Gelsenkirchen/Essen. Mit üblen Misshandlungen kam ein Baby ins Krankenhaus. Wer aber zugeschlagen hatte, Vater oder Mutter, wird wohl immer ungesühnt bleiben.

  • Bundesgerichtshof hob Verurteilung des Vaters wegen Misshandlung durch Unterlassen auf
  • Das Verfahren gegen die Mutter hatte die Staatsanwaltschaft bereits früh eingestellt
  • Weil beide Elternteile im Verfahren schweigen, ist wohl kaum mit einer Verurteilung zu rechnen

Vier Monate war das Kind alt, als es mit üblen Verletzungen ins Krankenhaus kam. Wer den Säugling schlug und schüttelte, wird wohl nie geklärt werden. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Verurteilung des Vaters durch die V. Essener Strafkammer auf, jetzt muss die XVI. Kammer den Fall erneut prüfen.

Viereinhalb Jahre nach der Tat soll es dem Jungen wieder gut gehen. Kurz nach seinem Aufenthalt im Krankenhaus wurde seiner Mutter das Sorgerecht entzogen. Seitdem lebt er bei Pflegeeltern. Die Tat selbst wird wohl physisch wie psychisch folgenlos bleiben.

Vater angeklagt

Angeklagt war der Vater. Er soll sich am Abend des 11. April 2012 gegen 22.30 Uhr über das Schreien des Babys geärgert haben. Im Kinderzimmer soll er dem Sohn die Faust ins Gesicht geschlagen und ihn gewürgt haben. Schließlich soll er das Kind heftig geschüttelt haben. Bei der Misshandlung sei auch das Kinderbett zusammengebrochen, heißt es in der Anklage. Das Baby erlitt schwere Verletzungen, kam auf die Intensivstation und blieb neun Tage im Krankenhaus. In dieser Zeit wurden auch ältere Verletzungen am Körper des Kindes festgestellt.

Auch ältere Verletzungen

Weil die Ärzte die Polizei informierten, kam es zu Ermittlungen. Diese brachten nicht viel, weil beide Elternteile schwiegen – auch zu den älteren Verletzungen. Zwischenzeitlich wurden die Verfahren eingestellt, dann aber gegen den heute 31 Jahre alten Vater wieder aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft glaubte, dass er allein mit dem Kind im Kinderzimmer war, als es zu den Verletzungen kam. Im Prozess stellte sich aber durch die Aussage eines Freundes des Paares heraus, dass beide zeitgleich ins Kinderzimmer gingen und wieder herauskamen.

Erste Verurteilung schon 2015

Den Mann verurteilte die Kammer dennoch am 13. Februar 2015 wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen zu drei Jahren und drei Monaten Haft. Zu seinen Gunsten hatte die Kammer angenommen, dass bis auf das Schütteln die Verletzungen beim Zusammenbruch des Bettes entstanden seien, als er sich aufstützte. Er sei aber als Beschützer des Kindes verpflichtet gewesen, das Schütteln durch die Mutter abzuwehren, weil er ja wegen der älteren Verletzungen von ihren Aggressionen wusste.

Dem BGH reichte das aber nicht. Denkbar sei ja auch, dass er selbst der Täter bei den früheren Vorfällen war. Und dann habe er den Sohn eben nicht vor der Mutter schützen können, weil er selbst davon überrascht worden sei.