Gelsenkirchen. Am Tag nach dem AfD-Erfolg in Mecklenburg-Vorpommern positionieren sich SPD, CDU, Grüne und Linke.

  • Am Tag nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern wird auch in Gelsenkirchen analysiert
  • SPD, CDU, Grüne und Linke erteilen einer Politik, die mit Ängsten der Menschen spielt, eine klare Absage
  • AfD-Sprecher Schneider sagt: „Da kommen soziale Probleme auf uns zu, die wir ansprechen“

Die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern sorgen nicht nur in Berlin für Aufregung. Der AfD-Wahlerfolg schreckt auch die Lokalpolitik in Gelsenkirchen auf.

Günter Pruin (SPD): Dem Ansatz widerstehen, sich rechts zu positionieren

Günter Pruin, Fraktionsgeschäftsführer der SPD, formulierte klare Ansätze. Seiner Meinung nach „müssen die demokratischen Parteien dem Ansatz widerstehen, sich rechts zu positionieren“. Vor allem manche Position der Gelsenkirchener CDU in Fragen der lokalen Sicherheitspolitik kritisiert Pruin: „Sie hilft mit diesen Positionen eher der AfD als sich selbst.“

Grundsätzlich sieht der Sozialdemokrat das Problem in der zu gering ausgestalteten Förderung der Region. „Es muss nach Bedürftigkeit und nach Notwendigkeit gehen und nicht nach Himmelsrichtung“, ist er fest überzeugt. Sowohl der Bund als auch das Land müssten an dieser Stelle Farbe bekennen. „Die Arbeit in Gelsenkirchen, die wir leisten, ist solide, aber die Löcher, die ständig aufgerissen werden, können wir nicht stopfen. dafür fehlt uns die Steuerbasis.“

Pruin hofft auf ein Zusammenstehen der demokratischen Parteien im Rat. „Die Grundlagen müssen klar für uns alle im Vordergrund stehen. So unterschiedlich unsere Meinung an bestimmten Stellen auch sind.“ Einer Spaltung müsse man vorbeugen und einer Politik, die mit den Ängsten der Bevölkerung spielt eine klare Absage erteilen.

Wolfgang Heinberg (CDU): Rechtspopulisten haben keine seriösen Antworten

Wolfgang Heinberg findet, das „Ergebnis dieser Landtagswahl ist sicher nicht Eins zu Eins auf Gelsenkirchen oder NRW übertragbar. Aber: Auch ich spüre in vielen Gesprächen mit Menschen in der Stadt, dass das politische Thema Zuwanderung und Flüchtlinge immer wieder Fragen, Vorbehalte, Erwartungen und Forderungen an die Politik liefert.“ Die CDU wolle sich dem stellen. Nicht populistisch und mit vermeintlich einfachen Antworten, wie sie die AfD liefere, sondern mit klarer Haltung.

Heinberg: „Diese lautet: Es war und ist ein Gebot der christlichen Nächstenliebe und der Humanität, wenn wir Menschen, die vor Krieg, Terror und Gewalt fliehen, eine sichere Perspektive bieten und ein Angebot zur Integration machen. Wer aber zu uns kommt und unser Recht ignoriert, eigenes Recht einführen will oder wer aus einem sicheren Herkunftsland nur kommt, um in die sozialen Sicherungssysteme einzuwandern, der muss davon ausgehen, dass es nach Abschluss eines rechtsstaatlichen Verfahrens hier keine Bleibeperspektive gibt.“

Die CDU-Fraktion werde weiterhin die Auseinandersetzung mit den örtlichen AfD-Mandatsträgern suchen. „Die Praxis im Rat der Stadt seit 2014 hat gezeigt, dass Rechtspopulisten keine seriösen Antworten auf aktuelle oder grundsätzliche Herausforderungen der Stadtpolitik haben.“

Jürgen Prekel (Grüne): AfD hat „einen Sündenbock gefunden“

Jürgen Prekel, Sprecher des Grünen-Kreisverbands, konstatierte nach dem „enttäuschenden Wahlergebnis“ seiner Partei: „Es ist offensichtlich nicht gelungen, sich mit Sachargumenten gegen einfache Parolen aus dem rechten Lager durchzusetzen.“ Die AfD habe kurzfristig in den Flüchtlingen „einen Sündenbock gefunden“. Die Grünen „wollen es nicht zulassen, dass ein Keil in unsere Gesellschaft getrieben und arm gegen arm gegeneinander ausgespielt wird“. Demokratische Parteien müssten ehrliche Politik machen. Prekel: „Wir müssen die Probleme als Herausforderung begreifen.“ Und wenn etwa der Landesvorsitzende der AfD, Marcus Pretzell[, sage, NRW sei das verkommenste aller Bundesländer, sei das eine klare Ansage „gegen eine pluralistische, bunte Gesellschaft“.

Prekel fordert einen Schulterschluss demokratischer Kräfte ein gegen Angstmacherei von Rechts. Bildungs- und tragfähige Arbeitsmarktkonzepte müssten etwa entwickelt werden. Er verspricht: „Wir wollen alles dafür tun, uns nicht auf die Ebene dumpfer schwarz-weiß Parolen zu begeben.“

Hartmut Hering (Linke): „Diese Kollegen“ möglichst klein halten

„Wenn einer den Boden unter den Füßen verliert, etwa durch Arbeitslosigkeit, fühlt er sich bedroht.“ Da hätten es die Linken offensichtlich nicht geschafft, offensive Lösungen zu propagieren, sagte Linken-Sprecher Hartmut Hering. Das Hauptproblem sei aber: „Der AfD ist es gelungen, von allen Parteien Stimmen abzuziehen und gleichzeitig Neuwähler zu rekrutieren.“ Dabei biete die AfD keine Lösungen, sondern nur faule Parolen. „Armut und Arbeitslosigkeit hatten wir schon vorher“, so Hering mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte und das, „was die im sozialen Bereich propagieren“. Diese „Kollegen“ müsse man mit Blick auf 2017 „möglichst klein halten und die Menschen mit vernünftigen Lösungen konfrontieren“.

Jörg Schneider (AfD): „Sehe uns nicht rechtsaußen“

Jörg Schneider, Sprecher des Gelsenkirchener Kreisvorstands der Alternative für Deutschland, sieht die AfD nicht als Partei, die Vorurteile schüre. „Wir stellen uns der Zuwanderungsproblematik nur anders.“ Er glaubt: „80 bis 90 Prozent der Zuwanderer werden sicher nie einen Job kriegen. Da kommen viele soziale Probleme auf uns zu, die wir ansprechen.“ Sicher habe die Flüchtlingsfrage der AfD Auftrieb gegeben. „Aber rechtsaußen sehe ich uns nicht.“ Er selbst sei mal CDU-Mitglied gewesen. „Aber die CDU hat viele konservative Positionen aufgegeben.“