.

© Christoph Wojtyczka

Aufgefangen werden die Frauen zudem von einem weichen Netz aus Fürsorge, das der Chefarzt, sein Team und der Förderverein für die Krebspatienten gesponnen haben. Dazu zählen Schminkkurse für Frauen während der Chemotherapie, die Rosen-Sauna im Gesundheitspark, wo frau mit Leidensgenossinnen geschützt vor Blicken anderer entspannen kann. Dazu psychologische Betreuung auch Zumba, Yoga, Malgruppen, Gesprächskreise für die Kinder von Betroffenen, Patientenseminare, Beratung in sozialen Fragen rund um die Behandlung und und und.

Einfühlungsvermögen und Anteilnahme

Neben diesen regelmäßigen Angeboten gibt es jährliche Großveranstaltungen wie den Brustkrebs-Sponsorenlauf, bei dem Abdallah Abdallah ebenso selbstverständlich mitläuft wie „er auch den Gottesdienst mit seinen Patienten besucht“, weiß Nadine. Sie ist davon schwer beeindruckt. Und gleichermaßen von dem Umstand, dass das Pflegeteam im Brustzentrum „sehr genau weiß, was „frau mag, sich wünscht oder worüber sie sich freut“. So viel Einfühlungsvermögen und Anteilnahme sei ungewöhnlich. Und geradezu unverzichtbar, „wenn man beispielsweise keine Haare mehr hat“, so die zweifache Mutter und Ehefrau weiter, oder wenn Chemo und Operation, „tiefe Wunden in Körper und Seele geschlagen haben“.

Die Schutzengel halten einen kleinen Sinnspruch in Händen.
Die Schutzengel halten einen kleinen Sinnspruch in Händen. © Jörg Schimmel

Auch da ist das Herzkissen den Frauen eine Stütze, nicht nur mental, sondern im sprichwörtlichen Sinne. Denn das Skalpell des Chirurgen schneidet sich oft einen Zugang zum Brustkorb über die Achselhöhle. Das weiche Kissen lindert später – zwischen Rumpf und Arm gelegt – den Druck auf die Wunde und damit den Schmerz.

Nadine mag Herzkissen und Schutzengel selbst sieben Jahre später nicht missen. Für sie waren sie Stütze in dunklen Tagen, sind ein Zeichen der Hoffnung – so wie ihre Geschichte.

48 000 Patienten in acht Jahren behandelt

Statistisch betrachtet erkrankt jede achte Frau an Brustkrebs, in früheren Zeiten war es jede 14. Frau. Das Brustkrebszentrum Gelsenkirchen hat seit 1. Juli 2008 gut 48 000 Patienten behandelt, der Jahresdurchschnitt liegt bei über 2500. das Zentrum gehört neben Berlin, München, Frankfurt und Düsseldorf zu den fünf deutschen Zentren. Übrigens: Auch Männer können Brustkrebs bekommen.

Der Förderverein/Die Revierinitiative hat 370 Mitglieder. Kontakt: Munckelstraße 27, 0209 160 31 31, Mail an: info@die-revierinitiative, Homepage: www.die-revierinitiative.de.