gelsenkirchen-Buer. . Alle Jahre wieder kreischt sie, die Motorsäge in der St.-Urbanus-Kirche: Helfer machen sie unter Leitung von Küster Bernd Tilli „weihnachtsfit“.

  • Ehrenamtliche Helfer machen die St.-Urbanus-Kirche in Buer „weihnachtsfit“
  • 16 Tannenbäume müssen eingestielt und die Krippe aufgebaut und dekoriert werden
  • Küster Bernd Tilli plant Einsatz von langer Hand

Orgel, Pauken und Trompeten, tiefes Brummen aus heiseren Männerkehlen und sphärisch anmutender Gesang: Die St.-Urbanus-Kirche bietet vielen Klängen Raum. Gestern aber war die Zeit der Kettensäge gekommen – wie alle Jahre wieder kurz vor dem Fest. Zahlreiche Ehrenamtliche schwirrten durch das Gotteshaus, um es „weihnachtsfit“ zu machen, sprich: 16 Tannenbäume einzustielen und die Krippe aufzubauen. Dass das Team da auf die Hilfe moderner Technik setzt, versteht sich für Küster Bernd Tilli (52) von selbst.

Süßer die Säge nie kreischt als zur Weihnachtszeit: Die acht Männer zwischen 46 und 79 Jahren, die da die unteren Stamm-Enden auf Maß schneiden, sie sind in ihrem Element. Mögen einige auch schon lange im Ruhestand sein, für ihre Gemeinde sind sie mit Feuereifer bei der Sache. „Ich lasse mich für die Kirche gerne in die Pflicht nehmen“, sagt etwa Günter Wickermann (76), seit mittlerweile 14 Jahren als „Weihnachtswichtel“ in St. Urbanus aktiv.

16 Bäume müssen auf Maß gebracht werden

Mit er Motorsäge bringen die Ehrenamtlichen – vorn links: Jürgen Kramps, vorn rechts: Werner Wolff  – die Tannenbäume auf Maß.
Mit er Motorsäge bringen die Ehrenamtlichen – vorn links: Jürgen Kramps, vorn rechts: Werner Wolff – die Tannenbäume auf Maß. © Michael Korte

Pünktlich um 8 Uhr morgens hat Küster Tilli die im September bestellten 16 Fichten und Edeltannen liefern lassen, nun verbreiten sie einen würzigen Duft im Innenraum. Mit Schwung wuchten zwei Männer die Bäume in die Ständer und rollen sie auf fahrbaren Brettern hinter den Altar; dann steht die Herausforderung des Vormittags an, „für die es erfahrene Männer braucht“, so Tilli augenzwinkernd: Gilt es doch, die Bäume optimal auszurichten.

„Zwei Helfer sorgen dafür, die Tannen so zu platzieren, dass ihr Wuchs gerade wirkt“, erläutert Jürgen Kramps (73) die „nach-rechts-drehen!“-Rufe eines Kollegen. Wickermann freilich macht sich keine Illusionen: „Immer wieder gibt es Gläubige, die mäkeln. Aber das sind die, die zwei linke Hände haben und nie zur Stelle sind, wenn Hilfe nötig ist. Also nehmen wir das Gemecker auch nicht so ernst.“

Mehrere Generationen packen mit an

Die Krippenfiguren von 1909 warteten noch auf ihren Einsatz im Stall.
Die Krippenfiguren von 1909 warteten noch auf ihren Einsatz im Stall. © Michael Korte

Nachdem neun Kinder und Jugendliche bereits zuvor das Podest für die Krippe aufgebaut haben, bestücken die Männer es jetzt mit Tannen; auch der Stall steht bereits. Die historischen Figuren werden ebenso wie 22 Christsterne und fünf Christrosen von zwei Frauen der Gemeinde dekoriert. „Die können das besser als wir Männer“, meint Gottfried Beer. Die Lichterketten bringen schließlich Jugendliche an.

Katastrophen? „Die sind zum Glück in den letzten Jahren ausgeblieben. Das Schlimmste war, als wir mal das Kabel unserer Motorsäge durchtrennt haben. Aber auch das hatten wir fix geflickt. Und wenn mal eine Schraube für die Krippe fehlt, holen wir im nahen Fachhandel Ersatz. Wir sind ja nicht auf dem Dorf.“

Küster Tilli plant Vorbereitungen von langer Hand

Steht trotz ehrenamtlicher Helfer unter Strom so kurz vor den Feiertagen: Küster Bernd Tilli
Steht trotz ehrenamtlicher Helfer unter Strom so kurz vor den Feiertagen: Küster Bernd Tilli © Michael Korte

Dass frühere Küster einst mehrere Nächte durcharbeiteten, um die Kirche zu schmücken (Beer: „Tagsüber gab’s ja ständig Messen und Beichten, da konnte man nicht stören“), mag sich Tilli heute nicht mehr vorstellen. Er plant von langer Hand. „Ich achte darauf, dass ausreichend viele Leute vor Ort sind. So bleibt es bei einem Aufwand von bis zu zwei Stunden.“

Tilli selbst – als gelernter Chef-Patissier durchaus stressresistent – steht hingegen sehr wohl unter Strom. „Diese Vorweihnachtstage sind für mich Adrenalin pur. Ich bin froh, wenn die Kirche gegen 20.30 Uhr fertig dekoriert ist.“ Dann bleibt ihm nur zu hoffen, dass das Ganze mit Wohlwollen aufgenommen wird – und es nicht wieder böse Briefe hagelt, weil die Hirten angeblich falsch positioniert sind. „Es hat uns tatsächlich mal jemand angeschrieben, ob wir neuerdings Kamele anbeten...“